Immobilien: Ende einer Boomphase, aber keine Blase

Immobilien: Ende einer Boomphase, aber keine Blase
Investoren werden internationaler, Wohnungen kleiner, Investments langfristiger.

Im Vorjahr sind mehr als 43.000 Menschen nach Wien gezogen, das entspricht in etwa der Einwohnerzahl von Wiener Neustadt. Mit der steigenden Nachfrage nach Wohnungen zieht ein in Wien bisher unbekanntes Phänomen in die Stadt ein. "Viele Bürotürme werden zu Wohnungshochhäusern umgewidmet", beobachtet EHL-Immobilienchef Michael Ehlmaier. Ein Beispiel dafür ist der 130 Meter hohe Marina Tower am Handelskai. Die meisten neuen Wohnungen entstehen derzeit aber rund um den Wiener Haupt- und Nordbahnhof, entlang der U-Bahnverlängerungen sowie in der Seestadt Aspern. Dabei geht der Trend zu kleineren Wohnungen, auch weil es immer mehr Single-Haushalte gibt.

Sicherer Hafen

Es gibt nicht nur viele Menschen, die eine Bleibe suchen, sondern auch viele, die ihr Geld in Immobilien parken wollen. Daran hat auch die Erhöhung der Immo-Einkommenssteuer von 25 auf 30 Prozent nichts geändert. "Weil es dem Großteil der Kunden um langfristige Anlagen geht", sagt Sandra Bauernfeind, Leiterin des Bereichs Wohnimmobilien bei EHL. In unsicheren Zeiten gelten Immobilien traditionell als sichere Häfen – der Brexit dürfte die Branche damit weiter in den Fokus der Investoren rücken. Bisher wurde mehr als ein Drittel der europäischen Immobilien-Investments über London abgewickelt. "Weil England ein transparenter, liquider Markt ist", sagt ein Experte des Immobiliendienstleister CBRE. Zweitwichtigster Markt ist traditionell Deutschland (19 Prozent).

Im ersten Halbjahr 2016 gab es österreichweit Immobiliendeals im Volumen von 1,3 Milliarden Euro – das entspricht in etwa dem Niveau der Vorjahre. Auffallend dabei ist aber, dass die Investorenschar internationaler wird. So haben Koreaner den IZD Tower gekauft, ein Araber das Ringstraßenhotel Imperial, Franzosen den Florido-Tower. "Die Dominanz der deutschen Investoren ist vorbei", meint Georg Fichtinger von CBRE. In den vergangenen Jahren waren sie für etwa ein Drittel der Immobiliendeals verantwortlich, im ersten Halbjahr 2016 nur für acht Prozent des Transaktionsvolumens.

Ende des Booms

Angesichts der hohen Preise fragen sich viele bereits, ob sich in Wien eine Immobilienblase aufbaut. CBRE-Österreich-Chef Andreas Ridder winkt ab. "Wir sind am Ende einer Boom-Phase, es gibt aber keine Blase." Solche Tendenzen sieht er eher in München, "wo auch in B-Lagen Spitzenpreise bezahlt werden".

Die EHL-Experten gehen davon aus, dass die Kaufpreise für Wohnungen in Top-Lagen heuer um 1 bis 1,5 Prozent steigen werden, jene in durchschnittlichen Lagen um 1,75 bis 2,25 Prozent. Deutlicher bergauf (5 bis 10 Prozent) soll es demnach bei Grundstücken entlang der U1-Verlängerung gehen. Mieten – in Wien sind drei Viertel der Wohnungen vermietet – werden ihrer Schätzung nach 2016 um 1,1 bis 1,25 Prozent steigen.

Während Büros zu Wohnungen umfunktioniert werden, wurden im ersten Halbjahr 2016 so wenige Büroflächen gebaut wie nie zuvor. In Wien sind nach wie vor 45 Prozent der Büros in der Stadt. Das wird sich wohl schnell ändern. Mehrere Großprojekte werden innerhalb der nächsten zwei Jahre realisiert werden.

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