Vertreiben US-Zinsen die Börse-Bullen?

US-Notenbank-Chefin Janet Yellen.
Ein kleiner Zinsschritt in den USA wird die Börsen nicht erschüttern, erwarten Investmentexperten von Fidelity. Ein großer aber schon.

Die Wachstums-Verlangsamung in China war der erste Schock, den Aktien-Anleger nach einer langen Phase stetiger Gewinne heuer zu verdauen hatten. Nun könnte der nächste bevorstehen: die Zinserhöhung in den USA.

"Wir rechnen damit, dass die US-Notenbank noch im Dezember von ihrer Nullzins-Politik weggehen wird", sagt Anna Stupnytska, Ökonomin bei Fidelity International, einem der größten Vermögensverwalter der Welt. 231 Milliarden Euro an Kundengeldern hat das Finanzunternehmen in seinen Fonds veranlagt. Die Aussagen von Stupnytska haben also Gewinn, gelten sie doch als Leitfaden für die Investmentstrategen des Unternehmens rund um die Welt. "Es geht eigentlich gar nicht mehr darum, ob die USA die Zinsen erhöhen, sondern um wie viel", betont die Ökonomin. Sie geht davon aus, dass die Federal Reserve sehr vorsichtig sein und im nächsten Jahr vielleicht noch zwei weitere Zinsschritte setzen wird. Das wäre in den aktuellen Aktienkursen weitgehend schon enthalten. "Größere Zinserhöhungen wären aber schmerz voll", glaubt sie – vor allem für das wachstumsschwache Europa und die Schwellenländer.

Dollar als Gefahr

Ein zu großer Zinsschritt würde den Dollar wohl weiter stark in die Höhe treiben. Und das schade den Export-Unternehmen. Diese hätten schon heuer mit der Dollar-Aufwertung zu kämpfen. Stupnytska glaubt, dass die US-Notenbank genau deswegen die Zinserhöhungen bisher verschoben hat. "Der erstarkte Dollar ist heuer genau so viel wie zwei Zinserhöhungen", erklärt sie.

Der Investment-Star von Fidelity, Dominic Rossi, hat gar keine Zweifel am Anhalten des Aufschwungs an den Börsen. "Es gibt zwar keine Euphorie, aber dieser Aufschwung wird viel länger dauern als frühere", sagt Rossi, internationaler Aktien-Chef von Fidelity. Seine Begründung: Der globale Wirtschaftsaufschwung sei langsamer als früher und gehe von niedrigen Niveaus aus. Und: Wer Aktien verkaufe, müsse das Geld wieder investieren. Darin liege das größte Verlust-Risiko.

Die Führung der Weltwirtschaft liegt laut Rossi weiterhin bei den USA. China und die anderen Schwellenländer würden sich an die Wachstumsraten der entwickelten Länder anpassen. "Die Mini-Wachstumsraten werden ein globales Phänomen", sagt er. Anlegern rät er daher in Unternehmen zu investieren, die hoch innovativ sind – etwa Biotech- oder Internet-Firmen in den USA.

Matthew Siddle, Europa-Stratege bei Fidelity, schaut in Europa auf Unternehmen mit "starker Bilanz" und hoher Kapital-Rendite. Diese kämen besser durch Krisen. Dazu zählt er etwa SAP, Publicis oder die norwegische Den Norske Bank.

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