Versandhändler ist für Politik "verdorben"

Hamburger Handelskönig: Michael Otto hat den Betrieb zu einem Weltkonzern ausgebaut. Das Imperium umfasst 123 Unternehmen in 19 Ländern.
Der Hamburger Handelsriese Otto plant Zukäufe und beteiligt sich an Startups. Einen Wechsel in die Politik schließt der Firmenchef aus.

Die Otto-Gruppe ist nach Amazon der größte Distanzhändler der Welt und zu hundert Prozent in Händen der Familie Otto. Die Hamburger haben es zu einer der reichsten Unternehmerfamilien Deutschlands gebracht. Michael Otto, Sohn des Ende 2011 im Alter von 102 Jahren verstorbenen Firmengründers Werner Otto, war 26 Jahre lang Vorstandsvorsitzender der Gruppe, bevor er 2007 in den Aufsichtsrat wechselte. KURIER: Sie haben sich neben Ihren Aufgaben im Konzern auch immer wieder für Bildungs- und Umweltfragen engagiert. Wollten Sie nie in die Politik wechseln? Michael Otto: Wenn man erst einmal gesehen hat, wie sachlich, logisch und stringent Entscheidungen in Unternehmen getroffen werden, ist man für die Politik verdorben. Mit Koalitionspartnern Entscheidungen zu treffen, ist aber freilich ungleich schwerer. In Griechenland müssen sich mehrere Parteien im Parlament abstimmen, in der EU gleich 27 Länder. Wie zufrieden sind Sie dann mit der Europa-Politik? Es ist schon einiges in die richtige Richtung gegangen. Es darf aber nicht nur gespart werden, wir brauchen Wachstumsimpulse.Otto ist in 20 Ländern tätig. Wo trifft Sie die Wirtschaftskrise am stärksten? In Griechenland sind wir nicht vertreten, aber in Spanien haben wir fast ein zweistelliges Minus und auch in Frankreich deutliche Rückgänge. Da wir international aufgestellt sind, können wir das ausgleichen.Wo sehen Sie die größten Wachstumschancen für Otto?

In Russland, wo sich ein Mittelstand entwickelt und es unter anderen in den sibirischen Städten noch kein vernünftiges Angebot gibt. Wir rechnen heuer mit einem Umsatz von 500 Millionen Euro. Auch Brasilien und die Türkei sind Hoffnungsmärkte. In der Türkei haben wir den Vorteil, dass viele Türken in Deutschland gearbeitet haben und Otto kennen.China ist kein Thema? Langfristig schon, wir sind derzeit aber nur mit kleinen Projekten vertreten, um den Markt kennen zu lernen. Umsätze macht man dort als ausländischer Anbieter noch relativ leicht, aber bei den Erträgen schaut es anders aus. Deshalb wollen wir uns an bestehenden Unternehmen beteiligen. Einen ähnlichen Weg wollen wir in Märkten wie Indien, Indonesien und Mexiko einschlagen. Ich rede jetzt aber von einem 10-Jahres-Horizont.

Das sind dann also Themen, die Ihr Sohn Benjamin umsetzen wird ... Ja, er ist derzeit noch in seiner eigenen Firma in Berlin mit 85 Mitarbeitern aktiv. Geplant ist, dass er in den nächsten fünf Jahren zu Otto kommt. Für ihn wird es ungleich schwerer, ins Unternehmen einzusteigen, als es für mich war. Damals, im Jahr 1971, waren wir ein mittelständischer Betrieb, heute sind wir ein Konzern mit 123 Unternehmen in 20 Ländern. Mein Sohn hat durchaus Interesse, in den nächsten Jahren in die Otto-Gruppe zu kommen. Der Einstieg wäre in der Geschäftsführung einer großen Tochtergesellschaft denkbar.

Die Otto-Gruppe verkauft nicht nur Mode, sondern beteiligt sich auch an jungen Unternehmen. Was ist da geplant? Wir haben vor fünf Jahren eine Venture-Capital-Firma gegründet, die ein Budget von 50 Millionen Euro für die Beteiligung an interessanten Online-Unternehmen in Europa und den USA hat. So wollen wir an den neuesten Entwicklungen in diesem Bereich dran bleiben. Mittlerweile haben wir uns an 15 Firmen beteiligt. Einen Teil dieser Beteiligungen haben wir aber schon wieder verkauft. Zuletzt haben wir das Budget um weitere 50 Millionen für Beteiligungen in Russland, China und Indien aufgestockt.Wie entwickeln sich die Online-Umsätze? Im Geschäftsjahr 2010/’11 sind sie um 25 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro gestiegen. Vor drei Wochen haben wir uns an einem Inkubator, also einer Firma, die Existenzgründer fördert, beteiligt. Hier entwickeln wir unsere eigenen Ideen fürs Online-Geschäft und finanzieren sie zum Teil mit anderen Geldgebern. Das ist das neueste Projekt der Otto-Group.

Otto: Die Nummer zwei hinter Amazon

Werner Otto hat den Versandhändler 1949 in Hamburg gegründet. Unter der Federführung seines Sohnes Michael ist das Unternehmen zur weltweiten Nummer zwei im Online-Handel aufgestiegen. Zuletzt hat Otto mit 50.000 Mitarbeitern weltweit 11,4 Mrd. Euro umgesetzt.In Österreich feiert Otto (unter anderem Otto, Universal, Quelle) dieses Jahr sein 20-jähriges Jubiläum. Rund 850 Mitarbeiter sind an fünf Standorten beschäftigt. 2011 wurden 255 Millionen Euro umgesetzt.

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