Einigung bei Agrarreform erzielt

Die Silhouette eines Traktors mit Pflug vor einem orangefarbenen Sonnenuntergang.
Jetzt braucht das Gesetzespaket nur noch die Zustimmung der EU-Parlamentarier.

Europas Bauern sollen mehr für die Umwelt tun, Kleinbetriebe bekommen mehr Geld: Die EU-Landwirtschaftsminister haben sich auf die Reform der europäischen Agrarpolitik geeinigt - und sind damit bereit für einen Deal mit dem Europaparlament. "Ich hoffe, dass wir alle offenen Fragen abschließend klären können", sagte der irische Minister Simon Coveney kurz nach Mitternacht am Mittwochmorgen in Luxemburg. Er leitete die Verhandlungen, weil sein Land derzeit den Vorsitz der EU-Staaten hat.

Ein Mann im Anzug hält ein Blatt Papier in der Hand.
epa03672458 Irish Agriculture Marine and Food Minister Simon Coveney awaits prior the EU Luxembourg Agriculture and Fisheries council at the EU Headquarters in Luxembourg, 22 April 2013. EPA/NICOLAS BOUVY

"Wir haben die Reform (...) heute Nacht nicht abgeschlossen, bei weitem nicht", warnte Coveney ( Bild). Denn das Gesetzespaket braucht die Zustimmung der Abgeordneten. Erst wenn sich Irlands Landwirtschaftsminister als Vertreter der EU-Staaten mit Vertretern des EU-Parlaments einigt, will der Agrarausschuss noch am Mittwoch in Brüssel abstimmen - damit wäre die Reform dann tatsächlich weitgehend in trockenen Tüchern.

Offene Fragen

Gleich mehrere strittige Punkte hat Coveney bei den morgendlichen Verhandlungen im Gepäck. Uneins sind sich die Abgeordneten und die EU-Staaten zum Beispiel darüber, wann genau die Obergrenzen für die europäische Zuckerproduktion fallen soll. Diese Quoten halten den Zuckerpreis hoch - zur Freude der Erzeuger aber zum Leidwesen etwa der Süßwarenindustrie. Das Parlament, dass ohnehin die Agrarmärkte regulieren möchte, will die Quoten bis 2020 behalten. Die Staaten wollen sie lieber eher abschaffen.

Überhaupt werden beide Seiten um die Eingriffe in die Agrarmärkte ringen. Umstritten blieb insbesondere, welche Entscheidungsgewalt jeweils EU-Parlament und EU-Staaten haben, wenn es um die Festlegung von Quoten oder Stützungskäufen geht, um leidenden Bauern auszuhelfen. "Das ist noch ungelöst", sagte Coveney. "Es ist eine sehr schwierige Sache für den Rat der EU-Staaten".

Bei der strittigen Frage der Eingriffe in die Agrarmärkte lenkte Deutschland am Dienstagabend ein und enthielt sich der Stimme. In der Vergangenheit hatte Berlin eine Mitentscheidung der Abgeordneten vehement abgelehnt und vor einer Überproduktion ausgelöst durch EU-Gelder gewarnt. Auch Österreichs Agrarminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) äußerte sich im Vorfeld skeptisch und warnte vor einer Rückkehr zu Milchseen und Butterbergen.

EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos blickte der entscheidenden Verhandlungsrunde am Mittwoch wohlgemut entgegen. "Wir nähern uns einer guten Einigung", sagte er. Irlands Minister blieb vorsichtig: "Ich tue nicht so, als ob das morgen einfach wird", sagte Coveney.

Die Reform der Europäischen Agrarpolitik geht in die Endphase: In Marathon-Verhandlungen Montag und Dienstag (zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe liefen die Gespräche noch) näherten sich die Landwirtschaftsminister einer finalen Einigung an. Am Mittwoch sollen die Verhandlungen mit dem Parlament und der Kommission abgeschlossen werden.

Als Knackpunkt in den Verhandlungen erweist sich die Marktordnung für Wein, Milch und Zucker. Das EU-Parlament fordert Mitbestimmungsrechte – die Minister sind skeptisch. „Hier habe ich meine Bedenken“, sagt Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich, „dass es zu einer alten Planwirtschaft kommt, dass wir wieder Butterberge und Milchseen bekommen.“ ÖVP-Mandatarin Elisabeth Köstinger lässt dieses Argument nur eingeschränkt gelten: „In den 1980er-Jahren hatten wir eine Überproduktion. Heute haben wir in manchen Bereichen eine Unterversorgung.“

Das Parlament will mitreden, wenn es etwa einen Preisverfall bei den Milchpreisen gibt. Generell wollen die Abgeordneten „stärker in Richtung Sicherheitsnetz gehen“, sagt Köstinger in Bezug auf Zahlungen, die von der Produktion abhängen.

Doch einige Mitgliedsstaaten fordern, dass die Subventionen weniger stark an die Produktion gekoppelt sein sollen. Deutschland und Großbritannien fördern bereits ausschließlich nach Fläche, auch Österreich macht dies zum Großteil. Das neue Fördersystem für die Jahre 2014 bis 2020 würde vor allem Großbetrieben Verluste bescheren – diese sollen auf maximal 30 Prozent beschränkt werden.

Offen ist noch das umstrittene „Capping“, die Deckelung der Förderungen. Parlament und Kommission fordern, dass kein Landwirt mehr als 300.000 Euro bekommen soll; die Staaten wollen, dass es jedem Land überlassen bleibt, diese Grenze festzulegen.

Einigung auf Greening

Geeinigt haben sich die Minister beim sogenannten Greening: Auch Gelder aus der „zweiten Säule“, der ländlichen Entwicklung, sollen zu 30 Prozent an Umweltmaßnahmen gebunden sein. Bisher war schon fix, dass dies für 30 Prozent der Gelder aus der „ersten Säule“, den Direktzahlungen, gelten soll.

Kommentare