"Wenn wir Klimaschutz verschieben, wird das enorm teuer"

Wolfgang Anzengruber.
Regierung muss Klima- und Energiepolitik besser aufeinander abstimmen. Energiekonzern unter massivem Preisdruck.

Europas große Stromkonzerne, einst mächtige und reiche Unternehmen, stehen massiv unter Druck. Die deutschen Versorger E.ON und RWE bauen Tausende von Mitarbeitern ab, schreiben Milliardenverluste und ihre Aktienkurse sind eingebrochen.

"Wenn wir Klimaschutz verschieben, wird das enorm teuer"
Dieser Abwärtstrend macht auch vor dem heimischen Verbund nicht halt. "Nicht ganz zu Recht", wie Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber betont. Denn der Verbund habe nicht die Probleme von E.ON oder RWE, die Atomkraftwerke schließen müssten.

"Wir haben mit unseren Wasserkraftwerken sogar die erneuerbare Energie, die in Zukunft wichtiger wird. Das ist unser Vorteil. Und wir schreiben damit Gewinne, auch wenn sie kleiner sind als früher", sagt Anzengruber am Rande der Verbund-Energietagung in Fuschl. Der Ausbau der Erneuerbaren sei nicht Selbstzweck, sondern notwendig, um das Klima zu schützen. "Wir können dieses Thema auch verschieben und der nächsten Generation überlassen. Nur dann wird das viel teurer als jetzt", warnt der Verbund-Chef.

Kritik an Politik

Von der Regierung fordert Anzengruber eine Integration von Klima- und Energiepolitik. Deutschland etwa habe ein Weißbuch erstellt, das beide Themen und die notwendige Umsetzung erläutere. Das wäre auch in Österreich nötig.

"Wenn wir Klimaschutz verschieben, wird das enorm teuer"
Das Fehlen einer vorausschauenden Energiepolitik beklagt auch Josef Plank, Energieexperte der Landwirtschaftskammer. Die Investoren, die Ökostromanlagen errichten wollen, bräuchten langfristig klare Vorgaben. "Derzeit wissen wir nicht, was in zwei, drei Jahren gilt. Da investiert niemand", kritisiert Plank. Er wünscht sich politisch verbindliche Vorgaben fürs Energiesparen, für den Ausbau der Erneuerbaren und für die Reduktion der fossilen Brennstoffe.

Denn die Energiestrategie, die die Regierung vor wenigen Jahren erstellt habe, sei völlig unverbindlich.

Digitale Stromwelt

"Wenn wir Klimaschutz verschieben, wird das enorm teuer"
Die Stromkonzerne müssen sich aber nicht nur mit den Erneuerbaren verstärkt auseinandersetzen, sondern werden auch vom Trend zur Digitalisierung unter Druck gesetzt. Die "smarte Stromwelt", in der die Kunden dank Fotovoltaik selbst Energie produzieren und speichern, stellt die bisherigen Geschäftsmodelle auf den Kopf. "Nur Kilowattstunden zu verkaufen und Kraftwerke zu bauen geht nicht mehr", betont Anzengruber.

Für den Verbund heißt das: "Wir können das nicht alles selber machen. Wir kooperieren mit Start-ups, mit jungen Unternehmen, die mit uns in die digitale Stromzukunft gehen", sagt er.

In Zukunft müssten Stromversorger den Kunden nämlich Rundum-Pakete anbieten, die via Apps deren Stromverbrauch steuern und optimieren.

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