Wolfgang Anzengruber: Der Verbund hat eine gute Ausgangsposition. Wir haben seit Jahrzehnten auf Wasserkraft gesetzt. Das ist eine -freie Erzeugung. 95 Prozent unserer Stromproduktion erfolgen ohne Kohlendioxid-Emissionen. Wenn wir noch ein bisschen zubauen, kommen wir mittelfristig auf 97 Prozent.
Österreichweit sieht es anders aus. Da werden nur 75 Prozent des Stroms -frei erzeugt. Die Politik will 100 Prozent bis 2030. Geht das?
Die restlichen 25 Prozent werden heute noch aus fossilen Kraftwerken – mit Kohle und Gas – sowie zum Teil mit Importen abgedeckt. Das sind 20 Milliarden Kilowattstunden. Technisch ist der Ersatz der Fossilen machbar.
Und praktisch? Die große Hürde liegt in der Umsetzung – Verfahrensdauer und Genehmigungen. 2030 ist höchst ambitioniert. Wir sollten uns nicht auf dieses Datum versteifen. Es ist kein großer Beinbruch, wenn die Energiewende ein paar Jahre länger dauert. Und wir dürfen nicht nur an den Strom denken.
Auch an den Verkehr. Ist E-Mobilität die Zukunft?
Der Weg geht klar in Richtung E-Autos. Den Strom dafür können wir bereitstellen.
Sind auch die Stromnetze dafür gerüstet?
Wir werden generell für die Energiewende mehr Netze brauche. Weil Windstrom gibt es vor allem in Ostösterreich, Speicher im Westen. Da müssen wir mehr Strom hin- und herschieben. Für die E-Mobilität werden wir Schnellladestationen mit vorgeschalteten Batterien brauchen.
Welche Kosten wird denn die Umstellung der Stromwelt verursachen?
Natürlich müssen Milliarden an Euro dafür ausgegeben werden. Das ist ganz klar. Das ist aber auch wirtschaftlich interessant. Das ist ein Konjunkturpaket. Auf der anderen Seite ersparen wir uns fossile Importe. Aber das müssen wir positiv sehen: Das ist Forschung und Entwicklung, Innovation. Und das ist eine weitere industrielle Revolution. Das ist kein „Zurück auf die Bäume“-Paket.
Heißt das aber für Konsumenten: Der Strompreis steigt weiter?
Wir machen das ja nicht aus Prinzip, sondern weil der Klimawandel eine große Bedrohung ist. Wenn wir das nicht tun, ist die Rechnung wesentlich höher, als wenn wir in die Energiewende investieren. Zum Strompreis: Da sind auch hohe Steuern drauf. Da wird man nachdenken müssen, ob das so bleiben kann. Der Strom muss leistbar bleiben, sowohl für Private als auch für die Industrie.
Wird Strom für die Haushalte also teurer?
Wir gehen in unseren Szenarien – je nach Ausmaß der Dekarbonisierung – für die nächsten zehn Jahre nicht von großen Strompreisschwankungen aus. Wir sehen eine Seitwärtsbewegung. Erneuerbare Energien, Windkraft und vor allem die Solaranlagen, werden günstiger. Das dürfen wir nicht vergessen.
Aus einer anderen Ecke könnte auch ein Teuerungsschub kommen: mit einer -Steuer. Sind Sie dafür?
Grundsätzlich glaube ich, dass wir aus der Atmosphäre rausbringen müssen, sonst haben wir ganz andere Probleme. Da wird man nicht darum herumkommen, zu besteuern. Wir sind aber nicht die Verfechter einer solchen Steuer.
Was schlagen Sie vor? Wir wollen einen -Mindestpreis. Etwa 40 Prozent der Emissionen Österreichs sind schon in einem Emissionshandelssystem, in dem der Preis für seit dem Vorjahr von fünf auf 25 bis 30 Euro je Tonne gestiegen ist. Wir fordern, auch Verkehr und Raumwärme in so ein System zu bringen. Wir werden das Klima nicht retten, wenn wir nur die Stromversorgung -frei machen.
Wolfgang Anzengruber
Der 63-Jährige studierte Maschinenbauer kam 2009 an die Spitze des Verbund-Vorstands. Er ist bis Ende 2020 bestellt. Zuvor war er sechs Jahre Chef des Salzburger Kranherstellers Palfinger. Seine Karriere begann der gebürtige Oberösterreicher nach dem Studium an der TU Wien bei der ABB Energy AG, 1999 wechselte er in den Vorstand der Salzburger Stadtwerke.
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