US-Zinsentscheidung kommt in Konflikt mit Duell Biden gegen Trump

Fed-Chef Jerome Powell
Fed-Chef Powell sind die Hände gebunden. Finanzexpertin Rosen sagt, die Zinssenkung kommt erst nach der US-Präsidentschaftswahl am 5. November

Nach der jüngsten Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt, der ersten seit rund fünf Jahren, sind an den Finanzmärkten nun alle Augen auf die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gerichtet.

Am Mittwoch ist Fed-Sitzung und die Aussicht auf eine Zinssenkung auch in den USA ist zuletzt immer geringer geworden, denn das Inflationsgespenst will nicht und nicht weichen. In manchen Analysten-Kommentaren klang deshalb sogar eine mögliche Zinserhöhung durch, was Fed-Präsident Jerome Powell (71) jedoch in Abrede stellte.

Als Powell, ein Republikaner, 2017 vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump zum Notenbankchef gemacht wurde, war man noch in der Niedrigzinsphase. Der US-Leitzins lag in einer Spanne von 1, bis 1,25 Prozent.

Doch dann zwangen die Corona-Pandemie und der weltweite Inflationsschock die Notenbanken auf beiden Seiten des Atlantiks zum Handeln. Seit Juli 2023 liegt der US-Leitzins bereits konstant in einer Bandbreite von 5,25 bis 5,50 Prozent - also einen ganzen Prozentpunkt über dem Euro-Leitzins von aktuell 4,25. 

Immer lauter wurden zwischenzeitlich die Rufe nach einer Zinssenkung in den USA, die Kredite verbilligen und die Wirtschaft ankurbeln würde. Doch die US-Wirtschaft ist gut in Fahrt, der Arbeitsmarkt relativ stabil. Und so wurde es zunehmend ruhig in Sachen US-Zinssenkung, denn sie würde die Inflation weiter anfachen, die sich ohnehin als hartnäckig hoch erweist.

Auch bei der bisher letzten Sitzung am 1. Mai beließ die Fed den Leitzins zum sechsten Mal in Folge unverändert bei besagten 5,25 bis 5,5 Prozent - das höchste Niveau seit mehr als 20 Jahren. Zu diesem Zinssatz können sich die Geschäftsbanken Geld bei der Zentralbank leihen. "Die Inflation ist immer noch zu hoch", sagte Powell zur Begründung und stellte eine baldige Zinssenkung auch nicht in Aussicht. 

Inflation bei 3,4 Prozent

Die Fed strebt wie die EZB eine Inflationsrate von 2 Prozent an. Die US-Inflationsrate war seit den Zinserhöhungen ab März 2022 merklich zurück gegangen. Die Teuerung war zu Jahresmitte 2022 mit mehr als 9 Prozent so hoch wie seit vier Jahrzehnten nicht mehr. 

Dennoch scheint das 2-Prozent-Ziel aktuell außer Reichweite. Die Mai-Inflation wird erst am Mittwoch veröffentlich. Aber die April-Daten zeigten schon, dass das Abebben der Inflationswelle wahrscheinlich länger dauern dürfte als zunächst angenommen wurde. So sank die Teuerung lediglich um 0,1 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent. Zum Vergleich: In der Eurozone lag die Inflation im Mai bei 2,6 Prozent.

Daher dürfte es bis zur ersten Zinssenkung in den USA nach Meinung der meisten Experten noch mindestens bis September dauern. Damit kommen die US-Notenbanker aber ins Wahlkampffinale hinein, was politisch heikel werden könnte. Am 5. November wird in den USA der nächste Präsident gewählt - Biden oder Trump. 

"Keine voreilige Hoffnung"

"Wir erwarten einen ersten Zinsschritt im dritten Quartal, dem bis zu drei weitere bis Sommer 2025 folgen könnten", sagt Volkswirt Christian Scherrmann vom Vermögensverwalter DWS voraus. Er geht davon aus, dass Fed-Chef Powell den Anlegern keine "voreilige Hoffnung" auf eine geldpolitische Lockerung machen wird.

Finanz- und USA-Expertin Monika Rosen glaubt im Gegensatz zu DWS-Ökonom Scherrmann nicht an eine Zinssenkung schon im September, sondern erst nach der US-Präsidentschaftswahl. Für Rosen zählt als Hauptargument aber nicht die absehbare Konjunktur- oder Inflationsentwicklung, sondern die politische Komponente. 

Zum KURIER meinte sie am Dienstag im Vorfeld der Fed-Sitzung: "Ich lehne mich aus dem Fenster und sage, dass sich die Fed nicht politisch instrumentalisieren lassen wird. Ich glaube also nicht, dass Powell zwei Monate vor der Wahl die Zinsen senken wird. Das war auch historisch gesehen höchst selten der Fall. Nach der Wahl ist dafür noch Zeit genug."

Das duale Mandat der Fed

Zusätzlich seien Konsum und Arbeitsmarkt in den USA robust, die Inflation weiter hoch. "Die Fed hat also momentan keinerlei Veranlassung etwas zu tun", sagt Rosen. Anders als die EZB habe die Fed zudem ein "duales Mandat", müsse also die Inflation und den Arbeitsmarkt im Auge behalten, so die Expertin. 

Die eigentliche Überraschung sei momentan, dass die US-Börsen so gut performten, obwohl die Aussicht auf eine rasche Zinssenkung unerfüllt bleibe. "Das liegt wohl an den guten Unternehmensergebnissen und an einem sehr engen Markt, der stark von den großen Tech-Werten wie Nvidia getrieben wird. Wenige Aktien bestimmen also das Marktgeschehen", sagt Rosen.

Kommentare