Unternehmens-Gründung: Herausforderung Afrika

Unternehmens-Gründung: Herausforderung Afrika
Wenige Österreicher haben den Mut – zwei Beispiele über Menschen, die es gewagt haben.

Afrika ist für Österreichs Wirtschaft bisher kein großes Thema. Lediglich 1,2 Prozent aller Exporte gehen dorthin. Etwas mehr als 60 Repräsentanzen und Vertriebsniederlassungen heimischer Firmen gibt es in Afrika, die meisten davon in Süd- oder Nordafrika.

„Aber Österreicher, die ein Unternehmen in Afrika gegründet haben, sind wohl an einer Hand abzuzählen“, sagt Nella Hengstler, die sieben Jahre Wirtschaftsdelegierte in Nigeria war. Einer aus dieser Handvoll Österreicher, die sich unternehmerisch nach Afrika gewagt haben, ist der Tiroler Tobi Akinbiyi. Gut, seine Eltern sind in Nigeria geboren, mag man einwenden. Womit er doch eine Ausnahme unter den Österreichern wäre.

Doch mit Nigeria hatte Tobi Akinbiyi vor seiner Firmengründung nichts zu tun. „Hochdeutsch oder Tirolerisch?“, fragt er denn auch gleich zu Beginn des Gesprächs mit dem KURIER. Der HTL-Absolvent aus Jenbach hatte sich zunächst als DJ einen Namen in Österreich gemacht, ein Platten-Label gegründet und dann festgestellt: „Österreich ist zu klein dafür.“ Da sei erstmals der Gedanke aufgekommen, ein Business in Nigeria zu probieren, einem Land mit 190 Millionen Einwohnern.

Doch: „Musik produzieren macht zwar Spaß. Aber Innovationen in diesem Bereich nach Nigeria bringen ist schwierig. Das heimische Sprichwort passt auch dorthin: Was der Bauer nicht kennt, isst er nicht", erklärt Akinbiyi. Also hat er seine Business-Idee geändert und macht etwas noch Innovativeres: Drohnen, insbesondere für die Landvermessung oder zur Überprüfung von Bauwerken wie etwa Brücken.

Mit seinem Unternehmen Drone 9JA beschränkt er sich aber nicht auf Nigeria – eben „weil die Leute den Innovationen skeptisch gegenüber stehen“ – sondern ist auf dem gesamten Kontinent unterwegs. In Südafrika zum Beispiel. Dort seien die Geschäftschancen wohl besser. Was in Nigeria fehlt? „Junge Politiker, die das Land in eine moderne Richtung steuern und Unternehmer, die im Land investieren“, sagt Akinbiyi.

Architektin in Lagos

Auch die Österreicherin Stefanie Theuretzbacher hat es nach Afrika verschlagen. Auch sie ausgerechnet nach Lagos, in diese chaotische 20-Millionen-Einwohner-Stadt in Nigeria, über der viele Monate des Jahres eine drückende Schwüle hängt. Genau diese Stadt hat die junge Architektin als neue Heimat ausgewählt. Vor drei Jahren hat sie sich in Lagos niedergelassen und ihr Architekturbüro, das „Studio Elementals“ gegründet. Und jetzt kann sie sich gar nicht mehr vorstellen, nach Österreich zurückzugehen. In Wien hat sie an der Hochschule für Angewandte Kunst Architektur studiert. Sie liebt es mit natürlichen, regionalen Materialien zu arbeiten. All das konnte sie in Lagos verwirklichen. „Meine Ausbildung ist hier sehr viel wert“, erzählt sie im Gespräch mit dem KURIER. In Nigeria könne sie ihre Kreativität besser umsetzen. Österreich habe zu viele Einschränkungen für junge Kreative.

Über einen Mangel an Aufträgen kann sich Theuretzbacher nicht beklagen. Sie hat gute Kontakte zur UNIDO aufgebaut, der Industrie- und Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen, für die sie auch als Beraterin tätig ist. Und von der sie immer wieder spannende Aufträge erhält, zuletzt zum Beispiel die Planung eines Fischmarkts in Süd-Sudan. „Das war schon eine spannende Herausforderung“, sagt Theuretzbacher. In der Regenzeit seien dort alle Straßen unpassierbar. Da müsse man sich gut überlegen, welche Bau-Materialen verwendet werden könnten und welche Maschinen dort verfügbar seien. Auch in Liberia und Äthiopien sowie im Nahen Osten arbeitet Theuretzbacher an Projekten.

Bildungsproblem

Lagos aber bleibt ihr Stützpunkt. Je nach Auftrag beschäftigt sie einen oder mehrere Mitarbeiter. Diese zu finden sei nicht leicht. Es gebe zwar sehr viele Architektur-Absolventen. Die Ausbildung sei aber sehr technisch, wenig kreativ. „Das freie und kritische Denken wird hier nicht gefördert“, sagt sie.

Das schlechte Bildungssystem ist für Theuretzbacher ein zentraler Faktor, der die Entwicklung des Landes bremse. „Solange die Politik nicht mehr in bessere Ausbildung investiert, wird sich in Nigeria nicht viel ändern“, meint sie. Weg von Nigeria will sie trotzdem nicht. „Ich habe mir hier ein Leben aufgebaut. Das ist meine Heimat.“

In unserer aktuellen Serie beleuchten wir den oftmals missverstandenen Kontinent Afrika von all seinen Facetten. Hier geht's zu den gesammelten Beiträgen.

Kommentare