Trotzdem Uni spüren
"Studienanfänger müssen Universität schmecken, spüren und riechen“, weiß Sabine Seidler, Präsidentin der Universitätenkonferenz und Rektorin der Technischen Universität Wien (TU). Uni vor Ort zu erfahren ist, was Studienanfänger und Studienanfängerinnen brauchen, um sich in der unbekannten Welt der Wissenschaft zurechtzufinden und erstmals anzukommen. Der universitäre Betrieb ist groß, anfangs fast zu groß für junge Geister, die aus dem festen und strukturierten Schulalltag kommen.
Orientierungslos tappen daher Erstsemestrige durch hunderte Jahre alte Gänge, Lesesäle und Fakultäten. Den Collegeblock unterm Arm, auf der Suche nach der eigenen Zukunft.
Die Orientierungslosigkeit ist auch in diesem Ausnahme-Studienjahr nicht geringer, vielmehr verliert sich der Fahrplan der ersten Uni-Wochen im Nebel von Corona. Auch, wenn alle verantwortlichen Stellen rund um die Hochschulen um Klarheit und Transparenz bemüht sind – die Pandemie macht’s schwierig.
Corona-Semester, Nr.:2
Gewiss ist jedenfalls, dass dieses kommende Semester nicht wird, wie jedes andere. Es läuft allerdings Gefahr, seinem Vorgänger-Semester beängstigend ähnlich zu sehen. Das heißt, Homelearning, Distanzlehre, Hörsaal ausschließlich auf dem Sofa – soweit kommt es aber nur in Falle eines weiteren Lockdowns beziehungsweise einer Schließung der Universitäten oder einzelner Fakultäten, wie wir es vergangenen März erlebt haben. Unter Neueinsteigern ist die Verwirrung zu Unibeginn sowieso groß, durch Corona ist das Chaos perfekt. Wie also werden die nächsten Monate für Beginnende ablaufen?
Auf den meisten Hochschulen heißt es: Erstsemestrige haben bei der Präsenzlehre Vorrang. Und so planen die Hochschulen ihre Studienanfänger vor Ort ins Fach und Unileben einzuführen. "Für sie ist es am Anfang nötig, ihre Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Wir wollen ihnen zumindest Momente dieser ’direkten’ Erfahrung bieten“, erklärt Christa Schnabel, Uni-Wien-Vizerektorin auf APA-Anfrage.
Auch Labor-Übungen und Seminare in kleinen Gruppen sollen in der Präsenz abgehalten werden – mit mindestens einem Meter Abstand und häufig Maskenpflicht. In einigen Hochschulen, etwa an der Uni Wien, der technischen Uni Wien und dem FH Campus Wien muss auch am Sitzplatz selbst Maske getragen werden. Die Hörsälen werden maximal zu 50 Prozent ausgelastet.
Für alle Eventualitäten
Trotz Präsenz-Versuchs sind die Dozierenden flächendeckend angehalten, ihre Veranstaltungen für den Notfall auch digital vorzubereiten. Damit könne im Falle des Falles sofort auf Distanz umgeschaltet werden, heißt es seitens der Hochschulen. Das soll beispielsweise zum Einsatz kommen, wenn in einer Fakultät ein Coronafall oder ein Cluster ausbricht. Man müsse dann aber nicht alles herunterfahren. Die Uni Wien beispielsweise möchte solche Fälle lokal begrenzt behandeln: "Wir haben 60 Standorte in Wien, wenn an einer Fakultät in einem Bezirk ein Fall wäre, müssen wir nicht alle andere Standorte schließen“, erklärt Cornelia Blum, Sprecherin der Uni Wien.
Mit der Anmietung der Votivkirche als erweiterte Lernzone, hat die Uni Wien nun auch ein besonders Ausweichquartier mehr. Damit erhält der Start ins Uni-Leben in diesem Jahr neben dem Corona-Chaos auch einen sakralen Touch.
Hochschulen setzen auf Lern-Melange
Das Studienjahr 2020/21 startet Hybrid in das Wintersemester. Hochschulen im ganzen Land halten ihre Veranstaltungen teils Vorort, teils digital und teils parallel in beiden Formaten ab. Manche finden sogar in einem Seminarraum mit dem Dozenten statt und werden zeitgleich in einen anderen Raum gestreamt. Wieder andere finden in Kleingruppen zweimal hintereinander statt. Die nächsten wechseln sich gruppenweise und wöchentlich ab.
Im Sinne des Contact-Tracings müssen sich Studierende teilweise vorab registrieren. An der Montanuni Leoben müssen Teilnehmende an einer Präsenzveranstaltung ihren Studierendenausweis screenen. Die Uni Wien empfiehlt ein Sitzplatzjournal, weitere bringen QR-Codes an den Sitzplätzen an, die von den Studierenden mittels Smartphone gescannt werden sollen. Die Uni Innsbruck, MedUni Wien, TU Graz und TU Wien setzen dafür primär auf Distance-Learning.
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