Transformator-Mangel macht Ausbau der Stromnetze teurer

Leistungstransformatoren sind riesige Anlagen, die teilweise per Hand gefertigt werden
Zusammenfassung
- Globale Nachfrage nach Leistungstransformatoren steigt seit Russlands Angriff auf die Ukraine 2022 stark an.
- Lieferzeiten für Transformatoren haben sich auf zweieinhalb Jahre und mehr verlängert, während sich die Preise verdreifacht haben.
- Österreichs Energieversorgung ist gesichert durch langfristige Strategien, trotz weltweiter Mangellage bei Transformatoren.
Transformatoren sind integrale Bestandteile von Stromnetzen. Sie bilden darin Knotenpunkte, an denen Spannungen auf höhere oder niedrigere Ebenen gehoben werden. Die größten Exemplare stehen in Umspannwerken, sind so groß wie Einfamilienhäuser, hunderte Tonnen schwer und hunderte Millionen Euro teuer. Die Nachfrage nach ihnen ist in den vergangenen Jahren so stark gestiegen, dass heute weltweit ein Mangel herrscht.
Nachfrage seit 2022 stark gestiegen
So genannte Leistungstransformatoren für den Hoch- und Höchstspannungsbereich (110 bis 380 Kilovolt) sind laut der internationalen Energieagentur seit ein paar Jahren höchst gefragt. Vor allem seit Russlands Angriff auf die Ukraine 2022 ist eine stark gestiegene Nachfrage deutlich. Das liegt einerseits am nun beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien, zunehmender Elektrifizierung und der dafür benötigten Strominfrastruktur. Andererseits gibt es auch viele Kriegsschäden, weil Russland gezielt die ukrainische Stromversorgung zerstört.

Gigantischer Transformator zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung in einem Testlabor.
Wenn man vor fünf bis sechs Jahren noch ein paar Monate bis ein Jahr lang warten musste, bis man einen bestellten Leistungstransformator geliefert bekam, so sind es heute zweieinhalb Jahre oder mehr. Die Preise sind um 200 Prozent gestiegen, wie Brancheninsider berichten. Hersteller hätten volle Auftragsbücher für mehrere Jahre.
Steirische Trafos für New York City
Der Weltmarkt bei Leistungstransformatoren wird von drei großen Herstellern beherrscht: General Electric, Hitachi und Siemens Energy. Daneben gibt es noch eine Reihe kleinerer Player. Siemens Energy produziert Leistungstransformatoren auch in Österreich. In Weiz werden riesige Anlagen produziert, die in alle Welt exportiert werden. Das Stromnetz von New York City verlässt sich unter anderem auf Trafos aus der Steiermark.

Transport eines hunderte Tonnen schweren Leistungstransformators
Die Nachfrage sei in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, zuletzt war der Anstieg aber weit größer als erwartet, wie das Unternehmen dem KURIER schildert. Der Transformatormarkt habe sich von 2023 bis heute verdoppelt. Auch kleinere Geräte sind gefragter denn je. Als besondere Treiber gelten die Windenergie und der Bau neuer Rechenzentren.
Expertise bei der Herstellung gefragt
Während kleinere Transformatoren maschinell erzeugt werden, ist bei den größten Exemplaren Handarbeit gefragt. Sie werden exakt an die Bedürfnisse von Kunden angepasst, Kupferspulen werden teilweise per Hand gewickelt. Schon bei der Fertigung werden Komponenten einzeln von Kunden inspiziert. Leistungstests, etwa zur Hitzeentwicklung, werden durchgeführt. Auch Beratungsunternehmen werden hinzugezogen. Wenn sie hunderte Millionen Euro für ein kritisches Betriebsmittel ausgeben, möchten Netzbetreiber auf der sicheren Seite sein.

Bei der Herstellung von Leistungstransformatoren ist Handarbeit notwendig. Fachkräfte sind gefragt.
Je größer der Hersteller ist, desto mehr Erfahrungen bei der individuellen Anpassung von Leistungstransformatoren bringt er mit und desto mehr Details werden erfasst. Teilweise gebe es "Berechnungen bis zur letzten Schraube", verrät ein anonym bleibender Insider. Gerade die großen Hersteller seien es, bei denen Kunden einen "Mercedes", im Vergleich zu einem "VW" erwarten können - um es mit Automarken zu vergleichen.
Verkäufer diktieren die Bedingungen
Je nachdem, mit welchen Belastungen der Transformator zurechtkommen muss, empfiehlt sich eher das teurere Produkt. Es sei im Schnitt länger einsatzfähig und fehlertoleranter. Damit gingen aber auch längere Wartezeiten einher. Bei Großtransformatoren gebe es heute eindeutig einen "Verkäufermarkt", bei denen Hersteller die Vertragsbedingungen diktieren. Das äußere sich u.a. durch größere Sicherheiten bei der Preisentwicklung für Rohstoffe. Die Rechnung tragen am Ende alle Stromkunden, weil erhöhte Kosten für Netzbetreiber auch höhere Netzentgelte bedeuten.
Österreich hat kein Problem
Eine Auswirkung des Tranformatormangels auf die Versorgungssicherheit muss man allerdings nicht fürchten, sagt Norbert Hiesleitner, der Leiter der Beschaffungsabteilung von Austrian Power Grid (APG). Durch langfristige Beschaffungsstrategien kann der aktuelle Bedarf im Höchstspannungsnetz der APG gedeckt werden.

Leistungstransformator in einem Umspannwerk. In Österreich gibt es zumindest genug davon.
Mangellage wird noch eine Zeit lang bleiben
Es sei aber auch nicht absehbar, dass sich die Lage am Markt rasch wieder bessern werde. Es brauche mehr Fachkräfte und geeignete wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Ein österreichweites Bekenntnis zum Erneuerbaren-Ausbau und eine gemeinsame Beschaffung in ganz Europa könnte etwa dazu beitragen, Kosten zu senken. "Da braucht es einen europäischen Industriekraftakt, der fehlt halt noch", sagt Hiesleitner.
Auch andere Experten schätzen, dass sich die Versorgungslage bei großen Transformatoren erst in 10 bis 15 Jahren wieder einpendeln könnte. Das sei aber von vielen Faktoren abhängig.
Kommentare