Touristiker im Clinch mit AMS-Vorstand Johannes Kopf
Ungewohnt scharf reagiert die Österreichische Hoteliersvereinigung (ÖHV) auf ein Tweet von AMS-Vorstand Johannes Kopf vom Montag. Darin verwies Kopf auf das Mismatch zwischen Lehrstellen-Angebot und -nachfrage im Tourismus. Laut AMS-Erhebung von 2017 entfiel jede dritte offene Lehrstelle auf einen Gastro-Job, während nur sieben Prozent der Lehrstellensuchenden einen Gastro-Job als Berufswunsch angaben.
An den Pranger gestellt
ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer fühlt sich vom AMS-Chef "an den Pranger gestellt". „So viel billigen Applaus Kopfs zynischer Tweet ausgerechnet am Tag des Europäischen Tourismusforums in der Twitter-Blase bringt, so sehr schadet es Unternehmen, die Fachkräfte ausbilden wollen: seinen Kunden“, hinterfragt sie diese Art der Kommunikation: „In der Privatwirtschaft hätte jemand, der Key Accounts so vorführt, zumindest einen Termin beim Chef.“
Dass der AMS-Chef öffentlich auf eine Branche hinschlägt, die so viele Lehrstellen anbietet, "verwundert und verärgert", schreibt die ÖHV-Chefin. Die Betriebe würden nicht nur Kopfs Gehalt zahlen, sondern auch das von immer mehr Österreicherinnen und Österreichern. "Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Unternehmen, die die Unterstützung des AMS brauchen.“ Außerdem konterkariere der AMS-Chef die von der Regierung geplante Kampagne für die duale Ausbildung.
Auch mit den Fakten ist die Interessensvertretung nicht ganz einverstanden. Dass sich 7 Prozent der beim AMS gemeldeten Jugendlichen für einen Beruf im Tourismus interessieren sei gar nicht so schlecht. Der Anteil bei den Gesamtbeschäftigten lag im August bei lediglich 6 Prozent. "Und wenn das AMS uns unterstützt statt gegen uns zu arbeiten, kann das Interesse an Berufen wie Revenue Manager, Hotelkaufmann und Barista sogar noch steigen“, appelliert sie an Kopf, die Arbeitgeber bei der Personalsuche zu unterstützen. Am 12. Oktober findet wieder österreichweit der Tag der offenen Hoteltür statt.
Kopf reagierte prompt
AMS-Chef Kopf antwortete Reitterer am Dienstag auf Twitter: "Ihre Vorwürfe kann ich nicht nachvollziehen. Die von mir veröffentlichten Statistiken geben Auskunft über Angebot und Nachfrage am Lehrstellenmarkt. Zweck war es Jugendlichen bessere Chancen bei höherer beruflicher Mobilität aufzuzeigen. Gruss J.Kopf".
Hausaufgaben machen
Unterstützung erhält Kopf von der Tourismusgewerkschaft vida. „Fakten sollen bitte Fakten bleiben. Sie dürfen nicht schlechtgeredet werden, nur weil die Präsidentin der ÖHV die Wahrheit offenbar nicht verträgt“, fordert Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida. Mitnichten stelle der AMS-Chef Kopf jemanden an den Pranger, wenn er in einem Tweet schreibt, dass der Tourismus 34 Prozent aller verfügbaren Lehrstellen anbietet, aber nur sieben Prozent der Lehrstellensuchenden sich für den Tourismus entscheiden. "Das ist bitter, aber es zeigt, dass es in der Branche hapert“, so der vida-Gewerkschafter.
Tusch verweist auf die schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche und fordert die Betriebe auf, „endlich ihre Hausaufgaben zu machen. Solange sich an den Bedingungen in den Häusern nichts ändert, werden uns die Lehrlinge auch weiterhin nicht die Türen einrennen“.
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