Tourismus: Zwischen Song Contest und Airbnb

Verkehrsbüro-Chef Harald Nograsek
Verkehrsbüro-Generaldirektor Nograsek über Mozartkugel-Image und "Pfuscharbeit".

Die Verkehrsbüro-Gruppe ist mit den Ruefa-Reisebüros, den Austria-Trend-Hotels, einer Beteiligung an Motel One und Eurotours der größte Tourismuskonzern Österreichs. Generaldirektor Harald Nograsek über das Bettenangebot beim Song Contest in Wien, den Ärger über neue Konkurrenz von Airbnb und Hellas-Urlauber.

KURIER: Die Verkehrsbüro-Gruppe hat rund 20 Hotels in Wien. Wird der Song Contest die Kassen klingen lassen?

Harald Nograsek: In Wien gibt es 65.000 Gästebetten, ich denke nicht, dass der Song Contest mit vielleicht 6000 Übernachtungen alles auf den Kopf stellen wird. Mai ist generell Hochsaison in der Hotellerie.

Wird er wenigstens nachhaltige Effekte bringen?

Vielleicht. Zumindest könnte er helfen, Wien modern zu präsentieren und ein Stück weit vom Mozartkugel-Image wegzubringen.

Hotels haben mit Airbnb eine neue Konkurrenz bekommen. Spüren Sie das schon in Wien?

Noch nicht, aber ich sag immer "wehret den Anfängen". Was da passiert, finde ich nicht okay. Das ist nichts anderes als Pfuscharbeit.

Ein Pfusch?

Ja, die Anbieter auf Airbnb zahlen möglicherweise keine Steuern, keine Ortstaxe, müssen sich an keine Brandschutzbestimmungen und Auflagen halten. Das ist kein fairer Wettbewerb. Egal, ob jemand auf Airbnb ein Zimmer anbietet oder im großen Stil 100 Zimmer auf die Plattform stellt – es müssen für alle die gleichen Regeln gelten.

Von San Francisco bis Amsterdam müssen Airbnb-Nutzer nun doch Steuern zahlen ...

Jaja, genau. Ich frag mich nur, wer das kontrolliert. Was kommt als Nächstes? Eine Plattform, auf der Fliesenleger Schwarzarbeit offiziell zum Dumpingpreis anbieten?

Apropos Preis: den Familien bleibt am Ende des Monats weniger Geld in der Haushaltskasse. Merken Sie das bei den Buchungen?

Ja, Familien reisen im Juli und im August – da sind die Buchungen seit Jahren leicht rückläufig. Wir können das in der Nebensaison wettmachen. Da reisen dann die Pensionisten und Doppelverdiener. Allerdings verreisen sie immer kürzer.

Ägypten hat sich seit der Revolution nicht mehr von den Einbrüchen im Tourismus erholt. Sehen Sie erste Anzeichen für einen Aufschwung?

Es erholt sich langsam, aber man muss sagen, dass etwa das Geschäft mit Flusskreuzfahrten am Nil brachliegt. Badeurlaub in Hurghada ist jedoch wieder ganzjährig gefragt. Derzeit haben wir um ein Drittel mehr Ägypten-Buchungen als vor einem Jahr, wir liegen aber noch immer 40 Prozent unter dem Niveau von 2010. Vielleicht profitieren sie jetzt aber davon, dass wegen Unruhen weniger Leute in die Türkei wollen.

Die Türkei ist heuer nicht so gut gebucht?

Wir liegen 3, 4 Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Vertreiben die Proteste in Athen noch Hellas-Urlauber?

Nein. Auf den Inseln ist ja von den Protesten auch nichts zu spüren. Wir haben heuer ein Buchungsplus von 15,4 Prozent gegenüber 2014.

Diese Woche geht in Berlin die ITB, die größte Tourismusmesse der Welt, über die Bühne. Sind Sie dort?

Ich nicht, aber viele unserer Mitarbeiter. Vor allem für die IT ist es wichtig, dort zu sein. Technische Neuerungen entscheiden, wer in der Vermarktung schneller ist und ins Geschäft kommt. Unser Geschäft ist immer mehr Technik-getrieben.

Ist die Pauschalreise nach wie vor ein Renner?

Vor allem Familien mögen Pauschalreisen, am liebsten all-inclusive. Sie wollen nicht rechnen müssen, wenn das Kind das dritte Eis und die vierte Cola an einem Tag haben will. Jene, die nicht so aufs Geld schauen müssen, reisen immer lieber in kleinen Gruppen. Dafür sind sie auch bereit zu zahlen.

Wie viele Reisen werden überhaupt noch übers Reisebüro gebucht?

Nur rund 15 Prozent. Dieser Anteil hat sich nicht gravierend geändert.

Werden Sie weiter an all Ihren aktuell 115 Ruefa-Reisebüros festhalten?

Ja. Viele kleine Reisebüros geben auf. Wir bekommen im Jahr rund zehn Angebote, Mitbewerber zu übernehmen und optimieren laufend unser Standortnetz.

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