Top-Investor Grossnigg: „Aus Schaden wird man klug“

Erhard Grossnigg ist leidenschaftlicher Sammler. Von Briefmarken, Uhren und auch Unternehmen.
Der Sanierer über Ankerbrot, Nachfolger aus der Familie und seine Sammelleidenschaft

KURIER: Um Ihre Beteiligung an Ankerbrot ist es zuletzt ruhig geworden. Was tut sich im Hintergrund?

Erhard Grossnigg: Unser Problem ist die Produktion. Wir fertigen noch immer auf mehreren Etagen, brauchen einen neuen Standort.

Ist dieser mittlerweile in Sicht?

Wir sind in Gesprächen mit der Stadt Wien. In den kommenden sechs Monaten wird die Entscheidung fallen.

Und wann soll Anker Gewinne schreiben?

Das hängt alles mit dem Produktionsstandort zusammen. Im Verkauf im Handel müssen wir auch noch besser werden. Mit dem Filialgeschäft sind wir jetzt schon gut unterwegs.

Sie werden Ende September 72, sind noch immer in sieben Firmen Geschäftsführer und in zwei Aufsichtsrat. Wie viele Arbeitsstunden hat Ihr Tag?

Die 40-Stunden-Woche übertreffe ich nach wie vor bei weitem. Ich sag’ immer, der Tag hat 24 Stunden und die Nacht. Ich arbeite gerne.

Sie investieren seit 40 Jahren in Unternehmen. 9 von 10 Investments sollen aufgegangen sein. Über welchen Fehlgriff ärgern Sie sich heute noch?

So denke ich nicht. Aus Schaden wird man klug, deswegen muss man auch scheitern. Ich bin da keine Ausnahme. Ich lerne noch heute immer wieder Neues dazu.

Sie haben sich den Ruf als harter Sanierer erarbeitet, der auch nicht davor zurückscheut, tausende Jobs zu streichen. Gab es Investments, bei denen Sie nicht rational gehandelt haben?

Bei Augarten Porzellan habe ich mich aus Freude an der Sache beteiligt.

Und beim Fußballverein LASK?

Hallo? Der LASK ist Dritter in der Bundesligatabelle! Das war ein gutes Investment. Ich sag’ immer, Fußball ist die schönste Nebensache der Welt (lacht).

Sie sammeln Kunst. Kaufen Sie, was gefällt oder was Potenzial zur Wertsteigerung hat?

Nur was mir gefällt. Ich bewundere Künstler, weil ich selbst zwei linke Hände habe. In meiner Wohnung habe ich sicher 200 Bilder und habe nie eines verkauft. Ich weiß gar nicht, wie sich der Wert eines Bildes entwickelt.

Sie sammeln auch Briefmarken – eine selten gewordene Leidenschaft.

Ich hab’ damit aufgehört, das war irgendwann rund um meinen 70. Geburtstag. Meine Briefmarken sind heute sicher massiv weniger wert, als ich in all den Jahren für sie bezahlt habe. Egal. Ich werde sie ohnehin nicht verkaufen.

Kaufen Sie jetzt lieber Uhren als Briefmarken?

Wenn ich mir eine Freude machen will, kaufe ich mir eine Uhr. Ich wechsel fast täglich das Modell.

Jeden Tag eine andere Rolex?

Ich habe nicht nur die teuren Marken wie Patek Philippe, ich habe sicher auch 120 Swatch-Uhren. Diese finde ich witzig, ich trage sie gern.

In was würden Sie derzeit gar nicht investieren?

In die Aktienmärkte, weil sie seit Jahren überhitzt sind. So etwas wie die Krise nach Lehman kann jederzeit wieder passieren.

Nach Lehman haben Sie die Austro-Holding gegründet, die sich auch bei Ankerbrot beteiligt hat. Haben Sie einen Nachfolger aus der Familie?

Ich habe keine nachfolgende Familie, meine Nachfolgerin ist meine langjährige Mitarbeiterin Kerstin Gelbmann. Meine Tochter arbeitet seit sechs Jahren bei Augarten Porzellan im Bereich der Produktinnovationen und hat viel Freude daran. Mein Enkel, der jetzt 22 Jahre ist, wird meine Firma nicht übernehmen.

Warum?

Weil ich ein schlechtes Beispiel für ihn bin. Weil ich so viel arbeite.

Verstehen Sie, dass manche lieber mehr Zeit für die Familie als einen hohen Verdienst haben. Work-Life-Balance?

Grundsätzlich verstehe ich es. Wenn ich aber sehe, dass jede zweite Ehe geschieden wird, bezweifle ich, dass Familie einen so hohen Stellenwert hat. Letztlich gibt es eine einfache Formel: Nur die Wirtschaft produziert Geld und Jobs. Und nur durch die Wirtschaft können das Pensions-, Gesundheits- und Bildungssystem aufrecht erhalten werden. Die Firmen brauchen zwei Dinge zum Wirtschaften: gute Rahmenbedingungen und qualifizierte und gebildete Mitarbeiter. Hier muss die Regierung endlich die Reformen umsetzen.

Vielleicht sollte der Staat Sie als Sanierer einsetzen?

Auf jeden Fall sollte die Politik nicht so verschwenderisch mit dem Geld umgehen. Das Problem in vielen Bereichen – ob Krankenhaus Nord oder der Bau von Flughäfen – ist, dass nicht Fachleute sondern Politiker ohne Qualifikation Entscheidungen treffen. Es gibt in den Behörden ja keine Kontrolle.

Zum Beispiel?

Neulich hab ich ein Amtszeugnis gebraucht. Das gibt es auf Knopfdruck, trotzdem sitzen im Amt fünf Damen, die mich warten lassen. Weil sie Kaffee trinken. Unglaublich, das gibt es in keiner eigentümergeführten Firma.


Die Türkei, der Brexit, Tweets von Donald Trump? Was mach Ihnen am meisten Sorgen?

Das irrationale Handeln der Politiker. Wir leben in einer sehr unsicheren Zeit, auch wenn wir uns hier in den vergangenen 70 Jahren einen ungeahnten Wohlstand aufgebaut haben. Man muss die  Welt aber wie eine Bilanz sehen. Da gibt es Vermögen auf der einen Seite und Schulden auf der anderen Seite.

Die Vermögenden parken Ihr Geld jedenfalls in Immobilien. Sie auch?

Nein, als Vermögensanlage würde ich keine Immobilien kaufen. Das ist nicht mein Geschäft. Überhaupt ist die Entwicklung am Immo-Markt ungesund. Ein junges Paar, bei dem beide arbeiten, kann sich heute in Wien keine Eigentumswohnung mehr leisten. Hier braucht es dringend Reformen und mehr leistbare Wohnungen.

 

Zur Person

Erhard F. Grossnigg war nach seinem Studium an der Universität für Welthandel in mehreren Banken tätig, bevor er sich selbstständig gemacht hat. In den vergangenen Jahren hat sich der gebürtige Linzer den Ruf als harter Sanierer erarbeitet. Mit seiner Austro Holding, die er  gemeinsam mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gegründet hat, hat er sich unter anderem bei Ankerbrot beteiligt.

Grossnigg hat eine Tochter und einen Enkelsohn. Er ist begeisterter Skifahrer und zieht auch gerne mit seinem Oldtimer, einen Avis Speed 25 (Baujahr 1937), seine Runden.

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