Woran liegt das? Peter Dobcak, Chef der Wiener Gastronomen: „Die Wirte geraten immer mehr unter Druck, ihre Sitzplätze wirtschaftlich auszunutzen. Das hat dazu geführt, dass man Tische mehrmals an einem Abend vergibt.“ Zwar habe man nach der Corona-Pandemie einen Nachholbedarf bei den Menschen bezüglich Gastronomie wahrgenommen, aber: „Die Konsumation ist zurückgegangen. Die Leute bleiben lange sitzen, bestellen aber nicht viel“, klagt Dobcak.
Weniger Konsumation
Das bestätigt auch Mykola Antonishen, Geschäftsführer des Frühstücklokals „Sil“ nahe dem Kunsthistorischen Museum: „Viele Leute besetzen einen Platz für Stunden, bestellen einmal und danach nichts mehr.“ Im Sil hat man deshalb schon seit Beginn der Eröffnung (März 2023) mit einem Time-Slot-System bei der Reservierung – insbesondere an den Wochenenden – begonnen. „Die Time-Slots helfen uns dabei, alle Kunden aufzunehmen, die bei uns frühstücken wollen“, erklärt Antonishen.
Bei den Gästen hält sich die Kritik laut des Gastronomen in Grenzen: „Bei hundert Gästen ist darunter vielleicht einer, der sich über die Time-Slots ärgert. Wir weisen deshalb online ausdrücklich darauf hin.“ Sollte jemand länger als zwei Stunden bleiben wollen, versuche man, diesem Wunsch nachzukommen.
Ausreichend Zeit
In der Praxis komme das jedoch gar nicht so oft vor, erzählt Antonishen: „Wir haben zuerst mit 1,5 Stunden angefangen, das war aber zu knapp. Nach zwei Stunden sind 80 Prozent der Gäste ohnehin schon mit dem Essen fertig.
Peter Dobcak vom Fachverband der Gastronomie weiß freilich, dass die Time-Slots eine „große Umgewöhnung“ für die Gäste sind, denn „der Gast versteht unter Gemütlichkeit, dass man im Lokal hundertprozentig für ihn da ist. Diese Erwartungshaltung lässt gerne vergessen, dass das unser Beruf ist und wir gewinnorientiert arbeiten müssen.“
Insbesondere mit Blick auf die rasant steigenden Kosten in den Bereichen Energie, Lebensmittel und Personal müssten Betriebe mehr denn je genauestens kalkulieren und Wege finden, um ihre Kostensituation in den Griff zu bekommen.
Außerdem gebe es weiterhin viele Restaurants und Wirtshäuser ohne Zeitfenster, in denen Gäste auch ohne Reservierung einen Platz finden, sagt Dobcak. Für das Time-Slot-System spricht sich der Obmann vor allem zu „Stoßzeiten und besonderen Anlässen wie z. B. am Martinstag oder Valentinstag“ aus.
Gängige Praxis
Im angloamerikanischen Raum, vor allem in Großstädten wie New York oder Los Angeles, ist das System der Zeitfenster-Reservierungen bereits gängige Praxis, erklärt der Gastro-Obmann. Dort sei es auch bereits normal, bei Reservierungen eine Anzahlung mit der Kreditkarte zu verlangen.
„Ich bin ein starker Befürworter davon, wenn es der Markt verlangt“, sagt Dobcak. Er ist davon überzeugt, dass die Time-Slots auch hierzulande schon bald zum neuen Standard werden könnten.
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