Nahversorgung: Wie Tankstellen die Versorgungslücke füllen

Ob Wocheneinkauf, Bargeldbehebungen oder Paketlieferungen – Tankstellen bieten ihren Kunden heutzutage eine Vielzahl an Services. Und das vielerorts rund um die Uhr.
So etwa im Bereich Nahversorgung: Denn nachts oder an Sonntagen, wenn die regulären Supermärkte geschlossen sind, sind Tankstellenshops für viele der einzige Ort, um Lebensmittel einzukaufen.
Die meisten dieser Shops bieten auf einer kleinen Verkaufsfläche von weniger als 100 Quadratmetern ein Sortiment von bis zu 1.500 unterschiedlichen Produkten an. In Österreich füllen sie damit die Lücke der Bedarfsartikelgeschäfte („Convenience Stores“), die die Nahversorgung zu den Randzeiten in vielen anderen Ländern sicherstellen.
Keine Sonntagsöffnung mehr notwendig
Auch die heimischen Supermarktketten haben sich mit diesem System arrangiert und sind in den letzten Jahren vermehrt Kooperationen mit Tankstellenbetreibern eingegangen. Denn so verdienen die Händler auch an Lebensmittelverkäufen mit, wenn ihre regulären Filialen geschlossen sind.
Das hat auch die Debatte rund um liberalere Öffnungszeiten verändert. Spar-Vorstandsvorsitzender Hans Reisch sagt etwa: „Wir brauchen in Österreich wegen der Tankstellen keine Sonntagsöffnung.“

Hans Reisch, Vorstandsvorsitzender der Supermarktkette Spar
Spar gab am Donnerstag eine weitreichende Kooperation mit Enilive bekannt. Bis zu 70 Eni-Tankstellen sollen bis 2028 mit einem Despar-Express-Shop ausgestattet werden. Mehr als 90 Spar-Express-Tankstellenshops gibt es in Österreich bereits, etwa bei Tankstellen von Turmöl oder Socar.
Mitbewerber Rewe ist aktuell deutlich größer
Damit liegt Spar deutlich hinter dem Mitbewerber Rewe (Billa), der österreichweit in 632 Tankstellen vertreten ist. Der Konzern hat Kooperationen mit OMV, Jet und Shell.
Auch mit BP besteht eine Zusammenarbeit. Der britische Ölkonzern gab im Frühjahr bekannt, seine 260 Standorte in Österreich noch 2025 verkaufen zu wollen. Rewe teilt auf KURIER-Anfrage mit, dass die „langfristige Geschäftsbeziehung auch unter dem neuen Eigentümer bestehen bleiben wird.“
Weder Spar noch Rewe geben bekannt, wie viel Umsatz sie mit den Tankstellenshops machen. Bei Rewe sei das Großhandels-Geschäft 2024 um 3,2 Prozent gewachsen. Vom Spar-Chef heißt es nur: „Wir würden es nicht machen, wenn es für uns nicht funktionieren würde.“
Kunden haben höhere Erwartungen an Tankstellen
Die Entwicklung in den letzten Jahren lag auch an den veränderten Kundenerwartungen. Das bestätigte vor Kurzem auch Hedwig Doloszeski, Geschäftsführerin des Fachverbands der Mineralölindustrie. Statt reine Abgabestellen für Treibstoff seien Tankstellen heute „multifunktionale Stationen für Mobilität, schnelle Einkäufe und kleine Pausen im Alltag“.
Deshalb ist neben der Lebensmittelversorgung auch Bargeld immer wieder Thema. In OMV-Filialen konnten Kunden etwa bis Anfang 2023 an Automaten der Erste Bank Geld beheben und einzahlen. Die Kooperation wurde wegen geringer Nutzung nicht verlängert. Mittlerweile bieten die meisten Tankstellen die Bargeldbehebung im Zuge einer Kartenzahlung an.
Tankstellen sind außerdem gefragte Kooperationspartner für Paketdienste, die auf den freien Betonflächen ihre Abholboxen platzieren möchten. Kunden können ihre Packerl dann ohne Parkplatzsuche rund um die Uhr abholen.
Für viele Tankstellen-Pächter sind solche zusätzlichen Services notwendig, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Dabei spielt auch die Mobilitätswende eine Rolle, weil weniger Treibstoff getankt wird, gleichzeitig E-Auto-Besitzer aber während des Aufladens oft längere Zeit an der Tankstelle verweilen müssen und diese häufig gleich mit einem Einkauf verbringen.
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