Ganz verschwunden sind die Tankstellen, die für viele Besucher auch eine Art Wirtshaus-Ersatz sind, 100 Jahre nach der Öffnung der ersten "Benzinzsapfstelle" Österreichs aber noch nicht. Der KURIER hat im Bezirk Baden in Niederösterreich mit Gästen einer solchen Tankstelle gesprochen.
Stammgsäte seit 34 Jahren
„Wir kommen seit 34 Jahren her. Wir hatten schon Angst, dass zugesperrt wird, aber die Tochter vom früheren Besitzer hat übernommen – zum Glück“, erzählt ein Paar, das an der Theke des Verkaufsraums sitzt und Kaffee und Bier trinkt.
Vor allem vormittags sei die Tankstelle ein wichtiger Treffpunkt im Ort, da es kein nettes Café mehr gebe, erzählen die Gäste. „Ab 9 Uhr sind wir immer voll“, sagt die Angestellte. „Ihr habt’s halt auch den besten Kaffee“, erwidert einer der Gäste.
Leider darf der KURIER weder den Namen der Tankstelle noch die Namen der Gäste nennen – es handelt sich um eine Filiale einer großen Kette, die ausgerechnet diese an sich beliebte Tankstelle im Bezirk Baden nicht herzeigen möchte. Das Design würde noch nicht dem neuesten Stand entsprechen, hieß es nach einer KURIER-Anfrage dazu.
Möglicherweise ist der Wandel hin zu großen Ketten auch ein Grund, warum immer weniger Menschen Tankstellen als Treffpunkt sehen.
Früher in Privatbesitz
Anfang der 2000er waren große Franchiseunternehmen in Gemeinden die Ausnahme. Fast jede Tankstelle war in Privatbesitz, man kannte den Chef. Und betankt wurde nicht nur das Auto, sondern oft auch der Magen, etwa mit Alkohol und Leberkässemmeln.
Gesprochen wurde nahezu über alles – von Politik bis zu den Sportergebnissen. Doch viele der Kleinunternehmen wichen großen Ketten, anstelle von Menschen gibt es immer öfter Maschinen. Ähnlich war es auch bei besagter Tankstelle in der Nähe von Baden.
Dort blieben die Stammgäste aber erhalten – und am Wochenende gesellt sich so mancher junge Mann auf einen Energydrink dazu, um sein schnelles Auto zu zeigen und über Sportergebnisse zu reden.
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