Streit um vermeintliche Panscherei bei Lebensmitteln kocht hoch

Eine Frau hält im Supermarkt zwei Limonadenflaschen in der Hand.
Weil Osteuropäer sich geprellt fühlen, gibt es Pläne für mehr „Einheitsbrei“. Die Industrie schäumt.

Gleiche Packung, anderer Inhalt? Konsumenten in Osteuropa wollen genau das entdeckt haben. Die Marken-Schoko enthalte in ihren Supermärkten weniger Kakao, Gewürze seien weniger würzig, die Limo minderwertig. Politiker aus Ländern wie der Slowakei, Tschechien, Ungarn, Bulgarien oder Rumänien wetterten vor rund einem Jahr wegen der vermeintlichen Schlechterstellung ihrer Konsumenten. Auch wenn die mediale Aufregung abgeebbt ist, köchelt das Thema in Brüssel.

Diese Woche haben sich Beamte aus den EU-Ländern zusammengesetzt, um das Dual-Quality-Thema auf eine sachliche Ebene zu heben. Mit fundierten Produkttests und neuen Richtlinien für das neue Verbraucherschutzpaket. In diesem ist eine Klausel vorgesehen, wonach ein und dasselbe Produkt in allen Ländern völlig ident hergestellt werden muss.

„Politisches Kleingeld“

Dieser Vorschlag bringt Lebensmittelproduzenten, die sich ohnehin zu Unrecht am Pranger sehen, auf die Palme. „Das Thema Dual-Quality wird in einigen Ländern von Populisten hochgekocht, die damit politisches Kleingeld machen wollen“, findet Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbandes der Lebensmittelindustrie. Genaue Produkttests seien diese Populisten bisher schuldig geblieben. „Wir wissen nicht einmal, ob es fundierte Labortests gab oder nur subjektive Geschmackstests.“

Natürlich könne es zu geschmacklichen Unterschieden kommen. Schon infolge der Lagerung. Oder weil Produkte an den nationalen Geschmack angepasst werden. „Oder Markenartikler setzen auf Rohstofflieferanten des jeweiligen Landes, was vom ökologischen Fußabdruck her Sinn macht“, sagt Koßdorff. Sie warnt vor europa-weiter Gleichmacherei.

 

Katharina Koßdorff

Katharina Koßdorff warnt vor zu viel Gleichmacherei in der EU

Aber woher kommen eigentlich die Vorwürfe? Der niederösterreichische Gewürzspezialist Erwin Kotányi ist dieser Frage mit seinen Anwälten nachgegangen. Fündig wurde er in der Slowakei, wo ein vermeintlicher Konsumentenschützer Produkttests ins Internet gestellt hat. „Das Problem ist, dass der Tester – zumindest was unsere Produkte angeht – überhaupt keine Fachkenntnis gehabt hat. Es handelte sich um rein subjektive Ergebnisse“, ärgert sich Kotányi über den Imageschaden. Er würde seine Gewürzmischungen zwar an nationale Geschmäcker anpassen, deswegen aber nicht an der Qualitätsschraube drehen. Die angeprangerten unterschiedlichen Farbgebungen und Ölwerte seien innerhalb der Schwankungsbreite von Naturprodukten und damit „lächerlich“ gewesen. Was bleibt, sei ein schlechter Nachgeschmack auf Kundenseite. Und das nicht nur in der Slowakei. „Seine Tests sind schnell auch auf bulgarischen oder ungarischen Webseiten aufgetaucht. Er hat mit fachlich nicht haltbaren Aussagen halb Europa verrückt gemacht.“

 

Einkaufswagen im Supermarkt

Die EU-Kommission erwartet, dass der private Konsum der größte Wachstumsmotor bleibt, angekurbelt durch steigende Löhne, eine höhere Beschäftigungsrate und steuerlichen Begünstigung von Familien ("Familienbonus Plus").


 

Tester abgetaucht

Kotányi klagte, zu den Verhandlungen ist der Angeklagte nie erschienen. „Wir haben jetzt zumindest einen Gerichtsentscheid, dass er seine Tests nicht mehr veröffentlichen darf.“ Von Schadenersatzklagen hat Kotányi abgesehen: „Der Mann war eine One-Man-Show und ist von der Bildfläche verschwunden. Da ist nichts zu holen.“

Auch Manner hat sich gegen den Vorwurf gewehrt, dass seine Schnitten in Ostmärkten weniger nach Kakao schmecken würden. Um zu beweisen, dass es bei Manner nur eine Fabrik gibt, die nach dem immer gleichen Rezept für alle Länder produziert, hat Manner Regierungsverantwortliche aus den betroffenen Ländern zu einem Lokalaugenschein eingeladen. Angenommen hat sie niemand. Letztlich hat Manner rund 60 Journalisten aus Osteuropa durch die Produktion geführt. Ob die Aktionen von Erfolg gekrönt waren, formuliert Unternehmenssprecherin Steinhart so: „Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, wenn sich jemand persönlich betroffen und schlecht behandelt fühlt.“

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