Streit um mehr Arbeitslosengeld

Streit um mehr Arbeitslosengeld
Die Gewerkschaft will Leasingfirmen zur Einzahlung in einen Sozialfonds zwingen. Branchenvertreter sind empört.

In der heimischen Zeitarbeitsbranche hängt der Haussegen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gehörig schief. Zwei Monate vor Beginn der Kollektivvertragsverhandlungen für die gut 80.000 Beschäftigten sorgt eine Gewerkschaftsforderung für Wirbel. Diese will Zeitarbeitsfirmen dafür bestrafen, dass sie ihre Mitarbeiter kündigen und beim AMS "zwischenparken", wenn kein Folgeauftrag mehr in Sicht ist. 2008 hatte dies zu einem massiven Arbeitslosen-Anstieg geführt.

Konkret sollen nun Leiharbeiter bei Beendigung des Dienstverhältnis drei Monate lang ein höheres Arbeitslosengeld bekommen. Finanziert werden soll diese "Zusatzprämie" aus einem Sozialfonds, der von den Arbeitgebern gespeist wird; ein Prozent der Bruttolohnsumme je Arbeitnehmer. "Wir wollen damit das Hire and Fire in der Branche unterbinden", erläutert Thomas Grammelhofer von der Gewerkschaft PRO-GE. Wenn in Stehzeiten weiter beschäftigt bzw. weiter qualifiziert werde, falle die Prämie nicht an. Kündigung in Stehzeiten ist zwar unzulässig, doch werden laut Gewerkschaft die Beschäftigten mehrheitlich zu einvernehmlichen Lösungen "gezwungen".

Die Branchenvertreter lehnen ein höheres Arbeitslosengeld auf ihre Kosten ab und haben Verhandlungen darüber brüsk abgebrochen. "Wir sind gegen jedes Zugeständnis, das die Lohnnebenkosten erhöht", sagt Gerhard Flenreiss, Obmann der Personaldienstleister in der Wirtschaftskammer (WKÖ). Schon jetzt werde in einen Weiterbildungsfonds eingezahlt, aber die Dotierung sei mit ein bis zwei Millionen Euro viel zu gering, um Weiterbildung in der Stehzeit für alle zu finanzieren. Flenreiss will dafür lieber die Fördertöpfe des AMS anzapfen.

EU-Richtlinie

Hintergrund des Sozialpartner-Streits ist die bis Anfang Dezember notwendige nationale Umsetzung der EU-Zeitarbeitsrichtlinie. Dafür muss auch der Kollektivvertrag (KV) angepasst werden. Die Gewerkschaft will KV-Änderungen nur zustimmen, wenn der Sozialfonds umgesetzt wird. "Den Abtausch KV gegen Sozialfonds halte ich für grundsätzlich falsch", fühlt sich Flenreiss erpresst. Obwohl die EU-Richtlinie einen eigenen Zeitarbeiter-KV mit Mindeststandards wie in Österreich nicht vorschreibt, wollen beide Seiten grundsätzlich daran festhalten.

Das nachlassende Wirtschaftswachstum bremst auch die Nachfrage nach Leasingpersonal. Erstmals seit zwei Jahren ist im August die Zahl der arbeitslosen Leiharbeiter wieder gestiegen - um 7,3 Prozent auf 22.000. Ein Alarmzeichen sei das aber noch nicht, meint Flenreiss.

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