Strafprozess um Scheinfirmen und Schwarzarbeit am Bau
In den vergangenen Jahren wurden von der Finanzpolizei und Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zahlreiche Sozialbetrugsfälle im Bereich des Fassadenbaus aufgedeckt und angeklagt.
Am Montag bringt Oberstaatsanwalt Stefan Siegwart einen weiteren Fall vor das Straflandesgericht Wien. Er wird die beiden Geschäftsführer, einen Prokuristen und einen Baustellenleiter eines Wärmedämmungs- und Fassadensanierungsbetriebs auf der Anklagebank empfangen, denen schwerer bzw. schwerer gewerbsmäßiger Betrug und Verbrechen des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) vorgeworfen wird.
Hohe Strafdrohung
Insgesamt sollen 1.555 Arbeiter bei 20 Scheinfirmen angemeldet und dabei der Wiener Gebietskrankenkasse ein Schaden in Höhe von 2,15 Millionen Euro und der BUAK ein Schaden in Höhe 1,76 Millionen Euro verursacht worden sein. Die Strafdrohung beträgt bis zu zehn Jahre Haft.
Die Machthaber und Drahtzieher
Geht es nach der Anklage, soll das Quartett fünf, sechs Jahre lang Drahtzieher von Scheinfirmen beauftragt haben, Arbeiter bei der Sozialversicherung an- und abzumelden, obwohl diese tatsächlich bei der Wärmedämmungsfirma gearbeitet haben.
„Die Machthaber der Scheinfirmen blieben aber die Sozialabgaben schuldig. Die in betrügerischer Absicht ausgelagerten Arbeitnehmer waren für das Wärmedämmungsunternehmen kostensenkend, weil man sich auf Kosten der Allgemeinheit die Sozialabgaben sparte“, heißt es in der Anklage. „Andererseits sollten die auf den Baustellen tätigen Arbeiter bei Kontrollen durch die Finanzpolizei eine gültige Anmeldung zur Sozialversicherung bzw. BUAK vorweisen können.“
In den Scheinfirmen wurden regelmäßig Strohmänner als Geschäftsführer eingesetzt, „die nur für die einschlägigen Unterschriftsleistungen oder Barbehebungen benötigt wurden“.
250 Euro Provision pro Kopf
Die Hintermänner der Scheinfirmen sollen angeblich 250 Euro pro „angemeldeten“ Arbeiter und pro Monat Provision kassiert haben.
„Um die Behörden zu täuschen und den Einsatz ‚fremder‘ Arbeiter auf den Baustellen der Wärmedämmungsfirma zu rechtfertigen, wurden regelmäßig Werkverträge zwischen den Scheinunternehmen und der Wärmedämmungsfirma, dem tatsächlichen Dienstgeber der Arbeiter, geschlossen“, heißt es weiter. Nach Bezahlung einer Scheinrechnung durch den Wärmedämmungsbetrieb soll der geleistete Betrag abzüglich der Provision von der Scheinfirma an die Verantwortlichen der Fassadensanierungsfirma „bar rückerstattet“ worden sein, sodass das Unternehmen in weiterer Folge „die Löhne schwarz auszahlen konnte“.
Durch eine neue Scheinfirma ersetzt
Auch sollen laufend dieselben Dienstnehmer bei den diversen Scheinunternehmen beschäftigt worden sein.
„Sobald nach einigen Monaten die Gefahr bestand, dass die Sozialversicherung auf die Beitragsrückstände einer Scheinfirma aufmerksam werden könnte, wurde diese durch eine neue Scheinfirma ersetzt“, so die WKStA.
Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Sie werden zum Teil durch bereits in anderen Betrugsfällen verurteilte Drahtzieher und diverse Zeugen belastet.
Kommentare