Süßes soll auch ethisch sein

90 Prozent des weltweiten Kakaos kommen aus nur sieben Ländern.
Um sich Mengen zu sichern, setzt die Industrie auf Nachhaltigkeit.

Der Preis für Kakao – neben Erdöl und Kaffee einer der meistgehandelten Rohstoffe der Welt – steigt. Im März erzielte Kakao an den Rohstoffbörsen so hohe Preise wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Nicht nur, weil sich der weltweite Schokoladekonsum binnen 20 Jahren verdoppelt hat. Auch, weil die Erntemenge nicht im selben Ausmaß nach oben schnalzt.

Derzeit werden weltweit mehr als vier Millionen Tonnen im Jahr geerntet, wobei 90 Prozent davon aus nur sieben Ländern kommen. So gut wie jede zweite Bohne stammt entweder aus Ghana oder von der Elfenbeinküste. Weil die Bauern in den vergangenen Jahren aber kaum von ihrer Ernte leben konnten, haben sie nicht mehr in ihre Plantagen investiert. Speziell an der Elfenbeinküste – die unter den Nachwehen des Bürgerkrieges und unter korrupten Beamten leidet – sind die Pflanzen alt. Bis neue Bäume gepflanzt werden und diese auch Früchte tragen, wird es Jahre dauern. Das wissen auch die großen Süßwarenkonzerne. Sie fürchten, bald nicht mehr genügend Nachschub zu bekommen.

"Um sich Mengen zu sichern, arbeitet die Industrie jetzt mit Gütesiegeln zusammen", beobachtet Gerhard Riess von der Produktionsgewerkschaft ProGe. Er sieht die Zusammenarbeit mit Labeln wie Fairtrade, UTZ und der Rainforest Alliance deshalb kritisch. Riess: "Die Industrie hat null Interesse an den Menschen in den Anbauländern, sie sorgt sich nur um genügend Nachschub."

Millionen für Bohnen

Fest steht, dass Süßwarenhersteller aktuell hohe Summen in Nachhaltigkeitspro-gramme pumpen. Mondelez (ehemals Kraft) investiert in den kommenden zehn Jahren mehr als 400 Millionen Dollar in Regionen, in denen Kakao angebaut wird, erläutert Heidi Hauer, Sprecherin von Mondelez Österreich. Dabei handelt es sich um die Elfenbeinküste, Ghana, Indonesien, Indien und die Dominikanische Republik, wo Mondelez jeweils mit Experten von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zusammenarbeite. Mondelez sei der weltweit größte Einkäufer von Kakaobohnen, sagt Hauer. "So viele Fairtrade-Bohnen, wie wir brauchen, gibt es gar nicht." Verarbeitet werden die Bohnen übrigens auch in Bludenz, wo 300-Gramm-Milka-Tafeln für ganz Europa vom Band laufen.

Im Ranking der größten Schoko-Produzenten liefert sich Mondelez traditionell mit Mars ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der US-Familienkonzern – der auch in Österreich in Breitenbrunn produziert – hat sich hohe Ziele gesteckt. Er will seine Riegel (Marken wie Snickers, Twix, m&ms) ab dem Jahr 2020 ausschließlich mit zertifiziertem Kakao produzieren.

Auch Konkurrent Nestlé schlägt – ohne konkrete Zahlen zu nennen – ähnliche Wege ein. Der Schweizer Produzent von Marken wie Lion, Nuts, Smarties oder After Eight verkauft seine Kit-Kat-Riegel für Großbritannien und Irland seit Jahren nur noch mit Fairtrade-Siegel.

Der Schokolademarkt ist stark konzentriert. Fünf Konzerne – Mondelez, Mars, Nestlé, das italienische Familienunternehmen Ferrero und der US-Konzern Hershey – teilen sich geschätzte 70 Prozent des Weltmarktes untereinander auf. Auch wenn hohe Summen in Nachhaltigkeitsprogramme fließen, ist das Ergebnis noch überschaubar. Derzeit werden keine fünf Prozent des Kakaos nachhaltig erzeugt.

Das größte Kaffeeanbau-Land der Welt, Brasilien, rechnet heuer aufgrund einer monatelangen Dürre mit einer mageren Ernte. Das treibt den Kaffeepreis an der Terminbörse in die Höhe. Arabica zur Lieferung im Juli verteuerte sich am Dienstag in der Spitze um 8,3 Prozent auf 2,1570 Dollar (1,55 Euro) je Pfund (0,453 Kilo) und notierte damit so hoch wie zuletzt im März 2012.

In Deutschland stimmt der Hamburger Tchibo-Konzern Konsumenten bereits auf eine Preiserhöhung – voraussichtlich nach Pfingsten – ein. Die Konkurrenz wird wohl schnell nachziehen. Und österreichische Konsumenten werden für Kaffee wohl auch bald mehr bezahlen müssen. "Sollte die Entwicklung anhalten, wird eine Anpassung der Preise unvermeidbar sein“, heißt es seitens Tchibo Österreich.

Händler vermuten, dass die Dürre in Brasiliens auch der Qualität der Bohnen geschadet hat. Zudem senkten die Experten die Ernteprognose auf 45,5 Millionen Säcke á 60 Kilo von zuvor 50,7 Millionen Säcken.

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