Steaks aus Übersee und Brexit bringen Bauern unter Druck

Steaks aus Übersee und Brexit bringen Bauern unter Druck
Das Freihandelsabkommen Mercosur könnte bis zu 99.000 Tonnen Rindfleisch aus Übersee bringen. Europas Bauern sind alarmiert.

Der typische Österreicher isst knapp 20 Kilo Rindfleisch im Jahr, sagt die Statistik. Laut Versorgungsbilanz kann die Nachfrage mit heimischer Ware gedeckt werden, dennoch landet viel Import-Fleisch auf den Tellern. Und es könnte noch deutlich mehr werden, schlagen Bauernvertreter Alarm.

Sie kritisieren das geplante Mercosur-Freihandelsabkommen der EU mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay. Dieses sieht etwa ein Import-Kontingent von jährlich 99.000 Tonnen Rind (bisher 45.000 Tonnen) aus diesen südamerikanischen Ländern vor. „Es handelt sich dabei ausschließlich um Edelteile wie Filets, Beiried oder Rostbraten“, erläutert Werner Habermann, Geschäftsführer der Arge Rind. Also um die hochpreisigen, lukrativen Stücke.

3,5 Millionen Rinder

Um solche Mengen an Edelteilen zu erhalten, müssen laut Habermann 3,5 Millionen Tiere zur Schlachtbank geführt werden. Zur Größenordnung: In Österreich werden jährlich rund 500.000 Rinder geschlachtet. Habermann: „Wird wirklich das gesamte Kontingent ausgeschöpft, deckt die Importware 20 Prozent des EU-Verbrauchs an Edelteilen ab.“

Damit hätten heimische Bauern ein gravierendes Problem. Denn die Konkurrenz aus Übersee produziert laut Schätzungen um 40 Prozent billiger. Das Futter wird am Weltmarkt gekauft, Gentechnikfreiheit ist keine Thema, die Tierschutzstandards sind niedriger, die Betriebe größer. Habermann: „In Österreich hat ein Hof im Schnitt 28 Rinder, in Mercosur-Ländern 3.500.“ Letztlich kostet das Steak aus Brasilien im europäischen Großhandel dann etwa halb so viel wie Steaks made in Austria.

Steaks aus Übersee und Brexit bringen Bauern unter Druck

In Österreich haben Höfe im Schnitt keine 30 Rinder. In Brasilien liegt die Größenordnung eher bei 3000 Tieren

Das Mercosur-Abkommen verlangt den Bauern mehr Wettbewerb ab, gleichzeitig werden auf dem Heimmarkt die Tierschutz- und Umweltschutzauflagen nach oben geschraubt, ärgert sich Bauernbund-Präsident Georg Strasser. „Das geht nicht zusammen.“ Er fordert unter anderem verpflichtende Herkunftsangaben für die Gastronomie und Großküchen. Der Kunde soll also zumindest wissen, woher das Fleisch auf seinem Teller kommt.

Auch in Frankreich regt sich Widerstand gegen das Mercosur-Abkommen. Vergangene Woche hat eine Regierungssprecherin „Härtefallregeln“ für Zuckerrübenbauern und Rinderzüchter gefordert. Strasser kann dem wenig abgewinnen. „Damit sind kurzfristige Förderungen gemeint, ich will aber nicht alle zwei Jahre bei der EU um Geld betteln.“ An Kürzungen des Agrarbudgets sei unter diesen Umständen jedenfalls nicht zu denken.

Überproduktionen

Der europäische Rindfleischmarkt ist nämlich auch ganz ohne Mercosur unter Druck. Das Problem ist hausgemacht und heißt Brexit. Großbritannien kann sich nur zu 40 Prozent selbst versorgen und kaufte bisher vor allem in Irland zu (650 Prozent Eigenversorgungsgrad). Strasser: „Wenn Großbritannien irisches durch amerikanisches Rind ersetzt, drückt die irische Ware in den europäischen Markt.“ Und die Übermengen auf den Preis.

Von den 500.000 Rindern, die jedes Jahr in Österreich geschlachtet werden, kommen übrigens 100.000 aus dem angrenzenden Ausland. Vieles davon geht dann letztlich wieder in den Export. „Die Schlachthäuser brauchen einerseits die Auslastung und auch günstigere Ware für die Gastronomie“, sagt Habermann. Polens Rinderzüchter liefern demnach um 15 Prozent günstiger, jene in Tschechien sind fünf bis zehn Prozent billiger.

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