Staatsfirmen: Wer kommt, wer geht, wer bleibt

Staatsfirmen: Wer kommt, wer geht, wer bleibt
In den Aufsichtsräten staatsnaher Großunternehmen tut sich einiges. In der Telekom steht eine überraschende Rückkehr bevor.

In den nächsten Wochen stehen die Hauptversammlungen von Österreichs größten staatsnahen Unternehmen an. Die Aktionärs-Events der Beteiligungsunternehmen der Staatsholding ÖBIB werden garantiert nicht langweilig. Durch die neue Regierung kommt in den Aufsichtsräten viel Personal in Bewegung. Dabei wird es die eine oder andere Überraschung geben.

Es geht um die Flaggschiffe der heimischen Wirtschaft, um die wertvollsten Vermögensteile der Republik: OMV, Telekom Austria, Post, Verbund und Casinos Austria.

Die Koalitionsregierung hat die Staatsunternehmen unter sich aufgeteilt. Die Blauen dominieren ÖBB und den Autobahnbetreiber Asfinag, beide hundertprozentig im Staatsbesitz. Die ÖBIB ressortiert zu ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger. Wobei für den jeweils anderen Regierungspartner auch das eine oder andere Mandat abfällt.

Im Gegensatz zur Bahn, wo Verkehrsminister Norbert Hofer nicht nur die roten Mitglieder, sondern radikal gleich alle Aufsichtsräte austauschte, geht die Garde von ÖVP-Chef Sebastian Kurz zurückhaltender vor. Auch gegenüber Aufsichtsräten aus den Reihen der SPÖ und der Sozialpartner. Öffentlicher Wirbel wie bei der Umfärbung der ÖBB soll tunlichst vermieden werden.

Telekom Austria

An der Gerüchtebörse kursiert, dass Aufsichtsrats-Chef Wolfgang Ruttenstorfer dem Gremium schon auf der Sitzung kommende Woche seinen Rücktritt ankündigen wird. Das Klima zwischen Finanzministerium und Ruttenstorfer war in den vergangenen Jahren nicht sonderlich freundlich. Der Ex-SPÖ-Politiker und ehemalige Spitzenmanager (OMV-Chef) kann besser mit den mexikanischen Mehrheitseigentümern América Móvil. Laut Syndikatsvertrag mit den Mexikanern hat aber die Republik (28,4 Prozent) das Recht auf den Aufsichtsratsvorsitz.

Seine Nachfolgerin als Vorsitzende kennt die Telekom in- und auswendig. Kolportiert wird die ÖVP-nahe Spitzen-Juristin Edith Hlawati. Die Partnerin der Großkanzlei CHSH ist eine der besten Wirtschaftsanwältinnen des Landes und steht dem Post-Aufsichtsrat vor.

Hlawati war von 2001 bis 2013 Vize-Aufsichtsratsvorsitzende der Telekom, dann verließ sie das Unternehmen. Sie gilt als absolut loyal und hatte das Vertrauen des Finanzministeriums. Dass CHSH zur selben Zeit für die Telekom tätig war, sorgte allerdings für Kritik. Die Honorare summierten sich auf mehr als 8,8 Millionen Euro. Aktienrechtlich freilich war alles in Ordnung.

Inzwischen arbeitet die Kanzlei nicht mehr für die Telekom, das soll auch so bleiben. Das Know-how der toughen Juristin ist äußerst hilfreich, etwa wenn der Syndikatsvertrag zwischen América Móvil und der ÖBIB ausläuft. Das Finanzministerium dazu: „Gerüchte kommentieren wir nicht.“

Die mexikanischen Machos, die bis dato keine einzige Frau in den Aufsichtsrat entsandten, haben sich gebessert. Sie werden bei der HV am 30. Mai zwei Frauen in das Gremium bestellen.

Verbund

Der mehrheitlich staatliche Stromkonzern ist noch nicht in die ÖBIB integriert, übersiedelte aber vom Wirtschafts- ins Finanzministerium. Am 23. April wird im Austria Center nur ein Aufsichtsrat ausgetauscht. EVN-Chef Stefan Szyszkowitz ersetzt Vorgänger Peter Layr.

Beobachter hatten erwartet, dass Werner Muhm, ehemals AK-Direktor, wirtschaftspolitischer Berater von Werner Faymann und der Gott-sei-bei-uns konservativer Wirtschaftskreise, aus dem Aufsichtsrat abberufen würde. Doch Muhm, der wie der gesamte Aufsichtsrat bis 2020 bestellt ist, bleibt. Ein freundliches Signal der ÖVP an die Gewerkschaft.

Harald Kaszanits wird überraschenderweise auch nicht abberufen. Der ehemalige Kabinettschef und Vertraute von Ex-Wirtschaftsminister und Kurz-Vorgänger Reinhold Mitterlehner ging zurück in die Wirtschaftskammer. Auf seine Erfahrung will man im Aufsichtsrat nicht verzichten. Dasselbe gilt für Aufsichtsrats-Chef Gerhard Roiss, der ebenfalls bleibt. Mitterlehner hatte Roiss nach dessen Demontage als OMV-Boss an die Verbund-Spitze gehievt.

Unmittelbar nach der Hauptversammlung startet die Ausschreibung für den Vorstand. Die Gerüchte, dass Wolfgang Anzengruber verlängert wird, verstärken sich. Könnte sein, dass er nur für drei Jahre bestellt wird und dann an einen Jüngeren übergibt.

OMV

Beim Öl- und Gaskonzern wird sich diesmal bei den Kapitalvertretern der Republik nichts ändern. Auch Helmut Draxler (Ex-ÖBB- und RHI-Chef) und die ehemalige Notenbankerin Gertrude Tumpel-Gugerell, beide der SPÖ nahestehend, werden nicht abberufen. Die Miteigentümer aus Abu Dhabi werden Vertreter auswechseln.

Mittelfristig sollte der Aufsichtsrat jedoch grundlegend erneuert werden, meinen Insider. Staatsholding und Finanzministerium müssen jedoch äußerst umsichtig agieren, der Konzern ist das größte Unternehmen an der Wiener Börse. Sobald die Börse im Spiel ist, wird’s für die Politik heikel.

Im Betriebsrat der OMV (31,5 Prozent Staatsanteil) gab es wie berichtet ein mittleres Erdbeben. Konzernbetriebsratschef Wolfgang Baumann verlor die Wahl und legte seinen Aufsichtsratsjob schon zurück. Neu vertreten sind die Betriebsrätinnen Christine Asperger und Angela Schorna.

Post

Bei den mehrheitlich staatlichen Postfüchsen laufen drei Mandate aus, das ÖBIB-Nominierungskomitee hat unter Lögers Vorsitz die Nachfolger schon namhaft gemacht. Erich Hampel, Ex-Chef der Bank Austria (SPÖ), die ÖVP-nahe Chefin des Versicherungskonzerns VIG, Elisabeth Stadler, und der Red-Bull-Manager Markus Pichler gehen ab. Neu kommen EVN-Szyszkowitz, die Anwältin Huberta Gheneff (war für das BZÖ im ORF-Stiftungsrat und Anwältin der Familie von Jörg Haider) sowie Jochen Danninger. Der ehemalige Bürochef von Michael Spindelegger und ÖVP-Kurzzeit-Staatssekretär im Finanzministerium (wer erinnert sich?) leitet heute ecoplus, die NÖ-Wirtschaftsagentur.

Casinos Austria

Beim heimischen Glücksspielkonzern mit 33-prozentiger Staatsbeteiligung ist alles möglich. Der größte Aktionär (34 Prozent), die tschechische Sazka-Group, will die Mehrheit erreichen und legte sich dabei mit der Republik an. Der neue Casinos-Chef Alexander Labak hat viel Porzellan zerschlagen, es ist noch nicht klar, ob er seinen Job behalten wird.

Jetzt wurden Sazka-Vorstand Stephan Dlouhy und der für die Beteiligungen zuständige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, beauftragt, die Eckpunkte der weiteren Zusammenarbeit auszuverhandeln. Milliardär Karel Komarek, dessen Investmentgruppe 75 Prozent an der Sazka hält, war zuvor nach Wien gekommen und hatte Löger versichert, man werde nicht gegen den Willen der Republik vorgehen.

Gut möglich, dass die Grazer Wechselseitige die Casinos-Anteile ihrer Bankentochter Schelhammer & Schattera langfristig behält und nicht wie vereinbart an die Tschechen verkauft. Dann hätte der Bund die von Finanzminister Löger gewünschte österreichische Lösung.

In den nächsten Wochen entscheidet Sazka über einen Börsegang in London, um die weitere Expansion zu finanzieren. Wenn ja, wäre auch eine Notierung in Wien möglich.

ÖBIB

Die Staatsholding selbst wird aufgewertet und wieder in eine AG rückgewandelt, wie der KURIER als erstes Medium berichtete. Als Vorstand ist nach wie vor Thomas Schmid im Gespräch. Er ist im Finanzministerium der Experte in Sachen Beteiligungen. Ob ihm ein externer Manager als zweiter Vorstand zur Seite gestellt wird, ist noch nicht geklärt. Die Umsetzung ist für Herbst/Anfang 2019 geplant. Die ÖBIB-Chefs sollen wieder, so wie in der alten ÖIAG, als Aufsichtsräte direkt in die Unternehmen gehen.

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