Staaten retten Banken retten Staaten...

Staaten retten Banken retten Staaten...
Erst haben die Staaten die Banken gerettet. Nun ist es umgekehrt. Möglich macht das billiges Geld der Europäischen Zentralbank.

Verkehrte Finanzwelt: Nachdem Staaten im Zuge der Finanzkrise Banken gerettet haben, findet das Spiel nun in umgekehrter Reihenfolge statt. Dabei stehen viele Geldinstitute selbst mit dem Rücken zur Wand. Was paradox klingt, wird durch Geldspritzen der Europäischen Zentralbank (EZB) in beispielloser Höhe möglich.

"Wir haben eine schwere Kreditkrise verhindert", sagte EZB-Chef Mario Draghi auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizer Ski- und Kurort Davos, wo sich einmal im Jahr die internationale Machtelite trifft. Draghis Worte beziehen sich auf eine Radikalmaßnahme aus dem Dezember: Damals hatte die EZB den Geschäftsbanken der Eurozone in Form von Krediten über den ungewöhnlich langen Zeitraum von drei Jahren eine Geldspritze von fast 500 Mrd. Euro gesetzt - und das nach aktuellem Stand zum Mini-Zins von 1,0 Prozent. Obwohl offiziell nicht beabsichtigt, lädt die Notenbank damit zu einem lukrativen Geschäft ein.

Anleihemarkt entspannt sich

Banken der Eurozone können die günstigen Kredite nutzen, um staatliche Schuldverschreibungen zu kaufen, die deutlich höher verzinst sind. Was sie auch in großem Stil tun: Die Lage am Anleihenmarkt hat sich seit Jahresbeginn deutlich entspannt, und die gefürchteten Refinanzierungsprobleme der Krisenländer sind bisher ausgeblieben. Vergangene Woche konnte sich sogar Irland am Kapitalmarkt mit frischem Geld eindecken – und das obwohl das Land unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft war und bei den Investoren bis vor Kurzen als abgemeldet galt. Vor allem inländische Banken haben bei der Auktion zugeschlagen, wie Daten des größten irischen Brokers Davy zeigen.

Auch in den großen Euro-Krisenländern Italien und Spanien stellen derzeit vor allem die heimischen Geldinstitute die Refinanzierung sicher, indem sie sich mit Schuldverschreibungen ihrer Staaten eindecken. Davon gehen zumindest etliche Experten aus. "Die Peripherieländer profitieren von der enormen Liquiditätsflut der EZB, insbesondere da das Risiko bei kurzlaufenden Anleihen abgesichert ist", sagt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Erholung an den europäischen Staatsanleihenmärkten dürfte somit zunächst anhalten.

Vorgang umstritten

Doch der Vorgang ist umstritten: Mit den Banken streichen ausgerechnet Vertreter eben der Branche nahezu risikolose Gewinne ein, die vor rund drei Jahren mit ihren riskanten Geschäften die gesamte Weltwirtschaft an den Abgrund führte. Warum gibt die EZB das Geld nicht direkt den Krisenländern? Sie darf es nicht: Der Notenbank ist direkte Staatsfinanzierung untersagt, deshalb können die Mittel, wenn überhaupt, nur über Umwege fließen.

Doch auch die nachhaltige Wirkung der Notfallmaßnahme wird angezweifelt. "Die EZB-Aktionen haben Zeit gekauft, doch nun muss gehandelt werden", sagte Weltbankchef Robert Zoellick in Davos. Ohnehin stellt sich angesichts der kritischen Lage im Bankensektor der Eurozone die Frage, inwieweit ein kranker Patient dem anderen bei der Heilung helfen kann.

Etliche Geldhäuser haben nach wie vor eine unzureichende Kapitalausstattung. Das gilt gerade für die Institute aus den Euro-Krisenländern. Doch gerade auf sie müssen sich die Staaten verlassen, wenn sie über Anleihen frisches Geld am Kapitalmarkt aufnehmen wollen. Kann das längerfristig überhaupt gutgehen?

Auf jeden Fall wird die EZB den Banken im Euroraum Ende Februar erneut unbegrenzt Geld zu unschlagbar günstigen Konditionen anbieten. Wie die "Financial Times" berichtete, könnte die Nachfrage nach Zentralbankgeld mit dreijähriger Laufzeit etwa doppelt so hoch ausfallen wie im Dezember. Die Notenbank würde demnach fast eine Billion Euro verteilen.

Das könnte reichen, um die Banken vorerst auf der Käuferseite des Anleihe- und Geldmarkts zu halten. "Sollte sich die Lage weiter verschärfen, dann wäre die EZB bereit, auch einen dritten und vierten Tender mit einer Laufzeit von drei Jahren durchzuführen", glaubt Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup.

Kommentare