Sparefroh Lettland auf Erfolgskurs

Sparefroh Lettland auf Erfolgskurs
Durch harte Sparmaßnahmen hat sich der Baltenstaat nach der schweren Wirtschaftskrise wieder aufgerappelt.

Unglaublich beeindruckend" sei die Leistung des mittleren Baltenstaats gewesen. Denn anstatt sich für einen sanften Sparkurs in "homöopathischen Dosen" zu entscheiden, sparte Lettland "hart und schnell". IWF-Chefin Christine Lagarde, in Tagen wie diesen selten für überschwängliches Lob bekannt, schmiss Anfang Juni mit Superlativen um sich, als sie Lettland besuchte. Die Ex-Sowjetrepublik könne leuchtendes Beispiel abgeben – ohne Griechenland ausdrücklich zu erwähnen.

Tatsächlich hat Lettland, das sonst nur mit skurrilen Streitigkeiten über die wahre Herkunft des Weihnachtsbaums Schlagzeilen macht, ein Monstersparprogramm hinter sich. Das von einem außergewöhnlichen Boom der frühen Nullerjahre verwöhnte Land wurde in den Krisenjahren 2008 bis 2010 am härtesten getroffen und stand kurz vor dem Staatsbankrott. Die Arbeitslosigkeit verdreifachte sich, die Wirtschaft brach um 17% ein. 2008 erhielt Lettland von IWF und EU die Zusage über einen Kredit von 7,5 Milliarden Euro in Tranchen. Im Gegenzug versprach das Land einen harten Sparkurs.

"Der große Boom war den Menschen selbst nicht mehr geheuer", sagt Petra Friedl, die als Teil eines Architektenbüros seit 2003 an der Planung der Konzerthalle Liepaja an der Ostsee engagiert ist. Sie hat die Aufs und Abs hautnah miterlebt. "Bis 2008 war überall Highlife. Als dann die Sparmaßnahmen griffen, war das dramatisch und in der gesamten Gesellschaft zu spüren. Riga war zum Beispiel am Abend ganz dunkel, kein Licht mehr in den Geschäftsflächen."

Harte Maßnahmen

Sparefroh Lettland auf Erfolgskurs

2009 trat Valdis Dombrovskis vom l­iberal-konservativen Wahlbündnis "Einigkeit" als Premier an – mit dem Versprechen, eisern zu sparen. Nach einei nhalb Jahren wurde der Finanzexperte mit außergewöhnlichem Zahlengedächtnis vom Parlament bestätigt. Damit wussten alle, was auf sie weiterhin zukommt: Zwischen 2009 und 2011 verschrieb sich das Land Sparmaßnahmen in Höhe von 17% des BIP. Die Einschnitte für die Bevölkerung waren hart: Krankenhäuser und Schulen wurden geschlossen, das Parlament stutzte die Staatsausgaben um zehn Prozent zusammen, manche Beamte erhielten nur mehr die Hälfte ihres Lohns. Die Pensionen wurden zeitweise gekürzt, die Mehrwertsteuer erhöht. Steuerermäßigungen auf Medikamente, Elektrizität und Heizung gehörten ab nun der Vergangenheit an. Das waren Maßnahmen, die gerade die ärmeren Schichten trafen, doch um das Ziel eines Beitritts in die Eurozone im Jahr 2014 zu schaffen, musste nach Ansicht der Regierung schnell reagiert werden.

Der unerbittliche Sparkurs ging nicht spurlos an den Menschen vorüber. Lettland litt in den Krisenjahren noch mehr unter der beschleunigten Auswanderung seiner Landsleute, die im Ausland ihr Glück suchten. Die Arbeitslosigkeit explodierte, vor allem wieder bei den Jungen. Die Regierung steuerte mit Wohngeld, Mindestlohn und Programmen für Langzeitarbeitslose gegen.

"Die Menschen sahen das als Notwendigkeit und als Frage der Solidarität an. Sie waren ernüchtert, aber nicht verzweifelt", sagt Petra Friedl.

Aufwärts

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Das Rezept ging offenbar auf: Heute schnurrt der "Baltische Tiger" wieder. Lettland hatte 2011 mit 5,4 Prozent wieder das größte Wirtschaftswachstum der Europäischen Union. Laut der Eurostat-Frühjahrsprognose wird diese Zahl zwar nicht dauerhaft halten, aber auch nicht einbrechen. Die Industrie legte wieder zu, der Export stieg um ein Drittel. Auch die Arbeitslosigkeit geht wieder zurück.

Das sieht auch Petra Friedl so, deren Konzerthallen-Planung nach der Krise nun auch ein gutes Ende findet: "Die Menschen sind wieder optimistischer, gehen mehr aus. Sie spüren den Aufwärtstrend."

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