Was ist mit nachhaltigen Investments gemeint?
Eine einheitliche Definition gibt es (noch) nicht. Viele Fondsgesellschaften folgen dem Best-in-Class-Ansatz: Sie investieren nur in jene Unternehmen jeder Branche, die bei ökologischen und sozialen Kriterien bestgereiht sind. Andere Ansätze schließen Fossilenergie- oder bedenkliche Investments dezidiert aus. Dazu zählen Aktien und Anleihen von Unternehmen, die Kohle, geächtete Waffen (Streubomben) und Atomenergie handeln, Glücksspiel oder Pornografie betreiben, sowie Staaten, die Menschenrechte verletzen.
Wer legt fest, was als nachhaltig zählt?
Die EU arbeitet seit Jahren an einem Katalog. Diese Verordnung („Taxonomie“) soll ab 2022 gelten. Ein Kompromiss ist schwierig, weil in Ländern wie Polen, Tschechien und Frankreich Kohle und Atomstrom eine große Rolle spielen. Im Dezember 2019 haben sich Unterhändler von EU-Parlament und Mitgliedstaaten geeinigt, dass fossile Festbrennstoffe generell ausgeschlossen sind. Bei Gas und Atomstrom wird erst noch bewertet, ob sie „signifikant umweltschädlich“ sind.
Wie sieht der Markt für nachhaltige Geldanlage in Österreich aus?
Laut jüngsten Schätzungen waren Ende 2019 knapp 28 Milliarden Euro nachhaltig veranlagt. Der Großteil entfällt nicht auf Privatanleger, sondern auf institutionelle Investoren. Wegen der starken Nachfrage stellt die Raiffeisen-Fonds-Gesellschaft RCM schrittweise all ihre Fonds auf Nachhaltigkeit um. Bis wann, bleibt vorerst noch offen. „Die Dynamik hat uns überrascht, das hätten wir uns vor drei Jahren nicht gedacht“, sagte RCM-Chef Rainer Schnabl.
Muss man mit nachhaltigen Investments auf Gewinne verzichten?
Das hatte früher Gültigkeit, als es noch wenige Anlagemöglichkeiten für nachhaltig orientierte Investoren gab. Mittlerweile stimme es nicht mehr, sagt RCM-Geschäftsführer Dieter Aigner. Die Performance der hauseigenen Nachhaltigkeitsfonds habe im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre 8,5 Prozent pro Jahr betragen.
Warum investieren so wenige Österreicher in Aktien oder Fonds?
Österreich ist ein Land der Sparbuch-Besitzer. Weil dort jedoch wegen der Nullzinsen die Kaufkraft des Ersparten schwindet, sei das Interesse an Wertpapieren „sprunghaft gestiegen“, konstatiert Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV). Er verweist auf eine aktuelle Umfrage von Meinungsforscher Peter Hajek. Vor drei Jahren zeigten nur 11 Prozent der Nicht-Besitzer Interesse an Wertpapieren. Jetzt sind es 25 Prozent.
Woran scheitert es?
Laut der Umfrage kennen sich 77 Prozent der Österreicher „weniger“ oder „gar nicht gut“ bei Börse-Veranlagungen aus. Die IV wünscht sich mehr Finanzbildung an den Schulen und für Erwachsene. Österreich solle ab 2023 mit Abfragen zum Finanzwissen am internationalen PISA-Bildungstest teilnehmen.
Was tut die Politik?
Einige Vorhaben der türkis-grünen Regierung bewerten die IV und das Aktienforum sehr positiv. Dazu zählen der Abbau von Bürokratie bei Börsengängen und die geplante Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen in der Printausgabe der Wiener Zeitung. Diese koste allein die im ATX notierten Firmen pro Jahr 1,5 Mio. Euro, sagt Ottel.
Wie sieht es mit steuerlichen Anreizen aus?
Die Kapitalmarktvertreter begrüßen die geplante Wiedereinführung der (2012 abgeschafften) Spekulationsfrist: Wer Aktien länger hält als eine bestimmte Zeit, muss keine Kapitalertragssteuer zahlen. Wie lange diese Behaltefrist ausfällt, ist noch offen. Diskutiert werden ein bis drei Jahre.
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