Spannendes Rennen um die Industrie-Spitze
Der Verein ist eine der einflussreichsten Lobbying-Organisationen des Landes. Für die Interessen ihrer 4.400 freiwilligen Mitglieder nimmt sich die Industriellenvereinigung (IV) kein Blatt vor den Mund. Bei Interna dagegen sind die Herren nach außen hin äußerst schweigsam. Diskretion hat Tradition, ganz besonders bei personellen Diskussionen.
2020 läuft die Amtszeit von IV-Präsident Georg Kapsch aus. Demnächst wird eine Kommission aus Vertretern der Landesorganisationen mit der Suche nach Kandidaten beginnen. Genauer gesagt, nach dem einen Kandidaten. Denn eine Kampfabstimmung gab’s am Wiener Schwarzenbergplatz noch nie. Der Präsident wird vom 120 Mitglieder großen Vorstand gewählt und sucht sich dann seine drei Vize aus.
Zwar ist die Wahl erst für Juni 2020 angepeilt, doch hinter den Kulissen bringen einflussreiche Kreise schon jetzt ihre Wunschkandidaten in Stellung.
Generationenwechsel?
Die Wahl wird spannend wie schon lange nicht mehr. Für Österreichs Industrie stellen sich diesmal grundsätzliche Fragen.
Soll, wie bei Regierung und Sozialpartnern , die junge Generation an die Spitze?
Soll der Präsident wie Kapsch ein Unternehmer sein oder ein Manager? Zweiteres ist eher die Ausnahme, einer der wenigen Angestellten war Veit Sorger.
Und wie wäre es endlich mit einer Frau? Das Präsidium ist ein reiner Herrenklub. Im Direktorium sind Frauen stark in der Minderheit und unter den 16 Ehrenmitgliedern des konservativen Vereins findet sich ebenfalls keine einzige Frau.
Aus der Deckung wagte sich erst der Chef der Vorarlberger IV, der Technologie-Unternehmer Martin Ohneberg. Der 48-Jährige steht für die neue Generation und hat als ehemaliger Vorsitzender der Jungen Industrie Erfahrung als Interessensvertreter. Aus der Zeit in der Nachwuchsorganisation kennt er Bundeskanzler Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ganz gut. Kein Zufall, dass Ohneberg kommenden Dienstag als Vize-Präsident in den Aufsichtsrat des mehrheitlich staatlichen Stromkonzerns Verbund einziehen wird.
Gute Beziehungen zur Regierung schaden nicht, andererseits betont die IV immer ihre Unabhängigkeit.
Als Unternehmer ist der ehemalige Leistungssportler, der familiär zwischen Wien und Dornbirn pendelt, erfolgreicher Selfmademan.
Kritik gibt es allerdings an seiner Freundschaft zum Investor Michael Tojner, der derzeit keinen guten Lauf hat. Tojner hält als Finanzbeteiligung 45 Prozent an Ohnebergs Henn Industrial Group (300 Mitarbeiter, 100 Umsatzmillionen). Ohneberg, einst Finanzvorstand bei den Soravias, hat wiederum eine 15-Prozent-Option auf Tojners Aluflexpack in Kroatien. Mit den umstrittenen Projekten Tojners hat Ohneberg jedoch nichts zu tun.
Als Gegenkandidaten bringen die Oberösterreicher, die größte Landesorganisation, Noch-Voestalpine-Chef Wolfgang Eder ins Spiel. Er wechselt im Juli in den Aufsichtsrat des Stahlkonzerns. Der 66-Jährige soll sich noch nicht konkret geäußert haben. Er ist „nur“ ein Manager, doch für ihn spricht seine Erfolgsbilanz. Eder wird von Sorger sowie von KTM-Chef Stefan Pierer favorisiert.
Druck für Eder macht auch der Geschäftsführer der OÖ-Fraktion, Joachim Haindl-Grutsch. Er gilt als sehr ehrgeizig und soll auf den Job von Generalsekretär Christoph Neumayer spitzen. Ein Oberösterreicher als Präsident und als Generalsekretär wäre den meisten Mitgliedern aber zu viel. Kommentar eines namhaften Industriellen: „Man kann alles übertreiben.“
Als Kompromiss wird Siemens-Boss Wolfgang Hesoun genannt. Doch bei aller Distanz der IV von der Politik, ein SPÖ-naher Bundes-Chef ist wenig realistisch. Man erinnere sich an die Aufregung, als Hesoun Chef in Wien wurde.
Endlich eine Frau?
Hier kommt erstmals eine Frau ins Spiel. Die Chefin des Familienkonzerns Salzburger Aluminum (SAG), Karin Exner-Wöhrer, wurde von einflussreichen Industrie-Kollegen bereits gefragt. SAG beschäftigt weltweit 1200 Mitarbeiter bei 350 Umsatzmillionen.
Exner-Wöhrer könnte an der IV-Herausforderung durchaus interessiert sein. Die Mutter von zwei Kindern in Alter von 11 und 12 Jahren gilt als leistungsstarke Unternehmerin, ist industriepolitisch beschlagen, repräsentativ und sitzt im Aufsichtsrat der Telekom.
Chancen werden auch dem niederösterreichischen IV-Chef Thomas Salzer (Papier) sowie dem Steirer Georg Knill attestiert. Er leitet die Knill Gruppe (Energie- und Technologie) gemeinsam mit seinem Bruder Christian Knill, dem Arbeitgeber-Vertreter bei den Metallerlohnverhandlungen.
Altpräsident Peter Mitterbauer (Miba) wird nachgesagt, er würde gerne Sohn Franz-Peter Mitterbauer im Präsidium sehen. Doch der Junior, 43, wird noch für zu wenig erfahren befunden.
Eine Entlohnung für den durchaus zeitaufwendigen Präsidenten-Job gibt es übrigens nicht. Die IV stellt nur Büro, Auto und Fahrer zur Verfügung.
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