Spanien kommt wieder in Fahrt

Allein die Kreuzfahrtschiffe brachten im Vorjahr mehr als 2,6 Millionen Touristen.
Der Touristenrekord freut nicht alle. Die Wirtschaft wächst auch dank der Industrie.

Die Probleme der Katalanen hätte manch österreichischer Tourismus-Manager auch gern. Barcelona ist bei den Touristen so beliebt, dass es den Stadtbewohnern schon zu viel wird. Auch der Bürgermeisterin.

Ada Colau hat eines ihrer Wahlversprechen wahrgemacht und beschlossen, dass ab sofort im Stadtzentrum keine neuen Hotels mehr gebaut werden dürfen. Die mehr als 70.000 offiziellen Gästebetten in der 1,6-Millionen-Stadt reichen, findet sie. Schließlich machen neben den Übernachtungsgästen noch jährlich 2,6 Millionen Touristen von mehr als 750 Kreuzfahrtschiffen in Barcelona Halt. Ganz ohne Übernachtung und mit überschaubaren Tagesausgaben, wie Einheimische monieren.

Weg vom Ballermann

Das Tourismusland Spanien boomt – auch dank der Krisen in einst beliebten Destinationen wie der Türkei, Tunesien oder Ägypten. Im Vorjahr kamen mit 75 Millionen Touristen um zehn Prozent mehr Gäste als noch ein Jahr zuvor. Die meisten zog es nach Katalonien (17 Millionen), gefolgt von den Balearen (12,9 Millionen). Angesichts der guten Geschäftsaussichten wird nun auch wieder kräftig in die Hotelanlagen investiert, beobachtet Michael Spalek, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Madrid. Das ist vielerorts auch nötig, da die Hotelanlagen noch aus den 1970er Jahren stammen. Gleichzeitig wollen sich viele Destinationen selbst ein Upgrade verpassen – so wie Mallorca, das sich endgültig vom Ballermann-Image verabschieden will. "Wir haben so viele Gäste, dass wir wählerisch sein können. Touristen, die sich eine Woche lang betrinken wollen, brauchen wir nicht", ließ Palmas Bürgermeister José Hila ausrichten.

Während viele Touristen mit reichlich Alkohol abgefüllt durch die Gassen torkeln, droht die Insel gegen Ende der Saison zu vertrocknen. Große Tankschiffe karren dann Trinkwasser an. Vergangenen Sommer hat Mallorca sogar eine neue Öko-Steuer eingeführt, was von Hoteliers heftig kritisiert wurde, den Touristenstrom aber nicht abebben ließ.

Wirtschaft wächst

Spanien ist aber auch abseits der Touristenströme gut unterwegs. "Seit 2015 ist die Wirtschaft jedes Jahr um 3,2 Prozent gewachsen und heuer wird erneut ein Plus von mehr als drei Prozent erwartet", erläutert Spalek. Für die Erfolgsbilanz war nicht nur der Tourismus verantwortlich – er trägt kontinuierlich zehn Prozent zum BIP bei. Auch die Industrie fährt die Produktion hoch. Aktuell liefert sie 15 Prozent zum BIP zu. Geht es nach den Plänen der Regierung, sollen es bald 20 Prozent sein. Schon jetzt ist Spanien nach Deutschland der zweitwichtigste Autobauer Europas.

Arbeitslosigkeit sinkt

Auch der Jobmarkt erholt sich. Lag die Arbeitslosenrate 2012 noch bei 26 Prozent, so ist sie auf aktuell knapp 18 Prozent gesunken. Klingt gut, ist es nicht für jeden.

So liegen die Einstiegsgehälter von Jungakademikern zwischen 12.000 und 18.000 Euro im Jahr und fallen damit nur etwa halb so hoch aus wie in Deutschland oder Österreich, meint Spalek. In den Krisenjahren haben daher viele ihr Glück im Ausland versucht, etwa in Großbritannien. Wie viele nach dem Brexit zurückkehren müssen, bleibt abzuwarten. Die Spanier und die Briten sind eng vernetzt; viele Briten wollen ihren Ruhestand in Spanien verbringen.

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