"Körberlgeld" mit (zu) hohen Verzugszinsen

"Körberlgeld" mit (zu) hohen Verzugszinsen
Sozialversicherung: Selbstständige stöhnen unter Strafzinsen von 7,88 Prozent. Halbierung erst 2017.

Niedrigzinsphase? Von wegen. Während auf dem Sparkonto die Zinsen nur noch unter dem Mikroskop wahrnehmbar sind, betreibt die öffentliche Hand nach wie vor Hochzinspolitik. Vor allem wenn es darum geht, Unternehmen zur Kasse zu bitten. Selbstständigen, die ihre Sozialversicherungsbeiträge nicht fristgerecht einzahlen, werden Verzugszinsen in Höhe von 7,88 Prozent aufgebrummt.

"Ich sehe schon ein, dass es Verzugszinsen geben muss, aber diese Höhe ist schlicht Wucher", macht ein betroffener Jungunternehmer seinem Ärger gegenüber dem KURIER Luft. Wie viele andere Start-ups auch, würde er ja zahlen wollen, könne dies wegen der verspäteten Abrechnung von Aufträgen aber nicht immer fristgerecht.

Negativzins

Seit einer Gesetzesänderung 2011 verrechnet die Sozialversicherung den Säumigen den Basiszinssatz der Nationalbank zuzüglich acht (!) Prozentpunkten. Weil dieser Basiszinssatz aber schon längere Zeit negativ ist (– 0,12 Prozent), erfolgte heuer eine Absenkung auf 7,88 Prozent.

Begründet wird der hohe Strafaufschlag einerseits mit der abschreckenden Wirkung auf notorische Zuspät-Zahler, andererseits mit dem zusätzlichen Sachaufwand. Laut Urteil des Verfassungsgerichtshofs sollen Verzugszinsen auch verhindern, dass Unternehmen durch die Nichtzahlung von SV-Beiträgen einen günstigen Kredit erlangen.

Kostenbelastung

Gerade Klein- und Kleinstunternehmen leiden aber unter der zusätzlichen Kostenbelastung. Jungunternehmern versetzen hohe Nachforderungen der Krankenkassen mitunter sogar den Todesstoß.

Unter dem Titel "finanzielle Entlastung der Wirtschaft" wurde daher heuer im Mai eine Halbierung der Verzugszinsen von acht auf vier Prozent (plus Basiszinssatz) beschlossen. Die Absenkung tritt jedoch nicht wie ursprünglich geplant 2016, sondern erst 2017 in Kraft.

42 Millionen

Die Sozialversicherung möchte nicht so rasch auf das Körberlgeld verzichten. Denn die Halbierung beschert allein 2017 Einnahmenausfälle in Höhe von 42,1 Millionen Euro. Aufgschlüsselt heißt das: Die Pensionsversicherung verliert rund 26 Millionen Euro. In der Kranken- und Unfallversicherung betragen die Ausfälle 13,3 Millionen Euro und in der Arbeitslosenversicherung 2,8 Millionen Euro, geht aus dem Gesetzesbegleittext hervor. Bei der gewerblichen Sozialversicherung (SVA), die stets für eine Absenkung plädierte, spielt man den Ball zurück an die Politik. Wann ein Gesetz in Kraft trete, sei nicht Sache der Versicherung.

Für Herbert Rohrmair-Lewis, den Vorsitzenden der Jungen Wirtschaft, handelt es sich bei der verschleppten Herabsetzung um eine "weitere Einnahmequelle zulasten der Selbstständigen". Um zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, müsse man Jungunternehmen fördern und ihnen nicht zusätzliche Hürden in den Weg stellen.

Mehr Kulanz

Die Grünen plädieren dafür, bei Unternehmen in Gründung oder Ein-Personen-Unternehmen kulanter zu sein. "Man könnte bei Verzugszinsen auch die bisherige Zahlungsmoral berücksichtigen", schlägt Volker Plass von der Grünen Wirtschaft eine Art "Stammkundenprinzip" vor. Auch die Dauer des Zahlungsverzuges sollte eine Rolle spielen. So müssten kleinere Verzögerungen in banalen Fällen wie "Ich hab vergessen ..." oder "ich war auf Urlaub" nicht gleich erbarmungslos sanktioniert werden. "Dies könnte man in der Administration problemlos automatisieren", so Plass.

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