Smart City steht vor dem Durchbruch

Digitale Steuerung der Verkehrsströme ist nur eine Facette der "Stadt von morgen"
Fortschritte in der Technologie wecken immer mehr Nachfrage bei Bewohnern und Touristen.

Urbanisierung ist einer der größten globalen Trends. 2050 werden weltweit 70 Prozent der Bevölkerung in Städten leben, in Österreich sind es jetzt schon 66 Prozent. Die steigende Urbanisierung stellt höhere Anforderungen an reibungslose Prozesse, und viele von diesen Prozessen hängen mit einem Bezahlvorgang zusammen, sagt Mastercard Austria-Geschäftsführer Gerald Gruber.

Im öffentlichen Verkehr sei das Ziel, einfache Bezahlmöglichkeiten zu schaffen. In London gibt es seit drei Jahren ein Vorzeigeprojekt. Fahrgäste können in den öffentlichen Verkehrsmitteln mit Bezahlkarten kontaktlos an Terminals zahlen, bei mehreren Fahrten errechnet das System automatisch den günstigsten Tarif und verrechnet ihn.

Ein anderes Feld ist die Datenanalyse. Aufgrund anonymer Bezahldaten wird erkannt, wie Menschenströme fließen, aus welchen Ländern Touristen kommen und an welchen Stellen sie wie viel ausgeben. "Hier sind für Städte viele Erkenntnisse zu gewinnen", sagt Gruber.

Die Umsetzung von Smart Cities stehe kurz vor dem Durchbruch, glaubt Mischa Dohler, Professor am Londonder King’s College. Fortschritte in der Technologie würden für mehr Nachfrage bei den Einwohnern und Touristen sorgen. Auch würden Städte die Bedeutung von Big Data zunehmend erkennen und diese besser nutzen.

Einsatzmöglichkeiten gebe es für Städte viele. In Stadtentwicklungszonen könne man die Wege der Menschen besser nachvollziehen und darauf reagieren, etwa mehr Infrastruktur, von öffentliche Verkehrsmittel bis hin zu Theatern, schaffen.

Datenfriedhof

"Man muss aber für jeden Euro, den man in das Sammeln von Daten steckt, einen weiteren Euro für deren Verarbeitung aufwenden", sagt Dohler. Andernfalls würde man rasch vor einem riesigen Datenfriedhof sitzen. Weitere Anwendungsbereiche sei Straßenbeleuchtung, die mit Big Data besser gesteuert und bis zu 30 Prozent Stromverbrauch einsparen könnte. Im Abfallmanagement könnten Sensoren eingesetzt werden, die erst wenn der Mistkübel voll ist, ein Signal an die Müllabfuhr senden und so für mehr Effizienz sorgen. Auch Luftverschmutzung könnte besser überwacht und leichter darauf reagiert werden.

Durch Realtime-Wiedergabe, die die neuen und leistungsstärkeren Mobilfunknetze 5G möglich machen, würden sich noch mehr Möglichkeiten ergeben, sagt Sapan Shah, Vizepräsident des Bereichs Strategie und Partnerschaften bei Mastercard. Etwa könnten Menschenmassen, wie zur Rushhour oder bei Events, verhindert oder reduziert werden. Man könne sogar in Realtime beobachten, ob sich der Brexit durch ein sinkendes Pfund positiv auf die Shoppingdestination London auswirke oder ob dieser für weniger Jobs und Einkommen und damit für Kaufzurückhaltung sorge.

Universalkarte

Neue Technologie ändere aber nicht automatisch das Verhalten der Menschen. Daher müsse man Anwendungsfälle schaffen, um sie dazu zu bringen. Etwa die Möglichkeit an Tankstellen mit einem QR-Code am Handy zu bezahlen, um nicht im Shop in der Schlange stehen zu müssen. Deshalb sei Mastercard ständig auf der Suche nach Partnern und das nicht nur im Einzelhandel. In Zukunft sollen E-Card, Führerschein und Bankomatkarte zu einer Karte zusammengeführt werden, um mit dieser praktisch alle Transaktionen tätigen zu können.

Wegen Datenschutzproblemen macht sich Dohler keine Sorgen. Im Mai soll eine strenge Datenschutzrichtlinie der EU kommen, die die Einhaltung der Regeln sehr genau kontrollieren und Missbrauch drakonisch bestrafen soll. Bis zu vier Prozent des Umsatzes kann eine Strafe ausmachen, Unternehmen würden sich darauf nicht einlassen, glaubt Dohler.

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