"Wir sind kein zweites Zypern"

Franc Arhar, slowenischer Bankenverband Chef, am 24.04.2013 in Wien
Sloweniens Bankenverbands-Chef France Arhar im KURIER-Gespräch über Auswege aus der Bankenkrise.

Seit dem Ausbruch der Zypern-Krise ist auch das Zwei- Millionen-Einwohner-Land Slowenien ins Gerede gekommen. Es könnte der nächste Kandidat für Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds werden, lauten die Befürchtungen an den Finanzmärkten. Denn die großen Banken des Landes, allesamt in staatlichen Händen, sind ohne Kapitalzuschuss nicht lebensfähig. Der KURIER sprach mit France Arhar, Chef des slowenischen Bankenverbands, über den „Krisenfall Slowenien“.

KURIER: Wird Slowenien so wie kürzlich Zypern bald in Brüssel um Finanzhilfe anklopfen müssen?

France Arhar: Fast alle haben begonnen, solche Vergleiche zu ziehen. Diese hinken aber: Slowenien hat im Vergleich zu vielen Euroländern eine relativ geringe Staatsverschuldung und die Bilanzsumme der Banken beträgt nur 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Zypern waren die Banken sieben Mal so groß wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes.

Heißt das, Slowenien kann die Krise ohne Hilfe von außen meistern?

Wir brauchen dafür auf jeden Fall Geld vom Kapitalmarkt und ein Sparprogramm. Denn wegen der Rezession der Wirtschaft ist das Budgetdefizit auf fünf Prozent gestiegen. Bis 9. Mai muss die Regierung in Brüssel ein Programm zur Budgetkonsolidierung vorlegen. Es wird wohl höhere Steuern beinhalten. Ich würde aber auch eine Privatisierung der Banken begrüßen. So ein Sparprogramm muss die Finanzmärkte überzeugen und das Vertrauen zurückbringen. Das heißt: Die Situation kann man beherrschen. Alles hängt jetzt allerdings am Budget. Wir sind kein zweites Zypern.

Wie viel Kapital brauchen die Banken?

Ich schätze, dass sie ungefähr eine Milliarde Euro und vier Milliarden an Garantien benötigen. Die größten Banken werden ihre faulen Kredite in eine Bad Bank auslagern müssen. Die Diagnose ist klar, jetzt muss die Regierung rasch handeln. Denn bisher wurde schon genug diskutiert. Man muss den Kunden und dem Markt zeigen, dass die Sanierung ernst gemeint und seriös ist.

Wie konnte es dazu kommen, dass die Großbanken nahezu pleite sind?

Nach dem EU-Beitritt Sloweniens im Jahr 2004 wurden wir von ausländischem Kapital praktisch überschüttet. Es gab viel Liquidität in den Banken, die Zinsen sanken. Viele Manager von Firmen haben Kredite aufgenommen, um sich bei den Firmen einzukaufen. Die Firmen wurden den Banken als Sicherheiten gegeben. Allein 2007 wuchsen die Kredite um 42 Prozent. Mit der Krise 2008 kam es massenhaft zu Firmenpleiten, die Manager konnten die Kredite nicht mehr zurückzahlen. Die Großbanken haben zwei Drittel ihrer Ausleihungen an Firmen vergeben. Das ist nun das Problem.

Hat da nicht der Staat als Bankeigentümer große Fehler gemacht?

Grundsätzlich kann auch ein staatlicher Eigentümer erfolgreich sein. Dafür müssen aber zwei Bedingungen gegeben sein: Es müssen Profis ins Management gesetzt werden und sie müssen ethisch-moralisch korrekt sein. Dass das geht, sieht man bei der Tochter der Kärntner Hypo in Slowenien: Das alte Management wurde ausgetauscht, jetzt floriert die Bank.

Ist eine Privatisierung von Banken im aktuellen Marktumfeld überhaupt möglich?

Ich weiß, dass es Interessenten für die Großbanken gibt. Die kommen allerdings von außerhalb der EU. In Slowenien ist die Angst vor ausländischem Kapital, vor allem außereuropäisches, groß. Da werden schlechte Erinnerungen an die alten kommunistischen Zeiten wieder wach.

In Slowenien sind Politik und Wirtschaft eng verzahnt. Nicht nur die Banken, auch wichtige Unternehmen – Telekom, Öl, Versicherungen – sind in Staatshand. Was das bewirken kann, wurde zuletzt bei der seit Jahren Verlust schreibenden nationalen Adria Airways offenkundig: Sie hat lange Zeit Politikern, Managern aus Staatsbetrieben und Banken Tickets zum Nulltarif verkauft. Jetzt kümmert sich die Korruptionsbehörde um den Fall.

Um zu Geld für die Bankensanierung zu kommen und das Budgetdefizit zu drücken, hat die slowenische Mitte-links-Regierung Mitte vergangener Woche ihre Vorstellungen präsentiert: Privatisierungen – unter anderem jene der Adria Airways – und Steuererhöhungen sollen Geld in die marode Staatskasse spülen. Details gibt es vorerst noch nicht.

Als mögliche Varianten gelten eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 20 Prozent und die Einführung einer Krisensteuer. Auch eine Immobiliensteuer ist in Diskussion. Sparen will die Regierung in der öffentlichen Verwaltung. Die Zahl der Beamten soll jährlich um ein Prozent gesenkt werden. Auch eine lineare Kürzung der Beamtengehälter ist in Überlegung.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Bekämpfung der Schwarzarbeit. Mehr Einnahmen erhofft sich die Regierung weiters von der Änderung der Krankenversicherungsbeiträge und im Pensionssystem. Für überschuldete Unternehmen soll „eine Systemlösung“ gefunden werden.

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