Auch bei den 1.500 österreichischen Betrieben mit Schweiz-Niederlassungen gäbe es durchwegs positive Rückmeldungen, berichtet Patrick Sagmeister, Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Zürich, dem KURIER. Die Bereiche Pharma, Medizintechnik, Verkehrs- und Energieinfrastruktur liefen derzeit gut, die Metall-, Uhren- und chemische Industrie würden eher schwächeln.
Zartes Wachstum
Nach einem Mini-Wachstum im Vorjahr wächst die Wirtschaft auch heuer nur geringfügig, aber sie wächst immerhin. Die Arbeitslosigkeit stieg zuletzt auf ein durchschnittliches Niveau, liegt jedoch deutlich unter den Österreich-Werten. Solide Daten, wäre da nicht US-Präsident Trump mit seinem Zollchaos, der die offene Volkswirtschaft schwer beutelt. „Die Schweiz hat Anfang 2024 sämtliche Industriezölle aufgehoben, weil sie für einen globalen Handel eintritt. Insofern betreffen die aktuellen Handels- und Wirtschaftskonflikte das Land überdurchschnittlich“, weiß Sagmeister.
Teuerung 0,0 Prozent
Auf die Verbraucherpreise hat das durchaus positive Auswirkungen. Während in Österreich die Inflation wieder auf 3,1 Prozent anstieg, rutschte sie beim Nachbarn im April auf die Nulllinie und damit auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Jahren. Ohne Mieten, die auch in der Schweiz steigen, wäre der Index ins Negative gesunken. Die Jahresprognosen sehen eine Teuerung von 0,3 Prozent vor.
Einige Ökonomen rechnen mit einer Deflation schon in den nächsten Monaten. Hauptgrund dafür ist der gestiegene Frankenkurs, der die Importe vergünstigt. „Nachdem in der Schweiz der Großteil der Konsumgüter importiert wird, führt die Franken-Aufwertung zu einer relativen Preissenkung der Importware“, bestätigt Sagmeister.
Der Schweizer Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) ist nur bedingt mit dem Verbraucherpreisindex (VPI) in Österreich vergleichbar. Auffällig ist, dass die Preise für Beherbergung und Gastronomie im April zurückgingen, während sie in Österreich stiegen. Einen Grund dafür konnte das Statistikamt auf Nachfrage nicht nennen. Grundsätzlich ist der Tourismus im Schweizer Warenkorb weniger stark gewichtet als in Österreich.
Die jüngste Kursrallye des Franken wird zum Dilemma für die stark exportorientierte Wirtschaft. Der Kurs der Schweizer Währung hob wegen Trumps Zollpolitik gegenüber allen wichtigen Währungen regelrecht ab. Gegenüber dem US-Dollar erreichte der Franken vor Kurzem ein 10-Jahres-Hoch.
Negativzins möglich
Um den Kurs wieder zu drücken, damit die Exportwirtschaft zu entlasten und die Deflation zu verhindern, steht die Schweizer Notenbank (SNB) unter Zugzwang. Ökonomen gehen fix davon aus, dass sie bei ihrer nächsten Zinssitzung im Juni den Leitzins von 0,25 auf 0,0 Prozent senken wird. Analysten der US-Bank Goldman Sachs brachten zuletzt sogar eine Rückkehr zum Negativzins ins Spiel.
Bereits 2022 hatte die Schweiz Negativzinsen mit 0,75 Prozent. Laut Daniel Kalt, Chefökonom bei der UBS, werde die Notenbank aber „sparsam“ an den Devisenmärkten intervenieren, um von den USA nicht als Währungsmanipulatorin gebrandmarkt zu werden. Der US-Präsident warf der SNB schon einmal vor, politische Entscheidungen zu treffen.
Österreichs Exporte in die Schweiz werden wiederum billiger. Der starke Preisanstieg in der heimischen Produktion mache den Währungsvorteil zum Großteil aber wieder wett, meint Sagmeister.
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