Der Gewinn des gesamten Jahres (bereits rund 20 Prozent) ist weggeschmolzen. Beim deutschen DAX ist der Verlust ähnlich hoch (allerdings sind hier die Dividenden eingerechnet, ohne diese würde das Bild schlechter aussehen), ebenso wie beim Eurostoxx 50, der die Kurse der 50 Euro-Unternehmen abbildet, sind es minus 5 Prozent. Mit Austriacard, Rosenbauer und Flughafen Wien verloren nun einige kleinere Werte am stärksten, die vor dem Wochenende noch vom schlimmsten verschont worden waren. Die Papiere gaben jeweils zwischen 8,6 und 13 Prozent ab. Die schwer gewichteten Bankaktien Erste Group und RBI gaben mit Verlusten von rund sechs Prozent stärker nach als der Gesamtmarkt. Schwächere Wachstumsaussichten bei niedrigeren Zinsen hatten schon in den Vortagen auf den Finanzwerten gelastet.
2. Ist der Ausverkauf berechtigt?
Jein. Natürlich beeinträchtigt die Zollpolitik die Weltwirtschaft und somit auch die Gewinne der Unternehmen. Institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Fondsanbieter haben oft rechtliche Vorgaben zu erfüllen, sprich sie müssen gewisse Werte beim Veranlagen einhalten. Daher sind sie zum Verkauf gezwungen und verschlimmern damit die Lage noch.
Für Einzelanleger stellt sich allerdings die Frage, ob es sinnvoll ist, panikartig Aktien über Bord zu werfen. Das ist auch insofern eine individuelle Entscheidung, weil sie vom Kaufzeitpunkt abhängig ist. Wer schon lange in einem Titel investiert ist und Kasse machen möchte, kann dies tun. Allerdings sind derzeit die Alternativen rar, er müsste seine freien Mittel also (zumindest kurzfristig) am Geldmarkt (Cash oder Anleihen) parken. Auch zu bedenken ist, dass die Kurse in den vergangenen Monaten teils stark auf Rekordwerte gestiegen sind, teilweise deutlich über ihre fairen Bewertungen hinaus, sprich sie waren schon zu teuer.
3. Was ist mit Gold?
Gold hat in den vergangenen Wochen einen Rekord nach dem anderen erzielt und hat vor kurzem die 3.000-Dollar-Marke geknackt. Am Freitag sowie am Montag gab es hingegen jeweils einen leichten Verlust. In den vergangenen 5 Tagen waren es insgesamt rund 2,5 Prozent. Auch andere Rohstoffe wie Erdgas oder Rohöl verlieren weiterhin deutlich. Der Preis für ein Fass der Sorte Brent fiel auf den tiefsten Stand seit 2021. Die Händler gehen davon aus, dass mit einer schwächeren Weltwirtschaft auch die Nachfrage sinken wird. Die Kurse von Staatsanleihen hingegen konnten wegen des Zulaufs an Anlegern deutlich zulegen.
4. Wie geht es an den Börsen weiter?
Laut Analysten des Investmenthauses Amundi dürfte der Trend in den kommenden Wochen anhalten, sofern bei den Verhandlungen keine nennenswerten Fortschritte erzielt werden und ein neues Handelsabkommen Gestalt annimmt. Auch die Marktvolatilität dürfte in den nächsten Wochen hoch bleiben. Bei den Währungen dürfte der US-Dollar, wie wir bereits erwartet haben, unter Druck bleiben, während der Yen im Falle einer starken Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds eher als sicherer Hafen fungiert. Generell werden Staatsanleihen und Gold empfohlen, obwohl letzteres schon sehr teuer ist. Wenn Aktien, dann eher jene aus Europa oder Schwellenländern. Die Fondsgesellschaft Pictet etwa sieht in den Schwellenländern mehr Chancen als in den Industrieländern. "Wir sind zwar in Aktien, Anleihen und Cash neutral positioniert, aber in Schwellenländeranleihen und -aktien, einschließlich chinesischer Aktien, übergewichtet." Generell wird vor allem von den großen Techkonzernen an der Wall Street eher abgeraten. Sie hatten auch in jüngster Zeit die höchsten Verluste zu verzeichnen.
5. Was ist mit der Inflation?
In den USA steigt laut JP Morgan das Risiko einer Stagflation – also einer Stagnation der Wirtschaft bei gleichzeitig steigender Inflation. Da die USA Waren kaum ähnlich kostengünstig wie in Asien produzieren können, dürften die Preise für Sneaker, Kleidung oder Elektronik-Zubehör zum Leidwesen der amerikanischen Verbraucher stark anziehen. Obendrein köännte die restriktiviere Einwanderungspolitik die Situation noch verschärfen. Für Europa und Österreich könnte der Effekt ein anderer sein. Hier ist die Konsumstimmung ohnehin nicht so gut wie in den USA. Durch die höheren Zölle und damit steigenden Preise sowie dem Verkaufsdruck der Hersteller angesichts weniger Abnehmer in Übersee könnte die Nachfrage sinken, was die Inflation unterm Strich sogar drücken könnte. Beim Wifo rechnet man für Österreich mit einem um 1,1 Prozent niedrigeren Preisniveau. Allerdings seien die Preiseffekte schwer vorherzusagen.
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