Schlichtungsstelle: Rasche Hilfe für Konsumenten

Schlichtungsstelle: Rasche Hilfe für Konsumenten
Im Mai startet eine neue, unabhängige Schlichtungsstelle für Konsumenten.

Der aufgeschwatzte Fremdwährungskredit entpuppt sich als Finanzdesaster, der neue Kühlschrank vermag nicht zu kühlen, die Airline weigert sich, den nicht durchgeführten Flug zu ersetzen: Konsumenten stoßen beim Kampf um ihr Recht schnell auf Widerstände. Der Gang zu Gericht ist aber mit hohen Kosten verbunden, die oft in keinem Verhältnis zum entstanden Schaden stehen.

Um Fälle wie diese kümmert sich ab 15. Mai eine neue, außergerichtliche Streitschlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte. Hintergrund ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie, die ab 2015 alle Mitgliedsstaaten zu solchen Verbraucherschlichtungsstellen verpflichtet. Österreich startet als Erstes und dient damit als Testland für die EU.

Die vom Konsumentenschutzministerium eingerichtete Streitschlichtung soll bestehende Service-Stellen wie Internet-Ombudsmann, Verein für Konsumenteninformation (VKI) oder Volksanwaltschaft ergänzen. Sie kooperiert weiters eng mit bestehenden Schlichtungsstellen wie etwa bei der Telekom-Regulierung oder E-Control. Leiterin ist die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs (OGH), Irmgard Griss.

Pilotphase

In der Pilotphase bis Jahresende stehen der pensionierten Richterin zwei Juristinnen sowie ein Pool von externen Sachverständigen zur Seite. „In der freien Marktwirtschaft brauchen die Konsumenten im Streitfall Unterstützung, damit sie auf Augenhöhe mit Unternehmen kommunizieren können“, erläutert Griss ein Motiv für die Streitschlichtung. Es gibt noch ein weiteres, profaneres: Die Gerichte sollen entlastet werden, was enorme Einsparungen bringt. „Allein das Handelsgericht Wien hat Tausende Anlegerverfahren“, nennt Griss ein Beispiel. Schon als sie selbst Richterin war, habe sie sich manchmal gewundert, wie rasch Konsumenten vor Gericht ziehen. „Lange Verfahren haben den Konflikt dann oft noch verhärtet.“

Prozedere

Mittels Online-Formular auf verbraucherschlichtung.at können Konsumenten ab 15. Mai kostenlos ihren Streitfall der Schlichtungsstelle melden, auch eine Hotline wird eingerichtet. Danach läuft das Verfahren in drei Schritten ab: Zunächst wird das Unternehmen kontaktiert und um eine Stellungnahme zum Lösungsvorschlag des Konsumenten ersucht. Gelingt das nicht, wird vermittelt. Scheitert auch dieser Versuch, landet der Fall quasi in letzter Instanz am Schreibtisch der „obersten Streitschlichterin“ Griss: „Ich schaue mir alle ungelösten Fälle persönlich an.“ Ziel ist es, alle Fälle binnen 90 Tagen zu erledigen. Erster Schwerpunkt wird der Finanzsektor sein.

Ausgenommen ist der öffentliche Gesundheits- und Bildungsbereich, Wohnungs- und Hausmietverträge sowie grenzüberschreitende Verträge. „ Ziel ist es, eine Anlaufstelle für Konsumenten zu schaffen, die rasch, effizient und kostengünstig arbeitet“, so Griss. Noch etwas ist ihr wichtig: „Es sollte nicht vorkommen, dass jemand das Vertrauen in den Rechtsstaat verliert und deshalb womöglich zum Querulanten wird.“

Kfz-Schlichtung

Wie erfolgreich das Motto „Handschlag statt Richterspruch“ im Kleinen sein kann, beweist die Kfz-Schlichtungsstelle von Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer in Niederösterreich. Insgesamt 444 Streitfälle zwischen Autobesitzern und Auto-Werkstätten konnte die Einrichtung seit 2004 gütlich lösen. Die im Einvernehmen an die Konsumenten rückerstatteten Kosten in Höhe von fast 500.000 Euro reichten von 60 Euro bei einer Reifenreklamation bis zu 18.000 Euro nach einer Rückabwicklung eines Kaufvertrages für einen gebrauchten Geländewagen.

In der Schadenersatz-Schlacht des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) gegen den Finanzberater Swiss Life Select, vormals AWD, geht es heute ans Eingemachte. Am Handelsgericht Wien starten zwei der fünf Sammelklagen-Prozesse des VKI, der insgesamt 2500 mutmaßliche Immofinanz-Anleger mit einem Schadensvolumen in Höhe von 40 Millionen Euro vertritt. Der VKI wirft dem Finanzvertrieb „systematische Fehlberatung“ bei der Vermittlung von Immofinanz-Aktien vor. Die Österreich-Tochter des Schweizer Versicherungskonzern Swiss Life bestreitet die Vorwürfe.

In der Regel loten Richter zu Prozessbeginn nochmals aus, ob nicht doch noch eine Möglichkeit zu einer „gütlichen Einigung“ ohne langwieriges Verfahren besteht.

„Wir gehen davon aus, dass uns der Richter fragen wird, ob es eine Vergleichsbereitschaft gibt“, sagt Swiss Life-Anwalt Gregor Peer von der Kanzlei Kraft & Winternitz zum KURIER. „Unsere Bereitschaft ist unverändert gegeben. Swiss Life wird aber nicht nach der Rasenmäher-Methode, wie es der VKI möchte, für alle Fälle eine Summe X zahlen.“ Denn: Swiss Life besteht darauf, alle Anlegerfälle des VKI nach eigenen Kriterien in bestimmte Pools aufzuteilen und erst dann eine außergerichtliche Einigung zu prüfen. Unter dieser Prämisse sind aber bisher keine Gespräche zustande gekommen, muss Peer zugeben. Indes hat der VKI bereits im Sommer 2012 Swiss Life eine generelle Bereinigung der Anlegerfälle angeboten. „Wir sind nach wie vor bereit, das zu vergleichen, damit den Anlegern schneller geholfen wird, sagt VKI-Jurist Peter Kolba. Doch Swiss Life hat damals ihren Willen für etwaige Verhandlungen an zwei Vor-Bedingungen geknüpft: Der VKI muss den Vorwurf „der systematischen Fehlberatung“ zurücknehmen und auch das Strafverfahren, dass der VKI mit Anzeigen ins Rollen brachte, „müsste eingestellt werden“. Letzteres liegt aber nur in der Hand der Staatsanwaltschaft.

Kommentare