Schlecker: Greißlerladen statt Drogeriemarkt

Schlecker: Greißlerladen statt Drogeriemarkt
Der neue österreichische Eigentümer will mit einem Nahversorger-Konzept alle Filialen fortführen. Insider zeigen sich skeptisch.

Die Insolvenzrichterin in Linz hatte am Dienstag vorsorglich alle Termine abgesagt, um sich auf die erwartete größte Handelspleite seit dem Konsum konzentrieren zu können. Doch das Schlecker-Drama nahm in letzter Sekunde eine überraschende Wende: Der deutsche Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz einigte sich kurz vor Mitternacht mit dem Wiener Investor Rudolf Haberleitner, Chef der Restrukturierungsgesellschaft TAP 09, die bisher niemand auf der Rechnung hatte, auf eine Übernahme aller 1350 Schlecker-Standorte in Österreich, Italien, Polen, Belgien und Luxemburg.

"Geiwitz freut sich über den Verkauf wie ein kleines Kind", verkündete sein Sprecher am Dienstag. Kein Wunder, ist er doch ein Sorgenkind endlich los. "Zum Dumpingpreis", wie ein Insider munkelt.

Am Dienstag wurde der Kaufvertrag offiziell besiegelt, der Preis blieb geheim. Damit ist eine Insolvenz von Schlecker Österreich vom Tisch, 4600 der 5000 Beschäftigten will der neue Eigentümer "eine Weiterbeschäftigung anbieten", wie es in der gemeinsamen Aussendung heißt. Die 3000 in Österreich angestellten Schlecker-Mitarbeiter können vorerst aufatmen. Für sie bedeutet die Übernahme, dass ihre Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Eigentümer übergehen. Die Vermieter der Schlecker-Filialen sind offenbar bereit, die Mieten bis zu sechs Monate auszusetzen.

Nahversorger

Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern, will Sanierer Haberleitner die Schlecker-Filialen zu kleinen Nahversorgern umbauen. Dafür wird das bisherige Sortiment gestrafft und statt dessen "Waren des täglichen Bedarfs" angeboten. Ein neuer Name ist auch schon gefunden: Schlecker soll ab Herbst "daily" heißen. Vorbild für daily sind Greißlerläden, wie sie teilweise am Land existieren bzw. früher existiert haben. Laut Auskunft von Schlecker-Firmenanwalt Klaus Ferdinand Lughofer sollen Milch, Brot, Wurst und Käse künftig ebenso beim Schlecker erhältlich sein wie Elektronik-Geräte oder Kleidungsstücke, die via Online-Shopping bestellt und im Laden abgeholt werden können. Auch Post-Partnerschaften sollen angestrebt werden. "Die Umstellung der Filialen soll sehr rasch passieren, ich rechne, dass es Ende September oder Anfang Oktober soweit sein wird", kündigt Lughofer an. TAP 09-Chef Rudolf Haberleitner gab sich am Dienstag noch wortkarg: "Wir freuen uns über den Zuschlag. Wir haben mit diesen Standorten jetzt eine Basis, auf der wir unser neues Konzept sehr schnell umsetzen können".

Skepsis

Obwohl die Freude über die Rettung von Schlecker am Dienstag überwog, mischten sich erste Zweifel über das Fortführungskonzept. Investor Josef Taus, der ebenfalls um 100 Schlecker-Filialen mitbot, sprach gegenüber dem KURIER von einer "riesigen logistischen Herausforderung", die jemand nur schaffe, "wenn dahinter ein sehr reicher Mann oder ein anderes Handelsunternehmen steht". Über die Geldgeber hinter dem Restrukturierungsfonds TAP 09 herrscht Rätselraten.

Gerüchte, dass bei dem Deal auch die Pfeiffer-Gruppe ("Nah und Frisch") mit an Bord ist, dementierte Firmenchef Georg Pfeiffer umgehend. "Wir haben damit nichts zu tun". Er könne sich auch nicht vorstellen, dass sich das Nahversorgerkonzept rechne. Größere Ortschaften seien schon jetzt "überversorgt".

Rudolf Haberleitner: Restrukturierer mit großen Versprechungen

Der neue "Mr. Schlecker" Rudolf Haberleitner agiert lieber im Hintergrund: Der 67-jährige Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter des auf Restrukturierung ausgerichteten Private-Equity-Fonds TAP 09 ist schon seit Jahrzehnten als Krisen- und Insolvenzberater aktiv – ohne dabei groß in der Öffentlichkeit aufzutreten. Auf der Homepage wirbt der Fonds um reiche Investoren – Mindesteinlage 150.000 Euro – und verspricht dabei Renditen von mehr als 20 Prozent pro Jahr. Der Schlecker-Deal ist der bisher größte Coup des Investors. Wer genau seine Geldgeber sind, denen die Fortführung Insidern zufolge wohl einen dreistelligen Millionenbetrag wert sein muss, bleibt vorerst im Dunkeln. Versprochen hat Haberleitner schon bei früheren Sanierungen viel, nicht immer ging die Sache auch gut aus, nicht selten endeten die Sanierungen, wie etwa beim Kipptore-Erzeuger Lindpointner, in gerichtlichen Auseinandersetzungen. Bei Libro und Palmers kam Haberleitner nicht zum Zug.

Eher unrühmlich kam der begeisterte Golf-Spieler, der in den USA Wirtschaft studierte, 2001 in die Schlagzeilen. Damals wurde bekannt, dass er für die staatliche Gesellschaft für industriepolitische Maßnahmen (GBI) nicht nur im Aufsichtsrat saß, sondern für eine Tagesgage von 30.000 Schilling auch als Berater tätig sein sollte.

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