Schirnhofer schließt Filialen und setzt auf Öko-Fleisch
KURIER: Wie lange betreiben Sie noch Feinkosttheken bei Zielpunkt?
Karl Schirnhofer: Ursprünglich wollten wir die letzten im Frühjahr 2015 übergeben, aber das wird jetzt noch schneller gehen. Zu Spitzenzeiten waren wir in 254 Filialen, jetzt sind es noch 60. Jede Woche übergeben wir acht Filialen an Pfeiffer (Anm: neuer Zielpunkt-Eigentümer). Ende November sind wir als Filialist Geschichte.
Anfang 2013 hatte Schirnhofer angekündigt, als Ausgleich binnen 5 Jahren bis zu 50 eigene Feinkost- und Imbisslokale zu eröffnen. Auch Geschichte?
Wir hatten sechs Standorte, haben die letzten aber vergangenes Wochenende zugesperrt. Das System ist wirtschaftlich gefloppt.
Wie viel hat Sie der Ausflug in die Gastronomie gekostet?
Das will ich jetzt nicht beziffern, sonst bekomme ich Migräne (lacht). Aber wir hatten 900.000 Euro in die Läden investiert ...
Ist dieser Flop mit ein Grund, warum Sie Anfang 2014 nach knapp drei Jahren überraschend wieder das Ruder im Unternehmen übernommen haben und Ex-Geschäftsführer Laschet den Hut genommen hat?
Es hat insgesamt nicht gepasst. Er ist zu weit von meinem Weg abgekommen.
Wie viel Umsatz wird Sie der Rückzug aus dem Filial-Geschäft kosten?
Wir hatten zuletzt 195 Millionen Euro Umsatz, nach dem Wegfall der Zielpunkt-Feinkost und Genusswelten werden es 155 Millionen Euro sein.
Wie viel davon kommt aus dem Export?
Aktuell 15 Prozent, das meiste davon aus Deutschland. Mit den deutschen Massenprodukten können wir natürlich nicht mithalten, aber in Nischen können wir uns gut behaupten. Wir verkaufen in Deutschland nur Gentechnik-freie Produkte mit Clean-Label-Etikette – also ohne Geschmacksverstärker, Farbstoffe, Allergene und Hefen.
Sind Sie noch an der Fabrik in Georgien beteiligt?
Nein, davon habe ich mich 2013 gelöst. Aber wir exportieren noch 120 Tonnen im Monat nach Georgien. Schirnhofer ist in Georgien aber eine bekannte Marke.
Und die Preise?
Aus Ertragssicht darf man nicht in solche Länder gehen, da geht es mehr um die Frage der Auslastung in der Produktion.
Ist Ihre Vertriebskooperation mit Handl Speck im Export noch aufrecht?
Nein, wie immer bei solchen Dingen, ist sie an den Menschen gescheitert. Jetzt treten wir wieder alle als Einzelkämpfer auf.
Wir gehen das Thema offensiv an. Derzeit dreht Global 2000 einen Film für Schulen, der sämtliche Umweltaspekte rund um Fleisch beleuchtet. Wir sind hier Partner. In Zukunft sollten wir weniger, aber dafür hochwertigeres Fleisch essen. Dann will ich, dass die Menschen mein Fleisch kaufen.
Warum sollten sie?
Auch weil ich der erste grüne Fleischverarbeiter Österreichs werde.
Was heißt das genau?
Ab kommendem Jahr wollen wir CO2-neutral produzieren, was wir mit unserem eigenen Biomassekraftwerk realisieren wollen. Derzeit brauchen wir 800.000 Liter Heizöl im Jahr. Unsere Exporte nach Deutschland sind schon jetzt CO2-neutral. Das macht uns sympathisch.
Im Handel zählt doch hauptsächlich der Preis, oder?
Die Einkäufer sind für Qualitäts- und Nachhaltigkeitsthemen immer offener und sensibler. Da ist eine Bewusstseinsänderung im Gange. So wie auch bei den Konsumenten.
Wie viele Bauern haben Sie eigentlich unter Vertrag?
90 Schweinebauern und mehr als 400 Landwirte mit Almochsen. Wir könnten die dreifache Menge von Almochsen verkaufen, aber wir finden nicht genug Bauern, die die Auflagen erfüllen. Viele Bauern haben kleine Betriebe, im Durchschnitt halten sie zehn Ochsen. Wir kommen auf 4000 im Jahr.
Haben Sie noch Probleme mit Trittbrettfahrern in der Gastronomie, die vermeintliches Almochsenfleisch auf der Speisekarte haben?
In Österreich werden 700.000 Rinder im Jahr geschlachtet, davon 20.000 Ochsen. Da muss man nicht lange rechnen, um zu wissen, dass sich das nicht ausgeht.
Können Sie dagegen vorgehen?
Die Marke Almo-Almochsen gehört den Bauern. Sie könnten Trittbrettfahrer anzeigen, aber das ist zu aufwendig. Viele kaufen fünf Kilo Almochsen-Fleisch und verkaufen dann ein Vielfaches unter diesem Label.
Machen Sie sich eigentlich Sorgen um zu wenig Nachschub?
Es gibt häufiger Wetterkapriolen, die zu Ernteausfällen führen, und die Monokultur hat dazu geführt, dass wir jetzt den Maiswurzelbohrer-Schädling haben. Wir müssen ressourcenschonender leben. Wir haben in der Ökogemeinde Kaindorf unter anderem ein Humusaufbauprojekt gestartet.
Worum geht es dabei?
Durch die Intensivbewirtschaftung ist der Humusgehalt der Ackerflächen binnen weniger Jahrzehnte von sechs bis sieben auf zwei bis drei Prozent gefallen. Dadurch sind die Böden erosionsgefährdet und schlechte Wasserspeicher. Allein in Österreich könnten durch den Humusaufbau jährlich 10,5 Millionen Tonnen CO2 gebunden werden, das ist die Hälfte der vom Verkehr verursachten Belastung. In Kaindorf haben wir mit 200 Bauern ein Projekt gestartet, mit dem der Urzustand des Bodens wieder hergestellt werden kann.
Fleischimperium Zur Schirnhofer-Holding gehören die Schirnhofer-Betriebe (Produktion und Schlachthof) und seit 2008 auch die Firmen Aibler, Blasko und Weiss.
Firmeninhaber Karl Schirnhofer hatte 2011 die operative Führung an seinen Mitarbeiter Christian Laschet übergeben. Im Februar 2014 kehrte er überraschend an die Unternehmensspitze zurück. Schirnhofer hat das 1926 gegründete Unternehmen 1992 übernommen und ausgebaut. Er hält heute 89 Prozent der Firmenanteile. Er setzt auf Ökothemen und Transparenz. Jährlich kommen 17.000 Besucher in seine "Gläserne Fabrik" in Kaindorf bei Hartberg. Schirnhofer hat zudem auch eine LED-Firma – sein "Hobby", sagt der 53-Jährige.
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