Dazu wird es nicht mehr kommen. An einem einzigen Tag, dem 8. November, fiel seine mit 32 Mrd. Dollar bewertete Kryptobörse FTX wie ein Kartenhaus zusammen – und jagt seither Schockwellen durch die Kryptowelt. Einige Beobachter sprechen schon von Lehman 2.0. Der Zusammenbruch des Investmenthauses löste 2008 die Finanzkrise aus. Niemand vermag abzuschätzen, welche Kreise die Pleite des drittgrößten Handelsplatzes für unsichtbare Kryptowaren aller Art noch ziehen wird. Es laufen Ermittlungen wegen Veruntreuung von Kundengeldern in Höhe von 10 Mrd. Dollar. Der Firmenchef trat zurück und wird sich bald den Behörden stellen müssen.
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Bankman-Fried, Spross zweier Rechtsprofessoren an der Stanford-Universität, studiert vier Jahre Physik und Mathematik an der US-Elite-Uni MIT. Die Zeit vertreibt er sich vor allem mit Videospielen wie „Starcraft“ oder „League of Legends“. Dabei liebt er es, blitzschnelle Entscheidungen zu treffen. Eine Methode, die er bei Turbo-Transaktionen als Krypto-Trader namens „SBF“ zur Perfektion bringt.
Rasch zu viel Geld und Bewunderung in der Kryptowelt gelangt, gründet er 2019 gemeinsam mit Geldgebern wie Blackrock sein eigenes „Wettcafe“ namens FTX. Nicht nur Private, sondern vor allem große Investmenthäuser und Hedgefonds wickeln ihre Geschäfte über FTX ab oder investieren direkt in die Firma und sorgen damit für einen raketenhaften Aufstieg. „90 Prozent unseres Handelsvolumens stammt von Leuten, die mindestens 100.000 Dollar am Tag handeln“, sagte SBF vor einigen Monaten zum Handelsblatt.
Der Krypto-Guru, wie ihn Bewunderer wegen seines nerdigen Auftretens nennen, lenkt die Geschicke der Börse ohne interne Kontrolle mit ein paar wenigen Vertrauten und schlägt mithilfe seines eigenen Hedgefonds Alameda selbst Profit aus den Kursdifferenzen im Kryptohandel zwischen Asien und den USA (Arbitrage-Geschäfte). Die undurchsichtige Verbindung zwischen FTX und Alameda, die beide im Steuerparadies Bahamas residieren, dürfte auch Auslöser des Crashs gewesen sein. Die Milliarden sind wohl irgendwo auf den Bahamas versickert.
Spott und Häme ergießen sich seither über Bankman-Fried, über den täglich neue unschöne Details zutage treten. So soll er sich auch Elon Musk bei der Twitter-Übernahme angedient haben. Einer freut sich, weil er profitiert: Binance-Boss und Widersacher Changpeng Zhao. Dieser förderte den FTX-Aufstieg massiv und trat kurz vor der Pleite als potenzieller Retter auf die Bühne. Spekuliert wird nun, dass CZ selbst den Untergang beschleunigt hat. „Krypto verschwindet nicht“, twitterte Zhao kürzlich etwas verräterisch. „Bauen wir’s neu auf“.
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