Sam Bankman-Fried: Der Absturz des Krypto-Gurus

Sam Bankman-Fried: Der Absturz des Krypto-Gurus
Der Crash der Kryptobörse FTX zeigt die Abgründe einer unregulierten Zocker-Branche. Ein 30-Jähriger wurde über Nacht vom Helden zum Buhmann.

„Ich habe es vermasselt“. Mit diesem Satz beendete Sam Bankman-Fried eine beispiellose Blitzkarriere, die alle Zutaten für einen Hollywood-Blockbuster hat: Noch nie hat jemand zuvor aus dem Nichts in so kurzer Zeit so viel Vermögen angehäuft – und es in noch kürzerer Zeit wieder verloren. Forbes schätzte das Vermögen des erst 30-jährigen Shootingstars 2021 auf 22 Mrd. Dollar. Damit war er – zumindest auf dem Papier – der zweitreichste Krypto-Unternehmer nach Binance-Gründer Changpeng Zhao.

Noch vor wenigen Wochen zierte das Wunderkind der Kryptowelt die Titelseiten von US-Wirtschaftsmagazinen und war gern gesehener Gast in Talkshows. Der Wuschelkopf mit der sanften Stimme galt als „Guter“ in der für viele suspekten Kryptowelt; als politischer Visionär, der sich vegan ernährt, für den Klimaschutz engagiert und die Demokraten im Präsidentschaftswahlkampf unterstützte; als Robin Hood, der sein Vermögen fast zur Gänze wohltätigen Zwecken spenden möchte. Eine Milliarde Euro sollten allein in diesem Jahr verschenkt werden.

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Dazu wird es nicht mehr kommen. An einem einzigen Tag, dem 8. November, fiel seine mit 32 Mrd. Dollar bewertete Kryptobörse FTX wie ein Kartenhaus zusammen – und jagt seither Schockwellen durch die Kryptowelt. Einige Beobachter sprechen schon von Lehman 2.0. Der Zusammenbruch des Investmenthauses löste 2008 die Finanzkrise aus. Niemand vermag abzuschätzen, welche Kreise die Pleite des drittgrößten Handelsplatzes für unsichtbare Kryptowaren aller Art noch ziehen wird. Es laufen Ermittlungen wegen Veruntreuung von Kundengeldern in Höhe von 10 Mrd. Dollar. Der Firmenchef trat zurück und wird sich bald den Behörden stellen müssen.

Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Bankman-Fried, Spross zweier Rechtsprofessoren an der Stanford-Universität, studiert vier Jahre Physik und Mathematik an der US-Elite-Uni MIT. Die Zeit vertreibt er sich vor allem mit Videospielen wie „Starcraft“ oder „League of Legends“. Dabei liebt er es, blitzschnelle Entscheidungen zu treffen. Eine Methode, die er bei Turbo-Transaktionen als Krypto-Trader namens „SBF“ zur Perfektion bringt.

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Eigenes „Wettcafe“

Rasch zu viel Geld und Bewunderung in der Kryptowelt gelangt, gründet er 2019 gemeinsam mit Geldgebern wie Blackrock sein eigenes „Wettcafe“ namens FTX. Nicht nur Private, sondern vor allem große Investmenthäuser und Hedgefonds wickeln ihre Geschäfte über FTX ab oder investieren direkt in die Firma und sorgen damit für einen raketenhaften Aufstieg. „90 Prozent unseres Handelsvolumens stammt von Leuten, die mindestens 100.000 Dollar am Tag handeln“, sagte SBF vor einigen Monaten zum Handelsblatt.

Der Krypto-Guru, wie ihn Bewunderer wegen seines nerdigen Auftretens nennen, lenkt die Geschicke der Börse ohne interne Kontrolle mit ein paar wenigen Vertrauten und schlägt mithilfe seines eigenen Hedgefonds Alameda selbst Profit aus den Kursdifferenzen im Kryptohandel zwischen Asien und den USA (Arbitrage-Geschäfte). Die undurchsichtige Verbindung zwischen FTX und Alameda, die beide im Steuerparadies Bahamas residieren, dürfte auch Auslöser des Crashs gewesen sein. Die Milliarden sind wohl irgendwo auf den Bahamas versickert.

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Binance-Gründer Changpeng Zhao

Widersacher Zhao

Spott und Häme ergießen sich seither über Bankman-Fried, über den täglich neue unschöne Details zutage treten. So soll er sich auch Elon Musk bei der Twitter-Übernahme angedient haben. Einer freut sich, weil er profitiert: Binance-Boss und Widersacher Changpeng Zhao. Dieser förderte den FTX-Aufstieg massiv und trat kurz vor der Pleite als potenzieller Retter auf die Bühne. Spekuliert wird nun, dass CZ selbst den Untergang beschleunigt hat. „Krypto verschwindet nicht“, twitterte Zhao kürzlich etwas verräterisch. „Bauen wir’s neu auf“.

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