Rohstoffe: Spekulanten werden ausgehungert

Rohstoffe: Spekulanten werden ausgehungert
Mehr als ein Zehntel der Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln entfällt auf Zockerei. Dem soll ein Riegel vorgeschoben werden.

Nahezu eine Milliarde Menschen sind weltweit unterernährt. Vor dem Hintergrund der seit Monaten steigenden Nahrungsmittelpreise droht die Zahl der Hungernden weiter anzuwachsen. Jüngst verteuerten sich in Indien beispielsweise die Obst- und Gemüsepreise innerhalb kürzester Zeit um mehr als zehn Prozent.

Auch angesichts der Angst, dass der Hunger die Menschen auf die Straße treibt, - der Arabische Frühling nahm bei Demonstrationen gegen überhöhte Nahrungsmittelpreise seinen Anfang -, versuchen die politischen Eliten nun gegenzusteuern.

Ein Sündenbock scheint bereits gefunden: Der (Rohstoff-)Spekulant - hier soll der Hebel angesetzt werden. Laut Studie der UN-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) entfielen 2008 rund zehn Prozent der Preissteigerungen bei Weizen auf Spekulation. Bei Öl waren es 25 Prozent. UNCTAD-Chefvolkswirt Heiner Flassbeck sieht diese Werte für 2011 "sehr viel höher", ohne konkrete Zahlen zu nennen.

Die EU-Kommission präsentierte in der Vorwoche ein Regelwerk, das Zocker in die Schranken weisen soll. Jenseits des Atlantiks legte die US-Börsenaufsicht einen Entwurf vor, der den Handel mit Getreide, Öl und Metallen regulieren soll. Am G-20-Gipfel Anfang November wird dieses Thema ebenfalls auf der Agenda stehen.

Doch ist das der richtige Ansatz? Eugen Weinberg, Rohstoff-Analyst bei der Commerzbank, steht dem US-Entwurf "positiv" gegenüber. Der Einfluss von wenigen großen Marktteilnehmern wie Banken oder Investmentfonds würde so eingeschränkt und die Transparenz am Markt erhöht werden. Die Hoffnung des Gesetzgebers sei, die Preisschwankungen an den Rohstoffmärkten möglichst zu nivellieren.

Doch den bösen, preistreibenden Spekulanten per se gebe es nicht, sagt Weinberg. Momentan seien "die Zocker" beispielsweise überzeugt, dass die Weizenpreise fallen werden. Sie setzen also auch darauf. "Nimmt man die Spekulanten aus dem System raus, würden die Preise steigen", erläutert der Experte.

Verbot

Die Arbeiterkammer sieht das ganz anders. Sie plädiert für ein Berufsverbot für Spekulanten. Sie sollen durch Händlerkategorisierung und Positionslimits von den Rohstoffbörsen ausgeschlossen werden. Nur wer Kakao wirklich kaufen und verkaufen will, solle damit handeln dürfen.

Selbst Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, hinterfragte zuletzt - der Kritik einer Studie der Verbraucherorganisation Foodwatch Folge leistend - das Rohstoff-Geschäft seines eigenen Institutes.

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