Ritter Sport: Deutsche fahren Schokoladenfabrik in Österreich hoch

Ritter Sport: Deutsche fahren Schokoladenfabrik in Österreich hoch
Vieles läuft vollautomatisch, doch ohne Mitarbeiter geht weiterhin gar nichts. Ein Blick hinter die Kulissen

Oft sind die kleinen Dinge die große Herausforderung. Rosinen zum Beispiel. Wer schon einmal versucht hat, eine solche akkurat in der Mitte durchzuschneiden, kennt das klebrige Problem. Harald Heschl, technischer Leiter der Ritter-Sport-Schokoladen-Fabrik in Breitenbrunn, beschäftigt sich quasi beruflich damit.

Er steht an einer Produktionslinie für Rum-Riegel und sieht zu, wie zwei Mitarbeiter jene Riegel aus der Produktionsstraße ziehen, die beim Durchschneiden der Rosinen verunstaltet wurden. „Rosinen schneiden ist eine der schwierigsten Aufgaben. Manche Firmen lösen diese mit dem Kauf von Ultraschallmessern“, sagt Heschl. Allerdings würde das um die 700.000 Euro kosten und letztlich müssten weiterhin Mitarbeiter am Förderband stehen und kontrollieren, ob alle Schnitte glatt gelaufen sind, referiert der Experte. Doch man hört ihn kaum noch sprechen.

Ritter Sport: Deutsche fahren Schokoladenfabrik in Österreich hoch

Kontrolle, ob es beim Schneiden der Rosinen zu keinen Verunstaltungen der Riegel kam

Denn jetzt geht an einer Verpackungsmaschine ein Alarmsignal los, rotes Warnlicht blinkt an der Anlage. Auslöser ist ein Schokoriegel, der sich am Weg in den Verkaufskarton verkeilt hat. Die Maschine stoppt, ein Mitarbeiter eilt herbei, behebt den Fehler. Und schon läuft wieder alles nach Plan – bis zu 400 Riegeln werden hier zu Spitzenzeiten pro Minute abgepackt.

Mars-Werk gekauft

Auch wenn in der burgenländischen Schokoladefabrik drei Viertel der Arbeit vollautomatisch abläuft, geht ohne die Mitarbeiter letztlich gar nichts. Und viele der aktuell 74 Beschäftigten sind schon länger in der Schokoladenfabrik in Breitenbrunn als Ritter Sport selbst. Bis vor einem Jahr liefen hier Schokoladen für das US-amerikanische Unternehmen Mars (siehe auch Bericht links) vom Band, doch die Eigentümerfamilie hat ihre Fabrik inklusive ihrer Marke Amicelli verkauft. An die deutsche Familie Ritter, die seit 1912 im schwäbischen Waldenbuch ihre quadratischen Schokoladetafeln produziert. Das Werk in Breitenbrunn ist jetzt die erste Auslandsproduktion der Deutschen und sie macht „Österreich im Ritter-Sport-Universum wichtiger“, sagt Österreich-Geschäftsführer Wolfgang Stöhr.

Beauty-Contest

Am Standort werden im Drei-Schicht-Betrieb an fünf Tagen die Woche insgesamt 5.000 Tonnen Schokolade im Jahr produziert. Besonders stolz ist Harald Heschl auf die im Jänner in Betrieb genommene neue Maschine, die die Amicelli-Waffelröllchen nicht nur bäckt und mit Creme füllt, sondern auch gleich schneidet. „Alles in einer Anlage, das hat noch keiner geschafft“, sagt Heschl und führt gleich weiter zum 3-D-Scan, der jedes Röllchen vermisst und alle aus der Produktionslinie wirft, die dem Schönheitsideal nicht zu 100 Prozent entsprechen. Nach dem selben Prinzip werden auch die quadratischen Tafeln kontrolliert, bevor sie ausgeliefert werden. Klingt nach Lebensmittelverschwendung, ist es aber nicht. Zum Teil wird die Ware wieder in die Produktion gemischt.

Vor drei Monaten hat Ritter im Burgenland auch mit der Produktion der veganen Sorten (auf Basis von Mandelmehl) begonnen, die immer mehr Abnehmer finden. Stöhr: „Die Wachstumsraten lagen zuletzt bei 32 Prozent.“

Apropos Zuwächse. Zugenommen haben zuletzt auch die Probleme entlang der Lieferketten. Weniger bei Kakao, den Ritter Sport zum Teil direkt bei Vertragsbauern aus Nicaragua kauft. Sondern bei den Kartonagen und Verpackungsmaterialien, die knapp und damit teuer wurden – unter anderem weil das Geschäft der Versandhändler boomt und diese den Markt für Verpackungsmaterial leer gefegt haben. „Eine Situation, die jetzt in der Vorweihnachtszeit nicht einfacher werden wird“, sagt Stöhr. Was das für die Schokoladepreise im Handel – die demnächst mit den Supermarktketten neu ausgedealt werden – bedeutet, will er nicht kommentieren.

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