Rennen um die Zukunft des Fahrens
Punktgenau einparken, ohne selbst im Auto zu sitzen: Kein Problem. Smartphone gezückt und schon steuert das Fahrzeug scheinbar per Geisterhand gelenkt in nur wenigen Minuten zielsicher in die freie Parklücke. Der bei der Vorführung in Stuttgart noch etwas gruselig wirkende, ferngesteuerte Autopilot soll schon in den nächsten Jahren ungeübten Einparkern das Leben erleichtern.
Hochautomatisiertes Fahren ist für den deutschen Autozulieferer Bosch ein wichtiger Wachstumsmarkt. Bis 2020 will er das völlig selbstständig fahrende Auto zur Serienreife bringen. Der Schlüssel dazu ist die Vernetzung von "alter" Hardware- und neuer Software- bzw. Internet-Technologie.
"Wir kommen zwar aus der Hardware-Welt, aber bereits rund ein Viertel unserer nahezu 43.000 Ingenieure sind Software-Ingenieure, da sind wir schon sehr weit", erläutert Uwe Raschke, Mitglied der Bosch-Geschäftsführung, im Gespräch mit dem KURIER. "Die Connectivity wird alle unsere Geschäftsfelder in unterschiedlicher Intensität beeinflussen. Vom automatisch vernetzten, selbstständig fahrenden Auto über Elektrowerkzeuge wie Rasenroboter bis hin zur vernetzten Produktion."
Digitale Revolution
Wer das Rennen um die "nächste digitale Revolution" macht, ist völlig offen. Mit Internet-Giganten wie Google oder Apple stehen den Deutschen neue, mächtige Konkurrenten gegenüber. "Der sportliche Wettbewerb wird farbenfroher", formuliert es Raschke. Neue Allianzen und Übernahmen sind gefragt, erst kürzlich kaufte Bosch einen jungen Internet-Security-Spezialisten.
Wird Bosch in Zukunft überhaupt noch Ingenieure brauchen? Raschke nickt heftig. "Wir brauchen sie sowohl für exzellente Hardware als auch für die wachsenden Software-Anforderungen." Bei aller Begeisterung für die Technik darf einer nicht vergessen werden: Der immer kritischer werdende Konsument. "Wir müssen uns noch intensiver mit den Verwendern unserer Produkte beschäftigen", sagt Raschke und will mehr gemischte Teams aus Ingenieuren, Ethnologen, Psychologen und etwa Marketingleuten bilden.
Europa-Strategie
Das Rennen werde aber nicht nur zwischen Konzernen ausgetragen, sondern auch zwischen den Regionen, meint der Manager. Europa müsse hier seine Stärke in der Energieeffizienz, Umwelttechnologie und Elektromobilität noch mehr einbringen. "Wir benötigen dringend eine orchestriertere Vorgehensweise in Europa. Um in Schlüsseltechnologien die Weltmarktführerschaft zu erreichen, müssen Unternehmen und Universitäten länderübergreifend agieren. "Wir müssen das systematischer anpacken."
Werk Hallein
Entwarnung gibt Raschke, was die Zukunft des Bosch-Produktionsstandortes in Hallein/Salzburg betrifft. Das Werk mit 950 Mitarbeitern fährt gerade einen rigiden Sparkurs, Mitarbeiter müssen bis 2016 auf vier Prozent ihres Gehalts verzichten. "Wir sehen die Bereitschaft des Standortes, einen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit zu leisten, das macht uns optimistisch, dass wir in Hallein noch lange fertigen werden", sagt Raschke. Hallein sei Spezialwerk für Großdiesel, die Technik habe langfristig eine große Bedeutung am Markt. "Es gibt aus heutiger Sicht keine Überlegungen, dies grundsätzlich zu ändern. Wir fühlen uns in Hallein sehr wohl." Bosch Österreich sei ein stabiler Pfeiler der Unternehmensstrategie. Raschke kann sich auch vorstellen, Forschungskompetenzen immer wieder nach Österreich zu vergeben.
Bosch-Gruppe: 2013 gut in der Spur
Sie konnte im Vorjahr den Umsatz um 3,1 Prozent auf 46,1 Mrd. Euro steigern und das Betriebsergebnis (EBIT) von 2,1 auf 2,8 Mrd. Euro verbessern. Wichtigste Sparte ist die Kfz-Technik (2/3 des Umsatzes), wobei Sensorik und Fahrerassistenzsysteme die Wachstumstreiber sind. Bosch beschäftigt 281.000 Mitarbeiter.
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