Der 84-jährige Ex-Chef der Bank Austria geht immer noch täglich ins Büro und zieht als Multi-Funktionär viele Fäden. Das Bankgeschäft sei früher menschlicher gewesen, sagt er.
Karfreitag, 1990. Frühmorgens läutet bei René Alfons Haiden das Telefon und ein aufgekratzter Bürgermeister Zilk ist am Apparat: "Direktor, waaßt’s schon, dei Bank brennt." Der Großbrand im Hauptgebäude der Zentralsparkasse in Wien-Landstraße wurde gelegt, der Brandstifter bis heute nicht gefunden. "Die Z hamma aber schon am Dienstag nach Ostern wieder aufgesperrt, da hat der Bürgermeister schön gschaut", schildert der Direktor von damals sichtlich stolz den großen Zusammenhalt in "seiner Bank". Die Z, die durch die Fusion mit der Länderbank in die Bank Austria aufging, lässt ihn bis heute nicht los.
Morgen, Donnerstag, feiert der ehemalige Generaldirektor der Bank Austria seinen 84. Geburtstag – und will von Ruhestand noch lange nichts wissen. Obwohl seit 1995 in gut dotierter Banker-Pension, berät er "seine Bank" bei Bedarf nach wie vor im Bereich Exportförderungen. "Wenn ein Mensch 50 Jahre lang ununterbrochen gearbeitet hat, kann man ihn doch nicht einfach wie eine Maschine abstellen."
Konsulent
Was heißt abstellen. Haiden geht nach wie vor täglich in sein Büro am Wiener Fleischmarkt, wo er quasi hauptberuflich als Konsulent oder, wie er es formuliert, "Türöffner" für die Wiener Privatbank tätig ist. Weiters sitzt er in einem halben Dutzend Aufsichts- oder sonstigen Beiräten und nimmt zahlreiche ehrenamtliche Funktionen wahr. Wie viele, weiß er gar nicht so genau: "Früher hatte ich 22 Funktionen, jetzt sind es eh schon viel weniger." Der Vorsitz beim Österreichische Grenzlandverein zählt ebenso dazu wie jener bei der illustren Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technologie (ÖGUT). "Einmal Präsident, immer Präsident", stellt Haiden nüchtern fest, "wichtig ist, dass der Geist arbeitet".
Die Familie bleibt da schon manchmal auf der Strecke, gibt er zu. Haiden hat zwei Söhne, die ebenfalls im Bankgeschäft sind, und vier Enkelkinder im Schulalter: "Meine Frau habe ich vorgewarnt: Ich bin ein Workaholic", schmunzelt er und erzählt, dass sie ihm beim Pensionsantritt 1995 nur einen Termin pro Woche gönnen wollte. "Nun fragt sie mich oft erstaunt: Hast du heute keine Termine?" Hobbys sind da beinahe schon ein Fremdwort: Die vielen Fotos und Filme, die er auf seinen vielen Reisen gemacht habe, könne er auch mit 95 noch ordnen.
Auf seine aktive Zeit als Bankmanager blickt der Sohn eines Werkzeugmachers gerne zurück. Viel persönlicher und menschlicher sei das Bankgeschäft früher gewesen, auch der Humor habe noch Platz gehabt. Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern, die ständig rationalisieren müssen, habe er aber auch noch "super Jahre" gehabt und etwas aufbauen können: "Früher hat man gesagt, oje, aus dem Kaffeehaus ist jetzt eine Bank geworden, heute sagen wir, schau, aus der Bank ist ein Kaffeehaus geworden."
1048 Schilling
Haiden kann sich noch an seine Anfangszeit bei der Zentralsparkasse erinnern, als die Bankangestellten noch Beamte und die Kunden Parteien waren. "Der Oberbeamte ist mit dem Fiaker vorgefahren." Der spätere Bankchef kam 1953 als Werkstudent eher zufällig zur Bank. Auch sein Anfangsgehalt fällt ihm noch ein, es waren 1048 Schilling brutto.
Einmal hat sich aber auch der Banker gründlich verrechnet. Haiden investierte 50.000 Euro in Fonds des US-Milliarden-Betrügers Bernard Madoff. Das Schneeballsystem flog bekanntlich auf, das Geld war futsch.
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