Razzien: Krimi um zu hohe Gaspreise

Dahinter liegt die russische Gazprom-Tochter Neft Trading, die ihren Umsatz in Höhe von 17,3 Mrd. Euro (+19 Prozent) ausschließlich im Ausland erwirtschaftete.
Brüssel vermutet Preisabsprachen der großen Gasversorger und macht Jagd auf Kartellsünder. Die Österreicher zahlen jährlich 300 Euro zu viel.

In einer akkordierten Aktion rückten am Dienstag Brüsseler Ermittlungsbeamte und nationale Wettbewerbshüter aus, um Büros von Erdgas-Unternehmen in zehn EU-Ländern auf den Kopf zu stellen - so auch in Österreich. Die Unternehmen haben womöglich gegen Wettbewerbsrecht verstoßen, lautet der Vorwurf.

Die Razzia ging am Mittwoch weiter, vier Standorte in Wien wurden von rund zwei Dutzend Ermittlern gefilzt, bestätigt Stefan Keznickl von der heimischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). Dokumente (auch in elektronischer Form) wurden sichergestellt.

Marktmissbrauch

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Vor allem die russische Gazprom steht im Fokus der Ermittlungen. Sie soll ihre Marktmacht missbrauchen und den Wettbewerb durch Preisdiktat behindern. Ein Viertel des in Europa verbrauchten Gases stammt aus Russland.

Gazprom schließt Langzeitverträge (über 20 Jahre und mehr) mit nationalen Gasimporteuren wie EconGas in Österreich ab. Die wiederum beliefern regionale Versorger (WienEnergie, EVN etc.). Erst im nächsten Schritt kommt das Gas zu den Haushalten. Die "Knebelverträge", die die Gazprom mit den Zwischenhändlern abgeschlossen hat, stoßen der Branche schon lange auf. Sie bieten zwar ein gewisses Maß an Versorgungssicherheit, erlauben aber wegen der sogenannten Ölpreisbindung kaum flexible Preisgestaltung. Seit zwei, drei Jahren sind auf dem Gasmarkt große, "freie" (Flüssig-)Gasmengen verfügbar - zu günstigeren Preisen. Darauf zurückgreifen können die Gazprom-Kunden aber kaum, da in den Russen-Verträgen auch fixe Abnahme-Mengen festgeschrieben stehen.

Betroffen von den Durchsuchungen am Mittwoch waren Büros der OMV sowie der EconGas, der Gas-Großhandelstochter von OMV und einigen Landesversorgern. "Wir kooperieren selbstverständlich mit den Behörden", sagte OMV-Boss Gerhard Roiss. Auch das Gas-Waren-Handelshaus GWH (eine Tochter des russischen Monopolisten Gazprom) bekam Besuch von den Kartellwächtern. "Seit 10.30 Uhr sind die Beamten bei uns", bestätigte GWH-Geschäftsführer Karl Böck. Das vierte heimische Unternehmen soll die Gashandelsplattform Centrex (auch eine Gazprom-Tochter) sein. Auf KURIER-Anfrage gab man sich dort bedeckt.

Moskau

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Druck gegenüber Moskau aufzubauen, die Langfristverträge der Gazprom aufzuweichen, dürfte das Kalkül hinter der aktuellen Aktion sein. Aber auch heimischen Unternehmen droht Ungemach. "Sie sind nicht nur die frommen Lämmer, sondern haben eventuell auch kräftig beim Marktmissbrauch mitgewirkt", ergänzt Keznickl von der BWB.

Ein EU-Kartellverfahren sieht Strafen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes eines Konzerns vor. Dass Brüssel nicht zimperlich mit Gas-Kartellen umgeht, zeigt die Historie. 2009 wurden die deutsche E.ON und die französische GdF zu einer Strafe von 1,1 Milliarden Euro wegen illegaler Absprachen verdonnert.

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