Raiffeisen-Topmanager: "Sollten nicht Musterschüler spielen"

Klaus Buchleitner, Generaldirektor der Raiffeisen-Holding und Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien, RH NOE, Wien
Raiffeisen-Topmanager Klaus Buchleitner lehnt das neue Bankeninsolvenzrecht ab

KURIER: Sie sind seit acht Monaten Chef der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und Chef der RLB NÖ-Wien. Reden Sie lieber über das Bank- oder über das Beteiligungsgeschäft?

Klaus Buchleitner:
Ich habe da keine speziellen Vorlieben, beide Teile sind für mich gleich wichtig. Die Prioritäten ergeben sich, wenn schon, dann jeweils aus strategischen oder operativen Fragestellungen. Im Übrigen funktionieren beide Unternehmen eng abgestimmt.

Dann beginnen wir mit der Bank. 2011 ist das Ergebnis relativ stark eingebrochen. Wie ist 2012 gelaufen?

Die konkreten Ergebnisse werden wir – als Genossenschaft – wie immer zuerst den Eigentümern im April bekannt geben. Aber operativ haben wir schon einen recht guten Überblick. Das Bankgeschäft ist exzellent gelaufen. Das Kreditwachstum lag bei mehr als sieben Prozent und sowohl die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien als auch die Raiffeisenbanken in Niederösterreich konnten Marktanteile gewinnen.

Vielfach wurde befürchtet, dass es durch die neuen Eigenmittelvorschriften fast automatisch zu einer Kreditklemme kommt. Sieht man bei Ihrem Kreditwachstum die Vorboten einer Konjunkturerholung?

Man sieht hier vor allem die Geschäftspolitik einer Regionalbank, die ihre Kunden auch in schwierigen Zeiten bei ihrem Wachstum begleitet. Eine gravierende Kreditklemme sehe ich auch in Zukunft nicht, wohl aber, dass sich die Anforderungen an die Kreditvergabe hinsichtlich der Bonität der Kunden und ihrer Sicherheiten verschärfen. Das wird je nach Bonität auch zu einer Verteuerung der Kredite führen.

Reden wir da von Verteuerungen im einstelligen oder im zweistelligen Prozentbereich?

Es geht hier vor allem um Geschäftskunden. Und wie gesagt, es wird viel ausdifferenzierter je nach Bonität. Beim künftigen Pricing lege ich mich ungern auf bestimmte Prozentsätze fest.

Es gab Klagen von Gemeinden wie St. Pölten wegen Verlusten aus Euro-Franken-Swapgeschäften. Wie ist der Stand dieser Prozesse?

Das Verfahren mit St. Pölten ist noch anhängig, aber das wird meiner Einschätzung nach ein Gericht zu klären haben. Bis auf solche Einzelfälle haben wir uns verglichen, wir sind da auf einem sehr guten Weg.

Was sagen Sie zum Entwurf des neuen Bankeninsolvenzrechts? Überzogen?

Was vor der Finanzkrise zu wenig Beachtung gefunden hat, dreht jetzt in eine massive Übertreibung. Man sollte hier wesentlich differenzierter vorgehen nach Art, Größe und Tätigkeitsfeld der jeweiligen Bank.

Sie lehnen den Entwurf von Finanzministerin Maria Fekter, der relativ rigorose Eingriffsmöglichkeiten der Finanzaufsicht vorsieht, also rundweg ab?

Ich kann nachvollziehen, dass man bei Großbanken rigoroser vorgeht. Aber für Regionalbanken wie unserer befürchte ich, dass wir wieder nur neue Verwaltungstätigkeiten schaffen und Simulationsrechnungen anstellen, die nichts bringen – schon gar kein zusätzliches Geschäft. Vor allem aber sollte Österreich da nicht vorpreschen und den Musterschüler spielen, sondern lieber auf eine einheitliche EU-Regelung warten. Sonst erlegen wir uns selbst nur Wettbewerbsnachteile auf.

Befürchten Sie, dass es durch die Euro-Rettung zu einer hohen Inflation kommt?

Nein, wir erwarten für 2013 sogar eine Teuerung unter zwei Prozent in Österreich. Aber das Entscheidende ist, dass der Euro trotz aller Bedenken nach wie vor besteht und die konjunkturelle Entwicklung besser ist, als von vielen befürchtet. Auch in den Sorgenländern. Ich teile die Einschätzung eines Experten, wonach 50 Prozent des Weges der Sanierung der Staatsfinanzen in Europa bewältigt wurde.

Zum Beteiligungsreich gefragt: Die EPAMEDIA wurde verkauft. Wie geht es anderen Sorgenkindern wie etwa der NÖM?

Die NÖM ist in Österreich gut unterwegs und schreibt ordentliche Gewinne. Einzig die NÖM UK hat sich seit Jahren nicht so entwickelt, wie geplant.

Braucht die NÖM wegen des Verlustbringers in England eine Kapitalspritze?

Kapital ist nicht der Engpass, wir müssen dort einen ganz strikten Sanierungskurs fahren. 2013 ist sicher das Losjahr für NÖM UK. Was aber dazu klargestellt werden muss ist, dass die NÖM UK nur zu 15 Prozent der NÖM selbst gehört, die restlichen 85 Prozent haben wir in der Raiffeisen-Holding. Generell gilt, Beteiligungen, die ihre Kapitalkosten nicht verdienen, bekommen bei mir größte Aufmerksamkeit.

Wenn die Sanierung nicht gelingt, wird also verkauft? Da sind doch schon mehrere Versuche gescheitert.

Das ist ein Missverständnis. Vor etwa einem Jahr wurde in England ein Partner gesucht, aber ohne Erfolg.

Anderen Beteiligungen geht es vergleichsweise sehr gut, auch an der Börse, etwa der Agrana. Stimmt das Gerücht, dass Ex-Vizekanzler Josef Pröll dort Johann Marihart beerben wird?

Diese Frage stellt sich überhaupt nicht. Der Vertrag von Agrana-Chef Marihart wurde eben erst bis 2018 verlängert.

Sie haben eingestanden, dass die Raiffeisen-Holding nicht am „Gipfel der Rentabilität“ ist. Wie wollen Sie die Strukturen straffen, die Ergebnisse steigern?

Wir haben wenige Verlustbringer. Generell gilt eine stärkere Orientierung auf die gebundenen Kapitalien in den Beteiligungen. Dadurch steigen auch meine Ergebnisanforderungen, ein Beispiel ist der Bereich Erneuerbare Energie bei der Renergie.

Da war schon einmal von Börsenfantasie die Rede ...

Davon sind wir weit entfernt, wir müssen erst die kritische Masse erreichen und in den nächsten 12 bis 18 Monaten eine kapitalschonende Strategie finden. Die Phase des Aufbaus und des Experimentierens ist in unserem Geschäftsfeld Erneuerbare Energien vorbei.

Zur Person: Klaus Buchleitner

Der frühere Chef des Lagerhauskonzerns Raiffeisen Ware Austria, Klaus Buchleitner (48), wurde am 1. Juni 2012 Chef in der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien und in der Raiffeisenholding. Unter ihrem Dach finden sich Unternehmen wie die RLB, Strabag, NÖM, Agrana, Leipnik-Lundenburger, aber auch der KURIER.

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