Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

Wein als Exporthit.
Österreich punktet mit seinen Weinen auch im Ausland. Doch nun soll auch für Billigprodukte geworben werden. Qualitätswinzer wehren sich.

Das ältere Ehepaar aus den USA ist hocherfreut, den Winzer persönlich zu treffen. Willi Bründlmayer schüttelt Hände und führt Small Talk. Die Touristen aus Übersee haben sich im Hotel Sacher in Wien einquartiert. Ihr Besuch beim Weingut Bründlmayer in Langenlois ist nostalgisch motiviert. Sie wollten denselben Wein trinken, den sie vor vielen Jahren bei einer privaten Feier getrunken haben.

„Das ist ein Beleg für die Synergieeffekte des Weinexports“, betont Bründlmayer. Tatsächlich geben Weintouristen in Österreich deutlich mehr aus als der Durchschnittstourist. Wer bereit sei, für eine Flasche Wein tief in die Tasche zu greifen, bei dem sitze der Euro generell locker. Mit österreichischem Wein in guten Lokalen im Ausland vertreten zu sein, habe einen tollen Werbeeffekt. Und das alles ohne zusätzliche Kosten.

 

Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

Wiili Bründlmayer

 

Es mag sein, dass große Anlagenbauer einen Wein-Exportwert von 170 Millionen Euro mit einem Lächeln quittieren, aber die Zuwachsrate kann sich sehen lassen.

Höhere Flaschenpreise

Im langjährigen Schritt steigt der Wert der Weinexporte jährlich um mehr als sechs Prozent. Da können nicht viele Branchen mithalten. Die geringere Exportmenge wurde durch deutlich höhere Flaschenpreise mehr als nur kompensiert.

 

Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

Ein Grund für den Erfolg war die bisherige Strategie der Österreich Weinmarketing (ÖWM). Sprich: Spitzenprodukte gelten als Türöffner für den Markteintritt im Ausland. Mit Durchschnittsware ist man bei Gastronomen, Sommeliers und Weinjournalisten unten durch. Dazu kommt: So billig wie in Südeuropa und Südamerika kann in Österreich nicht produziert werden.

Druck der Billigproduzenten

Ob die erfolgreiche Qualitätsstrategie der Weinmarketing weitergeführt wird, ist offen. Die Produzenten von Massenware haben angeblich Druck gemacht. Sie wollen mehr Marketing für Billigweine, was der Qualitätslinie widerspricht. Deshalb wird Willi Klinger Ende des Jahres als Geschäftsführer aus der Weinmarketing ausscheiden.

Vergangenen Montag wurden fünf Hearings für die Neubesetzung abgehalten. Doch man konnte sich im Vorstand auf keinen Nachfolger einigen. Die Entscheidung wurde daher vertagt. Nur weil es 2018 höhere Erntemenge gegeben habe, sei das noch lange kein Grund, von der Qualitätsstrategie abzugehen, ist Bründlmayer überzeugt. Es habe Jahre gedauert, ein Qualitätsimage aufzubauen. „Davon haben alle profitiert“.

40 Prozent Export

Bründlmayer exportiert bis zu 40 Prozent der Produktion von rund 600.000 Flaschen. Deutschland ist ein wichtiger Markt. „Wachstumsmärkte sind aber eher Skandinavien, United Kingdom und USA“. Die bekannten Lagen werden vor allem an die Gastronomie verkauft. Einen Bründlmayer gibt es aber auch im Lebensmitteleinzelhandel um knapp über zehn Euro.

Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

Die bekannten Lagen wie Käferberg oder Heiligenstein hat der Vater erstanden. „Damals haben die heutigen Spitzenlagen nicht viel gekostet, weil sie schwierig zu bewirtschaften waren und wenig Ertrag brachten“, erzählt Bründlmayer. „Teuer waren lediglich die fetten, ertragreichen Böden in der Ebene“.

Piraten

1981 hat Willi Bründlmayer das Weingut übernommen. Wenige Jahre später gewann er bei der Weinmesse Vinitaly in Italien eine Verkostung der „besten Chardonnays der Welt“. Dabei war er lediglich als Pirat eingeschleust worden. Als Pirat werden Weine bezeichnet, die bei einer Blindverkostung dazugestellt werden, obwohl sie aus einer anderen Region kommen. Ein Chardonnay aus Österreich galt damals als Exot.

Die Weintrinker mögen heute „eher den eleganten, trockenen Stil, während früher fette Weine bevorzugt wurden“, verweist Bründlmayer auf geänderte Geschmäcker. „Die Konsumenten sind mündiger geworden und nützen heute viele Informationsquellen.“

Fast eine „Straftat“

Ebenfalls auf Spitzenweine setzt die Domäne Wachau. Die Strategie der Winzergenossenschaft ergibt sich aus der Geografie. Die Steinterrassen im engen Donautal machen einen hohen Arbeitseinsatz erforderlich.

„Es wäre fast eine Straftat, hier im Preis-Einstiegs-Segment zu arbeiten“, meint der Geschäftsführer der Domäne Wachau, Roman Horvath. Die Umstellung auf eine konsequente Qualitätslinie ist bei einer Genossenschaft mit rund 250 Mitgliedern nicht so einfach. Doch die Überzeugungsarbeit war erfolgreich.

 

Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

Roman Horvath

 

Die Winzergenossenschaft exportiert 40 bis 45 Prozent der jährlichen Produktion von 2,8 bis drei Millionen Flaschen. Aus dem Diskont-Bereich habe man sich mit gutem Grund verabschiedet, erläutert Horvath. „Wir machen vor allem Fachhandel und Gastronomie. Unser größter Exportmarkt sind die Niederlande und nicht mehr wie früher Deutschland. Denn Deutschland ist ein extrem preissensibler Markt. “

Keine Alternative

Der Geschäftsführer der Domäne Wachau sieht wie Bründlmayer keine Alternative zur Qualitätsstrategie beim Weinmarketing: In den vergangenen Jahren „sind sehr viele gute Winzer nachgekommen“.

Der Flaschenhals sei der Vertrieb, so Horvath. Und: „Die ÖVM macht einen sehr guten Job. Ich hätte mich gefreut, wenn Willi Klinger geblieben wäre. Beim Marketing nicht auf Spitzenqualität zu setzen, ist der falsche Ansatz. Ich muss mit Topqualität ins Ausland gehen. Niemand kommt, um Billigqualitäten zu verkosten.“

 

Andere Sorten  als Folge des Klimawandels

Seit 1970 ist es in Österreich durchschnittlich um zwei Grad wärmer geworden. Was das bedeutet, erläutert Herbert Formayer vom Institut für Meteorologie und Klimatologie der Universität für Bodenkultur in Wien an einem Beispiel:  Heute ist es im Weinviertel wärmer als  bis  1970 im Seewinkel im Burgenland, eine der wärmsten Gegenden Österreichs.

Das bedeutet für die Zukunft noch längere Vegetationsphasen und höhere Erträge. Die Anbauflächen können ausgeweitet werden und neue hitzebeständige  Sorten angebaut werden.  Dazu gehören Rotweinsorten wie Aramon, Carignan oder Syrah. Bevorzugt sind in Zukunft höhere Lagen. Die Zahl der Weingärten mit Bewässerung wird steigen.

Charakter verändert sich

Der Klimawandel hat  weitere  Konsequenzen: „Der  spezielle Charakter bestimmter Weine wird wegen des Klimawandels nicht zu halten sein“, ist Formayer überzeugt.    
Also mehr Wucht und weniger Säure. Das würde auch den Charakter des Grünen Veltliners verändern.

Das zuvor sehr kühle Kamptal habe  bisher vom Klimawandel profitiert, erklärt Willi Bründlmayer. Nun habe man ein moderat-kühles Klima. Maximal ein Grad Steigerung bei der Durchschnittstemperatur sei noch ohne einer Veränderung der Charakteristik der Weine drinnen.

Zu wenig und zu viel

Bereits jetzt seien extreme Klimasituationen wie Trockenheit oder  sehr  starke Regenfälle in kurzer Zeit ein Problem,   meint der Winzer. Der Geschäftsführer der Domäne Wachau, Roman Horvath,  glaubt nicht an den Austausch der Sorten. „Wir werden auch in 30 Jahren Grüner Veltliner und Riesling als Hauptweinsorten haben.“

Er verweist auf das Mikroklima der Wachau mit der kühlen Luft aus dem Waldviertel. Man müsse dann eben im Weingarten anders arbeiten. Die Weinrebe  ist laut Horvath  eine sehr anpassungsfähige Pflanze. „2018 war ein superheißer Jahrgang. Trotzdem haben die Weine Säure und Rasse.“

 

 

Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

„Es sind auch neue Märkte dazugekommen“

Die Risikoverteilung bei  den Weinexporten ist ein Thema mit steigender Bedeutung.  Vor allem bei  Exporten in Länder mit einem erhöhten Ausfallsrisiko.  Die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) ist ein Finanz- und Informationsdienstleister mit einem Mandat der Republik. Eigentümer des Exportkreditversicherers sind größere Banken. Helmut Bernkopf ist einer der beiden Vorstände der  Kontrollbank. Winzer wie Willi Bründlmayer sind dort Kunden.

KURIER: Welche Aufgabe hat die Kontrollbank  bei Weinexporten?
Helmut Bernkopf:
Jeder Exporteur vom Großbetrieb bis zu Klein- und Mittelbetrieben   ist uns ein willkommener Kunde. Der Weinexport spielt in dem Segment Klein- und Mittelbetriebe in der Landwirtschaft eine große Rolle. Wir sichern die Risiken im Auslandsgeschäft  ab, sind also eine Art Versicherung für Exporte in  Länder mit politischem und wirtschaftlichem Risiko.  Unsere zweite Aufgabe ist die Finanzierung  von Investitionen für Betriebe mit einer hohen Exportquote, die für   den  Ausbau der Infrastruktur  notwendig sind.   

Welche Voraussetzungen gibt es dafür?
Die Exportquote muss über  20 Prozent sein.  Der Exporteur braucht auch  eine Hausbank. Wir  refinanzieren die Bank und übernehmen die Risiken.

Wie funktioniert das denn in der Praxis?
Wenn ein Betrieb eine  Exportquote von 30 Prozent hat, dann können wir bis zu 30 Prozent refinanzieren. Wenn  die Nachhaltigkeit der  Infrastruktur  ausgebaut wird, dann können wir in Zukunft  um 20 Prozent mehr als die  Exportquote refinanzieren. Wir haben mehr als 3000 Exporteure als Kunden.

In welchen Regionen und Ländern ist das Ausfallsrisiko bei den Exporten am größten?
Wir orientieren uns an den OECD-Risikokategorien mit einer Skala von eins bis sieben.  Es gibt je nach Risiko unterschiedliche Deckungsquoten und unterschiedliche Selbstbehalte und unterschiedliche Prämien. Wir arbeiten mit einem Ampelsystem.  Grün bedeutet  100 Prozent Deckung. Gelb bedeutet Deckung mit Einschränkungen wie etwa Selbstbehalte.   Es gibt auch Märkte ohne Deckung. Dazugehören mehrere Staaten in Afrika oder auch   Venezuela.  

Ist das Geschäft mehr geworden?
Es ist mehr geworden, und es sind  auch neue Märkte dazugekommen.

Um welche Summen geht es da genau?
Insgesamt handelt es sich im Finanzierungs- und Haftungsbereich um ein Gesamtvolumen  von 23 beziehungsweise 26 Milliarden Euro.  Vor allem die neuen Finanzierungsprodukte wie unser Exportinvest sind beliebt. Das Weinsegment leistet einen kleinen Beitrag zum Geschäftsergebnis.

Qualitätswinzer im Clinch mit Billigproduzenten

Helmut Bernkopf

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