Putzjobs sollen attraktiver werden

Putzlappen und Geschirrschwämme sind ein Schlaraffenland für Erreger. Mehr als sieben Milliarden findet man auf einem Geschirrtuch oder Spülschwamm. Daher sollte Geschirr stets ausgewaschen und getrocknet oder bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. Tipp: Den feuchten Schwamm zwei Minuten in die Mikrowelle legen - das tötet 99 Prozent der Mikroben.
Die Reinigungsbranche sucht dringend Kräfte und will die Arbeitsbedingungen verbessern.

Steigende Arbeitslosigkeit hier, steigender Arbeitskräftemangel dort: Die heimische Reinigungsbranche findet immer schwieriger Personal. „Wir leiden unter der geringeren Zuwanderung aus der Türkei und aus den Balkanländern und konnten von der Ost-Öffnung gar nicht profitieren“, begründet Gerald Maier-Sauerzapf, Geschäftsführer von Simacek Facility Management, die Personalnot. Aus den osteuropäischen Nachbarländern komme kaum jemand, dort gebe es ebenfalls bereits Fachkräftemangel.

Aktuell gibt es allein in Wien 4000 offene Stellen in der Reinigungsbranche. Demgegenüber stehen allerdings auch knapp 4000 Arbeitsuchende aus diesem Sektor, die meisten davon Frauen. Warum klappt die Vermittlung nicht? „Die wenig familienfreundlichen Arbeitszeiten sind das Haupthemmnis für eine Arbeitsaufnahme“, erläutert Martin Sobotka vom AMS Wien. Kindergärten würden nicht vor 6 Uhr aufsperren oder bis nach 20 Uhr offenhalten. „Für Frauen mit kleinen Kindern ist das ein großes Problem.“ Außerdem würden – auch wegen des geringen Einkommens – viele Arbeitslose lieber Vollzeit arbeiten, doch meistens seien beim AMS nur Teilzeit-Stellen ausgeschrieben.

Der Mindestlohn von 1350 Euro liegt zwar auf dem Niveau von Handel und Tourismus, bei Teilzeit bleibt aber oft weniger als die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (773 Euro). Der soeben abgeschlossene, neue Kollektivvertrag sieht zwar eine durchschnittliche Lohnerhöhung von 3,4 Prozent vor, große Gehaltsverbesserungen lasse aber der enorme Preisdruck in der Branche nicht zu, heißt es.

Tagesreinigung

Um den Reinigungsjob attraktiver zu machen, basteln Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Vertreter nun an neuen Arbeitszeitmodellen. Erklärtes Ziel: mehr Tagesreinigung. „Arbeitszeiten von 7 bis 15 Uhr wären schon erheblich besser“, sagt Ursula Woditschka von der zuständigen Gewerkschaft vida. Sie fordert öffentliche Einrichtungen auf, mit gutem Beispiel voranzugehen und die Tagesarbeitszeit bei der Vergabe von Reinigungsaufträgen verpflichtend vorzuschreiben: „Reinigung ist schließlich nicht etwas, wo niemand zusehen muss“. Durch mehr Tagesreinigung würde auch der Beruf sichtbarer. Simacek-Chefin Ursula Simacek will bei ihren Auftraggebern Überzeugungsarbeit leisten, erste Erfolge gebe es bereits.

Schwierig ist auch die Lehrlingssuche. Obwohl die Bezahlung hier besser ist als etwa im Handel, entscheidet sich kaum ein Jugendlicher für den Beruf des Fassaden- und Gebäudereinigers: „Ich könnte zehn Lehrlinge zusätzlich aufnehmen, wenn ich welche finden würde“, klagt Simacek, die gar keine besonderen Voraussetzungen mehr von ihren Bewerbern verlangt. Bis auf eine: „Wichtig ist, dass sie wollen“.

30 Nationen

Die Simacek Facility Management Group beschäftigt 7000 Mitarbeiter in sieben Länder, 5000 davon in Österreich, 2500 allein in Wien. Die Mitarbeiter stammen aus 30 Nationen, 75 Prozent haben Migrationshintergrund. Um die Integration zu erleichtern, bietet Simacek Deutsch-Kurse direkt am Arbeitsplatz an. Bei der Diensteinteilung wird auf religiöse Zugehörigkeiten Rücksicht genommen. Für ihr besonderes Engagement für Migranten und Menschen mit Handicap wurde Simacek zuletzt mit dem DiversCity Preis 2012 der Wirtschaftskammer Wien ausgezeichnet.
 

Putzjobs sollen attraktiver werden

Der österreichische Arbeitsmarkt wird bunter. Während die Beschäftigung bei den Inländern derzeit stagniert, steigt sie bei den Ausländern nach wie vor an: Im September um 6,2 Prozent (siehe Grafik), im Oktober um 6,8 Prozent. Für November liegen noch keine Werte vor. Wenig überraschend erfolgt der stärkste Zuzug derzeit vor allem aus den osteuropäischen EU-Nachbarländern Ungarn und der Slowakei. Die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse mit ungarischen Staatsbürgern hat sich seit der vollständigen Ost-Öffnung des Arbeitsmarktes im Mai 2011 auf mehr als 52.000 verdoppelt. Die Ungarn liegen damit nur knapp hinter den 56.000 Arbeitskräften mit türkischer Staatsbürgerschaft. Deren Zahl stagniert bzw. war im September sogar rückläufig.
Die mit Abstand größte Gruppe auf dem Ausländer-Arbeitsmarkt stellen die Deutschen mit 87.000 Beschäftigungsverhältnissen. Durch die relativ guten Jobaussichten in ihrer Heimat, kommen immer weniger neue Arbeitskräfte aus Deutschland. Analog zur Beschäftigung steigt auch die Arbeitslosigkeit bei den Ausländern. Ende November war der Anstieg mit 12,2 Prozent auf 63.000 Betroffene mehr als doppelt so stark wie bei den Inländern.
 

Fortgeschrittenes Alter, Erfahrung mit Arbeitslosigkeit, Migrationshintergrund: Was auf dem Arbeitsmarkt eine eher ungünstige Kombination darstellt, ist für einen Job als AMS-Berater ausdrücklich erwünscht. Das AMS Wien stockt seinen Personalstand auf und sucht bis Ende nächsten Jahres 90 zusätzliche Mitarbeiter. 2014 sollen weitere 50 dazukommen. „Wir schauen uns aktiv nach Mitarbeitern mit Migrationshintergrund um“, sagt AMS-Wien-Chefin Petra Draxl zum KURIER. Derzeit hätten nur zehn Prozent der AMS-Berater Migrationshintergrund, künftig sollen es mindestens 15 Prozent sein. Rekrutiert wird auch aus dem Pool der Arbeitslosen.

Draxl will mit der Personalaufstockung auch die Beratungsqualität erhöhen, für die einzelnen Gespräche mit Arbeit Suchenden soll mehr Zeit bleiben. Eine eigene, muttersprachliche Beratung wie von einigen Migrantenvertretern gefordert, wird es aber auch weiterhin nicht geben. „Deutsch-Kenntnisse sind eine zentrale Job-Voraussetzung“, meint Draxl, die im kommenden Jahr noch mehr Deutsch-Kurse für Migranten anbieten will.
Interessenten für einen AMS-Job können sich beim AMS Wien Johnstraße sfu.johnstrasse@ams.at bewerben. Nach einer ersten Ausschreibung gäbe es aber vorerst bereits genug Bewerber, so ein Sprecher.

Die Arbeitslosigkeit stieg in Wien zuletzt stärker als im Bundesschnitt. Ende November gab es inklusive Schulungsteilnehmer ein Plus von 9,3 Prozent auf knapp 112.000 Betroffene. Die Schulungstätigkeit wurde angesichts der Konjunkturflaute stark ausgeweitet. Im November gab es um knapp 20 Prozent mehr Kursteilnehmer als vor einem Jahr. Positiv: Die Dauer der Arbeitslosigkeit beträgt derzeit rund durchschnittlich 80 Tage, zwei Tage weniger als 2011.
 

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