Profite, die unter die Haut gehen

Eine Million Fertigspritzen des Anti-Falten-Mittels Hyaluron werden bei Croma in Leobendorf/NÖ pro Jahr abgefüllt. Wegen der hohen Nachfrage wird die Produktion auf fünf Millionen Spritzen erweitert.
Hyaluron-Spezialist Croma Pharma drängt ins milliardenschwere Botox-Geschäft.

Ausgerechnet die Brasilianerinnen. Bei den opulenten Schönheiten von der Copacabana ist nicht alles Natur pur. "Brasilien ist nach den USA und Korea weltweit der drittgrößte Markt für ästhetische Medizin", erzählt Andreas Prinz, einer der beiden Geschäftsführer von Croma Pharma. Der heimischen Hyaluron-Spezialist baut im WM-Gastgeberland gerade ein eigenes Vertriebsnetz für seine Anti-Aging-Hautprodukte auf: "Die Brasilianerinnen suchen nach der ewigen Schönheit", weiß Prinz.

Nicht nur die. Der Markt für das sanfte Facelifting ohne chirurgischen Eingriff ist einer der dynamischsten überhaupt. "Hyaluron ist der Lippenstift des 21. Jahrhunderts", glaubt Martin Prinz, der gemeinsam mit Bruder Andreas die Firma in zweiter Generation führt. Wegen der großen Nachfrage wird das Hauptquartier sowie die voll automatisierte Fertigspritzen-Produktion in Leobendorf bei Wien gerade ausgebaut. "Wir wollen von derzeit eine Million auf fünf Millionen vorgefüllte Spritzen pro Jahr erweitern", erzählt Prinz. Hyaluronsäure-Therapien sollen nicht nur Falten straffen, sondern auch für mehr Volumen in Lippen oder Wangen sorgen. Eine Behandlung bei einem Dermatologen schlägt sich mit 400 bis 1000 Euro zu Buche.

Botox

Um die Anti-Falten-Produktlinie zu komplettieren, erwarb Croma kürzlich vom koreanischen Botulinumtoxin(Botox-)Hersteller Hugel die Lizenzrechte für die EU, USA, Kanada und Australien. "Die klinischen Studien beginnen Ende des Jahres, wir rechnen bis 2018 mit einer Zulassung", hofft Prinz. Fix ist diese freilich nicht, denn der milliardenschwere Botox-Markt ist heiß umkämpft und Zulassungen für das an Mäusen getestete Nervengift schwer zu bekommen. So rittert der kanadische Pharmakonzern Valeant gerade um den größten Botox-Hersteller Allergan (siehe unten). Valeant übernahm im Vorjahr bereits das gesamte Osteuropa-Geschäft von Croma mit Ausnahme der Dermatologie.

Mit der ästhetischen Medizin erwirtschaftet Croma bereits ein Drittel des Gesamtumsatzes. Kernkompetenz und Hauptumsatzbringer sind Hyaluronsäureprodukte, die sowohl in der Nachbehandlung von Augenoperationen, etwa den "Grauen Star", als auch gegen trockene Augen eingesetzt werden (Olixia). Die sogenannten Viskoelastika, die in Leobendorf abgefüllt und weltweit vertrieben werden, kommen auch im orthopädischen Bereich bei Gelenksentzündungen zum Einsatz. Croma setzt dabei zunehmend auf Eigenentwicklung. "Früher haben wir 90 Prozent Fremdprodukte vertrieben, jetzt sind es 95 Prozent Eigenprodukte", sagt Martin Prinz, der ein Team aus 40 Forschern leitet. Insgesamt beschäftigt Croma 470 Mitarbeiter in 16 Ländern und setzte im Vorjahr rund 80 Mio. Euro um. Noch heuer ist der Einstieg in der Schweiz und Ungarn geplant.

Börsengang

Um als Global Player besser aufgestellt zu sein, hat Croma sein Geschäft in drei Business-Einheiten aufgegliedert und schließt nicht aus, das Anti-Aging-Geschäft in drei bis fünf Jahren an die Börse zu bringen. "Der Markt explodiert gerade, das wäre an der Börse gut darstellbar", meint Prinz. Möglich wäre auch der Einstieg eines Finanzinvestors, der einen Minderheitsanteil übernimmt und nach ein paar Jahren wieder aussteigt. "Wir sind für alles offen, haben aber keinen besonderen Zeitdruck". Die Zulassungen seien teuer, da könne man mit höheren Mitteleinsatz schon rascher wachsen. Auch Übernahmen werden nicht ausgeschlossen.

In der ästhetischen Medizin bahnt sich einer der größten Pharma-Deals überhaupt an. Der kanadische Pharmakonzern Valeant greift nach dem weltgrößten Botox-Hersteller Allergan und will dafür 53 Milliarden Dollar (39 Milliarden Euro) hinblättern. Doch die Kanadier beißen trotz mehrfacher Erhöhung des Kaufangebots bei Allergan auf Granit. Die US-Amerikaner lehnten bisher alle Offerte als zu niedrig ab und fürchten nun eine feindliche Übernahme durch Valeant.

Profite, die unter die Haut gehen
Denn dieser soll bereits Verhandlungen mit Hedgefonds führen, die größere Anteile an Allergan halten und zum Ausstieg bereit sind. Valeant ist dafür bekannt, Unternehmen mit erfolgreichen Produkten aufzukaufen, um nicht selbst in teure Forschung und Entwicklung investieren zu müssen. Das Nervengift Botulinum wird vor allem an Mäusen erprobt und sorgt daher immer wieder für Kritik bei Tierschützern. Allergan setzte im Vorjahr allein mit Botox fast zwei Milliarden Dollar um. Das Unternehmen ist auch Marktführer bei Brustimplantaten aus Silikon und in der Augenheilkunde tätig.
Wie lukrativ der Markt für Anti-Faltenmittel ist, zeigt auch die Expansion des Nahrungsmittelriesen Nestlé. Ende Mai erwarb Nestlé für 1,4 Milliarden Dollar Vermarktungsrechte von Valeant-Produkten für Schönheitsbehandlungen in Nordamerika.

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