Treichl überlegt, Zentrale nach Prag zu verlegen

Treichl überlegt, Zentrale nach Prag zu verlegen
Dem Bankchef reißt der Geduldsfaden: 160 Mio. Euro muss die Erste Group heuer an Bankensteuer abliefern.

Der Satz soll in einem privaten Gespräch zwischen Erste-Group-Chef Andreas Treichl und Tschechiens Präsidenten Milos Zeman gefallen sein: "Die Erste überlegt, ihre Zentrale nach Prag zu verlagern. Dort gibt es keine Bankensteuer." Zeman, hoch erfreut über die offensichtliche Attraktivität seines Landes, verkündete dies stolz in aller Öffentlichkeit.

Treichl ist das gar nicht unrecht, auch wenn er nicht im Traum daran denkt, wirklich nach Prag zu ziehen. Immerhin errichtet die Bank derzeit ihre neue Zentrale am Wiener Hauptbahnhof und investiert dafür 300 Millionen Euro. Treichl, bekannt für wortgewaltige Politiker-Beschimpfungen, hat mit seiner Botschaft aber erreicht, was er wollte: Der heimischen Politik wieder einmal medienwirksam auszurichten, was er von ihrer Finanz- und Wirtschaftskompetenz hält, nämlich gar nichts.

Cernko schlägt in die selbe Kerbe

160 Millionen Euro muss die Erste Group heuer an Bankensteuer an den Finanzminister abliefern. Dass dazu in den nächsten Jahren noch Kosten für den vorgeschriebenen Banken-Abwicklungsfonds kommen sollen und für den Einlagensicherungs-Fonds, ist nicht nur Treichl zu viel. Auch Bank-Austria-Boss Willi Cernko stellte öffentlich klar, dass das nicht tragbar sei. Bei den Politikern stoßen sie damit auf taube Ohren. Der Dialog funktioniere nicht, beklagen die Wirtschaftsbosse unisono.

Fehlende Wirtschaftskompetenz bei der hohen Politik ist tatsächlich zu beklagen. Doch ein Blick nach Tschechien zeigt: Dort ist auch nicht alles Gold, was glänzt. Freilich, eine Bankensteuer gibt es dort nicht – zumindest bis Ende dieses Jahres. Was dann passiert, ist völlig offen. Und die für Österreichs Konzerne günstige Gruppensteuer gibt es hier, nicht aber in Tschechien. Auch politische Stabilität kennt man im Nachbarland nicht, Ministerwechsel sind legendär.

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