Polit-Interventionen: Rot gegen Rot im AMS

Polit-Interventionen: Rot gegen Rot im AMS
Brisante Zeugenaussagen über Hundstorfer und Brauner.

In der Öffentlichkeit gilt Rudolf Hundstorfer als allseits beliebter und geschätzter, umgänglicher Politiker. Doch wenn es darum geht, die Interessen seiner Wiener ParteifreundInnen durchzudrücken, kann der SP-Sozialminister offenbar auch ganz anders. Ein Schadenersatzprozess im Wiener Landesgericht gibt tiefe Einblicke, wie im Arbeitsmarktservice (AMS) Wien rücksichtlos politisch interveniert und Druck gemacht wurde.

Die Neubesetzung der Leitung des Wiener AMS, mit einem Budget von 350 Millionen Euro die größte Landesstelle der von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanzierten Organisation, sorgte im Vorjahr für heftigen Wirbel. Die bestqualifizierte Kandidatin, die langjährige Vize-Chefin Ingeborg Friehs, verlor das Rennen gegen die Favoritin des Sozialministers, Petra Draxl. Die couragierte Juristin Friehs wehrte sich und klagte das AMS sowie die Republik Österreich auf 230.000 Euro Schadenersatz. Nicht gerade günstig für die SPÖ, dass die Protokolle über die ersten Zeugenaussagen (unter Wahrheitspflicht) ausgerechnet jetzt, mitten in der heißen Phase des Wahlkampfs, vorliegen.

Claudia Finster (sie war bis zur Bestellung von Draxl die Chefin des Wiener AMS) erzählte am 26. Juni ganz offen, wie Druck auf sie ausgeübt wurde, sie möge Friehs ihre Kandidatur ausreden. Drei Mal habe es Stefan Potmesil, Spitzenbeamter im Sozialministerium und Chef des Verwaltungsrates (quasi Aufsichtsrat des AMS), versucht. Als Finster meinte, sie habe wahrscheinlich nicht genug Einfluss auf Friehs, „wurde mir daraufhin mitgeteilt, dass in dem Fall, dass das nicht gelingt, ein „Rattenschwanz“ auf uns – damit waren die Klägerin und ich gemeint – zukommen werde“. Ihr „persönlicher Rattenschwanz“ waren dann Strafanzeigen (u. a. Amtsmissbrauch), die Verfahren wurden alle eingestellt. Als die Richterin die ehemalige AMS-Chefin nach möglichen Motiven befragt, warum Hundstorfer Friehs nicht an der Spitze sehen wollte, packt Finster über die Querelen mit Wiens SP-Vizebürgermeisterin Renate Brauner aus: „Insbesondere ist es um den Finanztopf des AMS gegangen. An diesen sind insbesondere seitens der Vizebürgermeisterin Brauner immer wieder Ansinnen gekommen, dass man der Wiener SPÖ dort Möglichkeiten einräumen sollte“. Brauner habe „immer darauf verwiesen, dass wir beide Frauen sind und beide der SPÖ angehören und dass da doch etwas möglich sein müsse“.

Polit-Interventionen: Rot gegen Rot im AMS
Andrea Hodoschek
Sie habe, so Finster, immer dagegengehalten, „dass ich eine Funktion ausübe, die parteineutral zu sein hat und wo ich darauf schauen muss, dass die entsprechenden Mittel in die Wege geleitet werden, für die sie vorgesehen sind“. Friehs habe mit ihr gemeinsam dem politischen Druck hinsichtlich der finanziellen Ressourcen des AMS widerstanden und „daher eben die gleichen Unwillen auf sich gezogen“.

Klägerin Friehs, ebenfalls SP-nahe, erzählt vor Gericht, dass Wien immer wieder mit Projektwünschen gekommen sei, die aus Kosten- und Effizienzgründen abgelehnt wurden. Auch sie berichtet von Druck und Drohungen, „dass es mir nicht gut gehen wird und mir was passieren wird, wenn ich nicht von meiner Bewerbung absehe“. Und siehe da, plötzlich flatterten Strafanzeigen ins Haus, doch alle Verfahren wurden eingestellt. Als Friehs dem Minister sagte, sie werde sich bewerben, soll dieser gemeint haben: „Oje, das wird nicht gehen, die Gemeinde Wien will dich nämlich nicht“. Auf Nachfrage habe Hundstorfer geantwortet: „Du musst das verstehen, du weißt, aus welchem Stall ich komme“.

Eine Woche vor der Bestellung versuchte Friehs, sagt sie, noch einmal ein Gespräch mit Hundstorfer. Der argumentiert, dass die Performance des AMS nicht zufriedenstellend gewesen sei. „Daraufhin habe ich ihm Material vorgelegt, aus dem sich das Gegenteil ergeben hat. Daraufhin hat er gemeint, dass ihm das auch wurscht ist und ihn das auch nicht interessiert. Die Besetzung des AMS Wien sei immer schon eine Schlammschlacht gewesen und es werde halt so bleiben“.

Auch der Vorstand des Bundes-AMS, der SP-nahe Herbert Buchinger, habe ihr mitgeteilt, „dass ich es jedenfalls nicht werden kann, weil die Gemeinde Wien mich nicht will“. Was Buchinger dann als Zeuge aussagt, ist bemerkenswert. Nämlich über ein Gespräch mit Hundstorfer über Friehs: „Er hat mir gesagt, dass die Stadt Wien Frau Dr. Friehs nicht will“.

Hundstorfer und Brauner dementierten in der Vergangenheit jegliche Intervention. Zu den Zeugenaussagen wollen sich beide mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Der Minister hat sich für den nächsten Verhandlungstermin als Zeuge entschuldigt, er tritt am selben Tag im Kärntner Seen-U-Ausschuss auf.

Fortsetzung am Dienstag.

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