Pöchhacker: "Gleiche Chancen im Wettbewerb"

Pöchhacker: "Gleiche Chancen im Wettbewerb"
ÖBB-Aufsichtsrats-Präsident Pöchhacker über Privatisierung und Verlängerung des Bahn-Chefs.

Die ÖVP lässt mit der Privatisierung der ÖBB nicht locker. In einem internen Arbeitspapier wird vorgeschlagen, die ÖBB-Holding aufzulösen. Die Infrastruktur AG soll in einen neu zu schaffenden Infrastruktur-Cluster kommen und bis zu 49 Prozent privatisiert werden. Personen- und Güterverkehr sollen schrittweise bis zu 100 Prozent verkauft werden.

KURIER: Die SPÖ wehrt sich vehement gegen eine Privatisierung der Bahn. Was spricht eigentlich so dagegen?

Horst Pöchhacker: Der gesamte Konzern macht Gewinne. Die ÖBB ist eine der bestgeführten Staatsbahnen in Europa und wird sich innerhalb der nächsten zwei Jahre noch weiter verbessern. Es wäre schade, diese gut laufende Entwicklung durch eine falsch verstandene Privatisierungsidee zu konterkarieren, Teile herauszureißen und damit den Konzern zu zerstören. Alle erfolgreichen Staatsbahnen wie zum Beispiel die Deutsche Bahn oder die französische SNCF sind integrierte Konzerne.

Die EU macht Druck in Richtung Wettbewerb. Spätestens mit dem vierten Eisenbahnpaket wird auch Österreich den Schienenverkehr ausschreiben müssen. Können die ÖBB dann überhaupt mithalten?

Zuerst müssen die Wettbewerbsbedingungen mit den privaten Anbietern gleichgestellt werden. Die Staatsbahnen haben noch viele Handicaps. Die ÖBB haben noch viele Mitarbeiter im Beamtenstatus. Wir wehren uns nicht gegen den Wettbewerb, aber es muss ausreichend Übergangszeit geben, um diese Wettbewerbsdifferenzen auszugleichen. Wenn dann Chancengleichheit besteht, stellen wir uns gerne dem Wettbewerb. Die ÖBB haben jedenfalls ihre Hausaufgaben gemacht.

Die da wären?

Es wurde sehr viel getan bei den Kosten und den Strukturstraffungen. Wenn unsere Kunden wieder investieren, dann sind die ÖBB unheimlich gut aufgestellt. Dann wird die Bahn mit ihrer jetzigen Kostenstruktur überproportional profitieren.

Im Busverkehr wird ja bereits ausgeschrieben. Der zu den ÖBB gehörende Postbus soll damit allerdings veritable Probleme haben.

Bei den Ausschreibungen ist viel Unsinn herausgekommen, das ist nicht sehr zielführend. So müssen Passagiere zum Beispiel mitten auf Postbus-Strecken in einen privaten Bus umsteigen. Oder das Beispiel Schärding: Dort kam der private Anbieter mit dem Preis nicht aus, jetzt zahlen die Fahrgäste das Doppelte des vorherigen Postbus-Tarifs. So wird das gut funktionierende Postbus-Netz zerfleddert.

Der Vertrag von ÖBB-Chef Christian Kern läuft 2015 ab. Er könnte, hört man an der Gerüchtebörse, vorzeitig verlängert werden.

Generaldirektor Kern hat eine hervorragende Performance. Daher sollte man ihn weiter ans Unternehmen binden.

Wann soll der Vertrag verlängert werden?

Fairerweise sollte damit abgewartet werden, bis sich die neue Regierung gebildet hat.

In ÖVP-Kreisen wird Kern jedoch vorgeworfen, er lasse im Unternehmen die Betriebsräte und die Gewerkschaft zu stark mitreden.

Der immer wieder behauptete Einfluss von Betriebsräten und Gewerkschaft ist ein Märchen. Die Betriebsräte der ÖBB sind in der Regel kompetente Mitarbeiter, die sich um ihre Angelegenheiten kümmern und die nicht das Unternehmen führen.

Kern arbeitet bereits am sogenannten integrierten Taktfahrplan. Alle Züge fahren in fixen Intervallen und von jedem Knoten gibt es Anschlüsse. Wann wird’s so weit sein?

In der Schweiz und den Niederlanden funktioniert das schon sehr gut. Die ÖBB brauchen dafür aber mehr Kunden als sie derzeit haben. Also noch mehr Kunden müssten vom Auto auf den öffentlichen Verkehr umsteigen. Der Postbus ist ein integrierter Teil des Taktfahrplanes. Wenn man den Postbus jetzt aber privatisiert oder das Netz durch unsinnige Ausschreibungen zerstört, wird das nicht funktionieren.

Schüssel/Grasser installierten in der Staatsholding ÖIAG einen sich selbst erneuernden Aufsichtsrat. Diesen Bestellmodus wollen SPÖ und ÖVP jetzt wieder abschaffen. Eine sinnvolle Idee? Sie waren ja selbst vor der schwarz-blauen Regierung im Aufsichtsrat.

Ich habe diesen sich selbst erneuernden Aufsichtsrat schon immer für einen Wahnsinn gehalten. Der für die ÖIAG zuständige Minister kann doch nicht seine Rechte an den Aufsichtsrat abgeben, aber das Risiko behält er.

Ist aber nicht die Gefahr groß, dass dann wieder die Parteipolitik fest in die ÖIAG hineinregiert?

Das hat nichts mit Parteipolitik zu tun. Ein Minister muss sich als Eigentümervertreter den Aufsichtsrat nach qualitativen Kriterien aussuchen können. Er trägt schließlich auch die Verantwortung.

Der 75-Jährige studierte an der TU Wien Bauingenieurwesen. 1962 trat er als Bauleiter in die Porr-Gruppe ein und wurde 1976 Mitglied des Vorstands. 25 Jahre lang leitete er den Baukonzern als Generaldirektor. Der bestens vernetzte SP-nahe Manager leitet seit 2007 als Vorsitzender den Aufsichtsrat der ÖBB. In der Autobahngesellschaft Asfinag ist Pöchhacker Vize-Präsident, außerdem ist er noch Chef des Aufsichtsrates der UBM Realitätenentwicklung. Von 1994 bis 2000 war er Vize-Aufsichtsratschef der Staatsholding ÖIAG.

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