Pleiten, Pech und Pannen - Italien kommt nicht zur Ruhe

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Überflutungen in Venedig, Dauer-Problem Alitalia, hohe Schulden und ein marodes Mega-Stahlwerk. Italiens Regierung kämpft an vielen Fronten.

Die italienische Wirtschaft hat nicht nur strukturelle Probleme, es kommen laufend auch hausgemachte Schwierigkeiten in Österreichs südlichem Nachbarland dazu. So hat die italienische Regierung schon sieben Mal die Frist verlängert, um einen neuen Besitzer für die seit zweieinhalb Jahren insolvente Fluggesellschaft Alitalia zu finden.

Eine Million Verlust pro Tag

Am Donnerstag ist es wieder so weit. Bis dahin müssen potenzielle Investoren ein verbindliches Angebot auf den Tisch legen. Ob es anders läuft als zuletzt am 15. Oktober und mehr herauskommt als unverbindliche Absichtserklärungen, ist unwahrscheinlich. Es geht um fast 11.000 Arbeitsplätze und um ein nationales Symbol.

Mit Überbrückungskrediten hat Rom Alitalia seit der Insolvenz im Mai 2017 am Leben gehalten. Die mit 117 Flugzeugen und weniger als 20 Millionen Passagieren im Jahr eher kleine Airline macht netto jeden Tag rund eine Million Euro Verlust. Nun sollen die italienischen Staatsbahnen (FS), der von der Benetton-Familie kontrollierte Infrastrukturkonzern Atlantia und die US-Fluggesellschaft Delta Air Lines einsteigen. Ob das Modell mit Delta, Staatsbahnen und Atlantia überhaupt trägt, bezweifeln Branchenexperten allerdings.

Sorgen in Apulien

Alitalia ist aber nicht das einzige Großunternehmen, das der Regierung Kopfschmerzen macht. Ähnlich viele Arbeitsplätze stehen in Europas größtem Stahlwerk in Tarent in Apulien auf dem Spiel. Anfang November teilte der weltgrößte Stahlkonzern ArcelorMittal mit, aus dem Übernahmevertrag für das Stahlunternehmen Ilva auszusteigen. Ministerpräsident Giuseppe Conte reagierte empört und leitete rechtliche Schritte ein.

Der Weltkonzern hatte mit den Italienern im Oktober 2018 vereinbart, das verlustreiche Stahlwerk zunächst zu mieten, dann zu kaufen und einschließlich Kaufpreis 4,2 Milliarden Euro zu investieren. Grund für den Sinneswandel ist laut ArcelorMittal eine Entscheidung des italienischen Senats, die Immunität aufzuheben, die die Betreiber des Stahlwerks bei Verstößen gegen Umweltbestimmungen eigentlich genießen sollten.

"Verheerendes Signal"

Hinzu komme ein Gerichtsentscheid, nach dem einer der Hochöfen schon bis zum 13. Dezember geschlossen werden müsste. ArcelorMittal sieht sich nun berechtigt, von einer Ausstiegsklausel im Vertrag Gebrauch zu machen. Die Regierung widerspricht.

Nach Einschätzung des Magazins „L'Espresso“ sendete die italienische Politik ein verheerendes Signal in Sachen Rechtssicherheit im Lande, als sie die Konditionen für ArcelorMittal kurzfristig änderte. „Ein groteskes Spektakel, wie einstudiert, um die großen internationalen Investoren zu überzeugen, einen weiten Bogen um Italien zu machen“, schrieb das Blatt. Auch eine Waschmaschinenfabrik des US-Konzerns Whirlpool in Neapel soll aus Kostengründen geschlossen werden soll.

Zweifel im Norden

Im reichen Norden wiederum, wo vorige Woche Venedig in den Fluten versank, erschüttern die Pannen beim Bau einer geplanten Hochwasserschutzwand das Vertrauen der Italiener in die technische Leistungsfähigkeit ihres Landes.

Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist mit rund 135 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet, erlaubt sind nur 60 Prozent. Selbst wenn Rom seine Haushaltszusagen gegenüber der EU-Kommission einhalten sollte, droht wegen Alitalia nach Einschätzung des Luftfahrtexperten Andrea Giuricin Ärger mit Brüssel.

Die Airline erhielt bisher Überbrückungskredite von 900 Millionen Euro, für das kommende Jahr hat die Regierung 400 Millionen vorgemerkt. Da Alitalia die Kredite kaum tilgen kann, würden daraus unerlaubte staatliche Subventionen. „Wir wissen, die Kommission steht noch nicht, aber sie wird reagieren müssen“, sagt Giuricin.

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