Pipeline: Europa schaut in die nächste Röhre

Die Abhängigkeit von Gasimporten nimmt zu. Europa will die Sache selbst in die Hand nehmen.

Nach dem Aus für die russische Erdgaspipeline South Stream - das Projekt wäre auch im Interesse Österreichs gewesen - will Europa die Sache selbst in die Hand nehmen. Bis Sommer 2015 soll eine EU-Initiative stehen, die Interessenten für den Bau einer Pipeline von der türkisch-bulgarischen Grenze durch den Balkan nach Westeuropa sucht.

Pipeline: Europa schaut in die nächste Röhre
Walter Boltz: "Es beginnt sich ein normaler Wettbewerb zu entwickeln"
"Europa braucht trotz des leicht sinkenden Gasverbrauchs neue Lieferanten. Denn die europäische Gasförderung fällt noch stärker als die Nachfrage", erklärt Walter Boltz, Vorstand der Energiemarktaufsicht E-Control, die wachsende Energie-Not Europas. Die Abhängigkeit von Gasimporten werde deutlich zunehmen.

Boltz sieht im Stopp der South Stream daher sogar einen Vorteil für die EU. Denn jetzt könnte sie eine Pipeline nach ihren Markt-Regeln errichten. Die Russen wollten diese wie berichtet ja nicht akzeptieren. An Interessenten für eine europäische Gaspipeline sollte es nicht mangeln. "Immerhin kann ein Investor damit eine sichere Rendite von sechs Prozent verdienen", betont der Regulator. Gasnetz-Betreiber wie die OMV-Tochter Gas Connect Austria oder die deutsche Open Grid Europe, die internationalen Investmentfonds gehört, dürften bei einem neuen Pipeline-Projekt dabei sein. Eine von Unternehmen aus der EU errichtete Gas-Röhre hätte auch noch einen zweiten Vorteil: Sie könnte Gas aus unterschiedlichen Quellen transportieren – zum Teil Russen-Gas, das über die Türkei kommt, zum Teil Gas aus Aserbaidschan oder auch Gas, das zum Flüssiggashafen in Griechenland angeliefert wird. Auch Erdgas, auf das die OMV bei ihren Explorationsbohrungen im Schwarzen Meer hofft, könnte in diese Pipeline eingespeist werden.

Gas für den Balkan

Besonders notwendig sei eine europäische Gaspipeline für die Balkanstaaten, die derzeit vollständig auf die Versorgung durch Russland angewiesen seien. Über eine neue europäische Pipeline könnten diese Länder nämlich auch Gas aus Norwegen bekommen.

Dritter Vorteil einer EU-Gasleitung: Der Plan der Russen, Gas über eine verkürzte South Stream in die Türkei zu leiten und es von dort den Europäern anzubieten, wobei sie gleichzeitig die Lieferung über die Ukraine abdrehen, wird wirkungslos.

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